{"id":7518,"date":"2024-02-09T16:05:59","date_gmt":"2024-02-09T15:05:59","guid":{"rendered":"https:\/\/staging.examensgerecht.de\/?p=7518"},"modified":"2024-02-14T13:38:27","modified_gmt":"2024-02-14T12:38:27","slug":"wer-wird-millionaer","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/staging.examensgerecht.de\/wer-wird-millionaer\/","title":{"rendered":"Wer wird Millionär?"},"content":{"rendered":"

BGH, Beschluss vom 29.11.2023 – 6 StR 179\/23, BeckRS 2023, 37812\n\n\n\n

Sachverhalt\n\n\n\n

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A und ihr Nachbar N leben in einem tiefen Zerwürfnis. In der Vergangenheit war die Situation zwischen den beiden so weit eskaliert, dass N gegen A mehrere Strafanzeigen erstattet hatte. Für Letztere und das generelle Verhalten des N möchte A sich nun rächen. Deshalb begibt sich A auf die Suche nach einer Person, die gegen Zahlung (von bis zu 1 Mio. €) bereit wäre, den N so schwer zu verletzen, dass er dauerhaft kein selbstbestimmtes Leben mehr führen könnte und deshalb als Pflegefall aus dem Nachbarhaus ausziehen müsste. Sie hält es dabei für möglich, dass eine von ihr beauftrage Person den N unter Ausnutzung von dessen Arg- und Wehrlosigkeit töten würde und nimmt dies billigend in Kauf. Wichtig ist der A außerdem, dass die Rache möglichst zeitnah (noch vor Weihnachten) umgesetzt werden kann, weil sie wegen der auf die Strafanzeigen des N hin eingeleiteten Strafverfahren befürchtet, alsbald verhaftet zu werden. Außerdem soll die „Beseitigung“ des N zu einem Zeitpunkt stattfinden, zu dem sie sich nicht in der Stadt aufhält, damit sich kein Verdacht auf sie lenken lässt.\n\n\n\n

Sodann begibt sich A auf die Suche nach einem passenden Kandidaten für ihr Vorhaben. Schon nach wenigen Wochen muss sie aber feststellen, dass ihr kein entsprechendes Netzwerk zur Verfügung steht. Aus diesem Grund entschließt sie sich, ihren Freund B um Hilfe zu bitten. Dieser ist so begeistert vom Plan der A, dass er ihr direkt zusichert, bei der Suche nach einem passenden Täter zu unterstützen. Die Sympathie des B geht hierbei so weit, dass er sich das Anliegen seiner Freundin, den N zu beseitigen, zu eigen macht. Ihm ist dabei bewusst, dass gerade durch sein Tätigwerden ein Täter gefunden werden und es sodann (nach der Beauftragung durch A) zu der Gewalttat gegen N kommen könnte. Eine Abrede zwischen A und B dahingehend, dass A eine von B vermittelte Person auf jeden Fall engagieren würde, besteht nicht. In den folgenden Wochen stellt B Kontakt zu einigen Bekannten her und vermittelt der A letztlich drei Personen, die möglicherweise zur „Beseitigung“ bereit wären. Bevor es jedoch zu einer konkreten Beauftragung durch A kommen kann, erhalten A und B den anonymen Hinweis, dass die Polizei „Wind von der Sache“ bekommen hat. Aus der Sorge, entdeckt zu werden, stellt A ihre Bemühungen vorerst ein, hält sich gegenüber B jedoch offen, die Verhandlungen über die Beauftragung einer dritten Person später wiederaufzugreifen.\n\n\n\n

Haben sich A und B nach §§ 30 Abs. 2 Var. 3 (Unter-)Alt. 2, 211 Abs. 2 Gr. 2 Var. 1 StGB strafbar gemacht?\n\n\n\n\nVernetztes Lernen: Welche Varianten gemeinsamer Anstiftung kennt das Strafrecht?

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1. Die vollendete gemeinschaftliche Anstiftung zum vollendeten Delikt: §§ X, 26, 25 Abs. 2 StGB
\n2. Die vollendete gemeinschaftliche Anstiftung zum versuchten Delikt: §§ X,
22, 23, 26, 25 Abs. 2 StGB
\n3. Die versuchte gemeinschaftliche Anstiftung zum vollendeten Delikt:
§§ 30 Abs. 1, 25 Abs. 2, X StGB
\n4. Die versuchte gemeinschaftliche Anstiftung zum versuchten Delikt: §§ 30 Abs. 1, 25 Abs. 2, X,
22, 23 StGB
\n5. Die Verabredung zur gemeinschaftlichen Anstiftung:
§§ 30 Abs. 2, X StGB\n\n\n\n\n

Skizze\n\n\n\n\n\n
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Gutachten\n\n\n\n
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A. Strafbarkeit von A und B nach Maßgabe des § 30 Abs. 1 S. 1 Var. 1 StGB\n\n\n\n

Für eine Strafbarkeit nach Maßgabe des § 30 Abs. 1 S. 1 StGB fehlt es (schon deshalb, weil zu keinem Zeitpunkt mit einem präsumtiven Täter in Verhandlung getreten wurde) an einer hinreichend konkreten Anstiftungshandlung.[1]LG Magdeburg, Urt. vom 12.12.2022 – 21 Ks 3\/22, BeckRS 2022, 53197