{"id":7611,"date":"2024-03-06T14:00:00","date_gmt":"2024-03-06T13:00:00","guid":{"rendered":"https:\/\/staging.examensgerecht.de\/?p=7611"},"modified":"2024-03-08T13:31:34","modified_gmt":"2024-03-08T12:31:34","slug":"hoffnungslos-und-einsam-in-der-fremde","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/staging.examensgerecht.de\/hoffnungslos-und-einsam-in-der-fremde\/","title":{"rendered":"Hoffnungslos und einsam in der Fremde"},"content":{"rendered":"

BGH, Beschluss v. 12.7.2023 – 6 StR 231\/23, NStZ 2023, 675\n\n\n\n

Sachverhalt\n\n\n\n
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A bewohnt mit ihrem Ehemann B und der gemeinsamen drei Monate alten Tochter T ein Zimmer in einer Asylbewerberunterkunft. A fühlt sich in letzter Zeit zunehmend allein gelassen, einsam und hilflos. Als es ihr in einem solchen Moment schließlich zu viel wird, tötet sie das gemeinsame Kind mit mehreren Messerstichen. Zum Tatzeitpunkt hält sich B von dem Gebäude, in dem sich das von der Familie bewohnte Zimmer befindet, etwa 360 Meter entfernt im Außenbereich des Geländes auf.  \n\n\n\n

Wie hat sich A strafbar gemacht? Ggf. erforderliche Strafanträge gelten als gestellt.\n\n\n\n

Sachverhalt als .pdf\n\n\n\n\n\n
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Skizze\n\n\n\n\n\n

Gutachten\n\n\n\n
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A. Strafbarkeit gem. § 212 I StGB\n\n\n\n

Indem A ihre Tochter T mit mehreren Messerstichen tötete, verwirklichte sie kausal und zurechenbar den objektiven Tatbestand des Totschlags. Dabei handelte sie auch vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft.\n\n\n\n

B. Strafbarkeit gemäß §§ 212 I, 211 II Gr. 2, Var. 1 StGB \n\n\n\n

A könnte darüber hinaus wegen Mordes nach §§ 212 I, 211 II Gr. 2, Var. 1 StGB strafbar sein.\n\n\n\n

I. Objektiver Tatbestand\n\n\n\n

T ist durch die von A ausgeführten Stiche tödlich verletzt worden. Als objektives Mordmerkmal kommt zunächst Heimtücke gemäß § 211 Abs. 2 StGB in Betracht. Diese setzt das bewusste Ausnutzen der Arg- und Wehrlosigkeit voraus.[1]BGHSt 32, 382, 383; BGH NJW 1991, 1963.; BGH NStZ 2009, 569.