{"id":6927,"date":"2023-11-22T13:46:09","date_gmt":"2023-11-22T12:46:09","guid":{"rendered":"https:\/\/examensgerecht.de\/?p=6927"},"modified":"2024-01-17T20:39:37","modified_gmt":"2024-01-17T19:39:37","slug":"bestandsschutz-nach-flutkatastrophe","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/staging.examensgerecht.de\/bestandsschutz-nach-flutkatastrophe\/","title":{"rendered":"Bestandsschutz nach Flutkatastrophe"},"content":{"rendered":"
VG Koblenz, Urt. v. 28.08.2023 – 1 K 172\/23\n\n\n\n

Sachverhalt\n\n\n\n
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In der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 ereignete sich unter anderem an der Ahr eine Flutkatastrophe mit massiven Auswirkungen. Von der Flut war auch ein Campingplatz im Bundesland R betroffen, dessen Eigentümer und Betreiber der C ist.\n\n\n\n

Auf diesem Campingplatz existierten zwei auf Grundlage einzelner Baugenehmigungen errichtete Betriebsgebäude, nämlich ein Wirtschaftsgebäude in Form einer Toilettenanlage mit Pförtnerraum und ein weiteres Gebäude mit Toiletten und Duschen. Die Gebäude machen nur einen kleinen Teil des Campingplatzes aus. Das Gesamtbild ist von den typischen Freiflächen und Grünanalgen geprägt. Für das Gelände des Campingplatzes existiert keine Baugenehmigung, sondern lediglich eine gewerberechtliche Zulassung.\n\n\n\n

Durch die Flutkatastrophe wurden die Campingplatzfläche verwüstet sowie die Gebäude beschädigt. Da noch Teile, insbesondere das Mauerwerk, der Gebäude bestanden, wandte sich der C an die zuständige Behörde.\n\n\n\n

Mit Schreiben vom 4. Mai 2022 beantragte der C den Erlass feststellender Verwaltungsakte für den Bestandsschutz des Wirtschaftsgebäudes, der Toilettenerweiterung sowie des Campinggeländes, um den Campingplatz ohne die Beantragung einer Baugenehmigung wieder aufbauen zu dürfen. Das lehnte die zuständige Baubehörde mit Schreiben vom 21. Juli 2022 ab. Ein etwaiger Bestandsschutz sei jedenfalls auf Grund der Zerstörung des Dachstuhls der Gebäude jeweils erloschen. Die gebotene vollständige Erneuerung des Dachstuhls stelle eine genehmigungspflichtige Baumaßnahme dar. Selbst wenn die Gebäude Bestandschutz genießen würden, sei auf den Campingplatz als Gesamtanlage abzustellen. Eine baurechtliche Genehmigung für die Errichtung des Campingplatzes selbst existiere nicht, sondern nur eine gewerberechtliche Zulassung. Zudem sei der Campingplatz vollständig zerstört worden, weshalb für dessen Wiederherstellung eine neue Genehmigung nötig sei.\n\n\n\n

Den darauf erfolgten Widerspruch wies die Behörde zudem mit dem Argument zurück, dass der Widerspruch bereits unzulässig sei. Die Feststellung, ob Bestandsschutz für eine bauliche Anlage bestehe, sei kein Verwaltungsakt, weil Aussagen zum Bestandsschutz keinen Regelungscharakter hätten.\n\n\n\n

Daraufhin erhob der C frist- und formgerecht Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht. Er möchte feststellen lassen, ob er für den Wiederaufbau eine Baugenehmigung benötigt.\n\n\n\n

Hat die Klage Aussicht auf Erfolg?\n\n\n\n

Normen aus der LBauO\n\n\n\n

§ 61 Genehmigungsbedürftige Vorhaben\n\n\n\n

Die Errichtung, die Änderung, die Nutzungsänderung und der Abbruch baulicher Anlagen sowie anderer Anlagen und Einrichtungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 bedürfen der Genehmigung (Baugenehmigung), soweit in den §§ 62, 67, 76 und 84 nichts anderes bestimmt ist.\n\n\n\n

§ 2 Begriffe\n\n\n\n

(1) Bauliche Anlagen sind mit dem Erdboden verbundene, aus Bauprodukten hergestellte Anlagen. Eine Verbindung mit dem Erdboden besteht auch dann, wenn die Anlage durch eigene Schwere auf dem Boden ruht oder wenn sie nach ihrem Verwendungszweck dazu bestimmt ist, überwiegend ortsfest benutzt zu werden. Als bauliche Anlagen gelten auch\n\n\n\n

1. Aufschüttungen und Abgrabungen,\n\n\n\n

2. Lager-, Abstell-, Aufstell- und Ausstellungsplätze,\n\n\n\n

3. Camping- und Wochenendplätze,\n\n\n\n

4. Stellplätze,\n\n\n\n

5. Sport- und Spielplätze,\n\n\n\n

6. Schiffe und sonstige schwimmfähige Anlagen, die ortsfest benutzt werden und dem Wohnen oder gewerblichen, sportlichen oder ähnlichen Zwecken dienen,\n\n\n\n

7. Gerüste,\n\n\n\n

8. Hilfseinrichtungen zur statischen Sicherung von Bauzuständen.\n\n\n\n

[…]\n\n\n\n\n\n


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Skizze\n\n\n\n\n\n
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Gutachten\n\n\n\n
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Die Klage hat Aussicht auf Erfolg, wenn sie zulässig und soweit sie begründet ist.\n\n\n\n

A. Zulässigkeit\n\n\n\n

Die Klage müsste zulässig sein. \n\n\n\n

I. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs \n\n\n\n

Die Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges richtet sich mangels aufdrängender Sonderzuweisung nach § 40 I 1 VwGO. Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit ist dabei nach der modifizierten Subjektstheorie eine solche, bei der die streitentscheidenden Normen einseitig einen Träger öffentlicher Gewalt berechtigen oder verpflichten.[1]Reimer, in: BeckOK VwGO 66. Ed. 1.1.2023, VwGO § 40 Rn. 45.4.