{"id":764,"date":"2020-07-30T13:53:52","date_gmt":"2020-07-30T11:53:52","guid":{"rendered":"https:\/\/examensgerecht.de\/?p=764"},"modified":"2020-10-23T09:44:23","modified_gmt":"2020-10-23T07:44:23","slug":"der-widerruf-des-aufhebungsvertrags","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/staging.examensgerecht.de\/der-widerruf-des-aufhebungsvertrags\/","title":{"rendered":"Der Widerruf des Aufhebungsvertrags"},"content":{"rendered":"
BAG, Urteil vom 7.2.2019 – 6 AZR 75\/18 – BAG NJW 2019, 1966\n\n\n\n

Sachverhalt\n\n\n\n

A ist als Reinigungshilfe bei der B beschäftigt. Nachdem sich der A am Morgen des 15. Februar 2016 bei der B krankmeldet, suchte dieser unangekündigt den A gegen 17:00 Uhr in seiner Wohnung auf. Dort öffnet der Sohn des A die Tür und lässt den B herein. Aufgrund seines gesundheitlichen Zustands lag der A noch schlafend im Bett und musste durch seinen Sohn geweckt werden. B legt daraufhin dem A einen Aufhebungsvertrag vor, mit welchem das Arbeitsverhältnis einvernehmlich in sechs Monaten beendet werden sollte. Unter Einfluss von Schmerzmitteln „im Tran“ unterschreibt der A den Aufhebungsvertrag. Mit Schreiben vom 17. Februar 2016 erklärt er jedoch den Widerruf. Er habe sich getäuscht und nicht gewusst, was er dort unterschrieben habe.\n\n\n\n

Wurde das Arbeitsverhältnis wirksam durch den Aufhebungsvertrag beendet?\n\n\n\n


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Skizze\n\n\n\n\n\n
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Gutachten\n\n\n\n

A. Wirksamer Aufhebungsvertrag\n\n\n\n

Das Arbeitsverhältnis zwischen A und B wäre wirksam beendet worden, wenn sie am 15. Februar 2016 einen wirksamen Aufhebungsvertrag geschlossen hätten.\n\n\n\n

I. Einigung\n\n\n\n

Grundsätzlich kann ein Arbeitsverhältnis durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrages, als Ausdruck der Vertragsfreiheit, gem. §§ 311 I, 241 I BGB beendet werden. Dies erfordert jedoch zunächst eine Einigung, also zwei aufeinander bezogene sich ergänzende Willenserklärungen, § 145ff. BGB. A und B einigten sich hier einvernehmlich am 15. Februar 2016 auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Eine Einigung liegt somit zunächst grundsätzlich vor.\n\n\nVernetztes Lernen: Wie können Arbeitsverhältnisse noch beendet werden?

\n– Anfechtung, § 142 I BGB
\n– Fristablauf,
§ 620 I BGB
\n– Auflösende Bedingung,
§ 158 II BGB
\n– Ordentliche Kündigung,
§ 622 BGB
\n– Außerordentliche Kündigung,
§ 626 BGB
\n– Tod des Arbeitnehmers
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1. Nichtigkeit gem. § 105 II BGB\n\n\n\n

Die Willenserklärung des A könnte jedoch gem. § 105 II BGB nichtig sein, sofern er sich bei der Abgabe der Willenserklärung in einem Zustand der Bewusstlosigkeit oder vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit befand.\n\n\n\n

Umfasst sind dabei nur Fälle erheblicher Bewusstseinstrübung, die das Erkennen von Wesen und Inhalt der abgegebenen Erklärung ausschließt.[1]BeckOK BGB\/Wendtland, 54. Ed. 1.5.2020, § 105 Rn. 5; Palandt\/Ellenberger Rn. 2.