{"id":6659,"date":"2023-09-06T13:17:45","date_gmt":"2023-09-06T11:17:45","guid":{"rendered":"https:\/\/examensgerecht.de\/?p=6659"},"modified":"2024-01-23T11:12:01","modified_gmt":"2024-01-23T10:12:01","slug":"der-faule-vermieter","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/staging.examensgerecht.de\/der-faule-vermieter\/","title":{"rendered":"Der faule Vermieter"},"content":{"rendered":"

 BGH, Urteil vom 19.04.2023 – VIII ZR 280\/21, BeckRS 2023, 12524\n\n\n\n

Sachverhalt\n\n\n\n

(abgewandelt und gekürzt)\n\n\n\n

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K (Vermieter) und B (Mieterin) haben einen Mietvertrag über eine Wohnung in einem Mehrparteienhaus geschlossen, welcher am 31.12.2017 endete. Am 02.01.2018 gab B die Wohnung an K heraus.\n\n\n\n

Vertraglich war festgehalten, dass B beim Auszug Schönheitsreparaturen zu leisten hat. B nahm diese jedoch nicht vor. Daraufhin forderte K am 08.01.2018 B auf, die Reparaturen durchzuführen. B reagierte nicht.\n\n\n\n

In der Folge fordert K nunmehr B auf, einen Kostenvorschuss in Höhe von EUR 8.425 zur Durchführung von eben jenen Schönheitsreparaturen sowie Schadensersatz in Höhe von EUR 881 für kleinere noch nicht ausgeführte Arbeiten (Streichen der Küche und des Wohnzimmers sowie zu verlegende Abschlussleisten) zu zahlen. Die kleineren Arbeiten möchte K jedoch nicht vornehmen. Bezüglich der Höhe des Kostenvorschusses und Schadensersatzes bezieht sich K auf einen eingeholten Kostenvoranschlag.\n\n\n\n

Kann K Schadensersatz für die nicht ausgeführten Arbeiten in Höhe von EUR 881 verlangen?\n\n\n\n

Hinweis: Es ist zu unterstellen, dass sowohl der Mietvertrag selbst als auch die im Vertrag festgehaltene Verpflichtung zu Schönheitsreparaturen wirksam sind. Es sind nur vertragliche Ansprüche zu prüfen.\n\n\n\n

Sachverhalt als .pdf\n\n\n\n\n\n
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Skizze\n\n\n\n\n\n
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Gutachten\n\n\n\n
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Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1 BGB\n\n\n\n

K könnte gegen B einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1 BGB haben. Dafür müsste eine Pflicht aus einem Schuldverhältnis verletzt und eine angemessene Frist erfolglos gesetzt worden sein. Ferner muss ein Vertretenmüssen gegeben sowie ein Schaden entstanden sein.\n\n\n\n

I. Schuldverhältnis\n\n\n\n

Laut Sachverhalt haben K und B einen wirksamen Mietvertrag geschlossen. Ein Schuldverhältnis lag vor.\n\n\n\n

II. Pflichtverletzung\n\n\n\n

Aus diesem Schuldverhältnis müsste B eine Pflicht verletzt haben. Dafür hätte B eine fällige Leistung nicht oder nicht wie geschuldet erbringen müssen. In Betracht kommt hier die nicht durchgeführte Schönheitsreparatur.\n\n\n\n

Grundsätzlich hat der Vermieter dem Mieter die Mietsache in einem vertragsgemäßen Gebrauch zu überlassen und sie während der Mietzeit auch in einem solchen Zustand zu erhalten, § 535 Abs. 1 S. 2 BGB. Davon wären auch Schönheitsreparaturen erfasst. Vorliegend beinhaltet der Vertrag zwischen K und B jedoch eine sog. Schönheitsreparaturen-Klausel, welche den Mieter in die Pflicht nimmt, bestimmte Arbeiten für den Vermieter zu übernehmen.\n\n\nVernetztes Lernen: Schönheitsreparatur-Klauseln

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Der Ausgestaltung solcher Schönheitsreparatur-Klauseln sind jedoch Grenzen gesetzt. So müssen in Klausuren solche Klauseln häufig einer AGB-Prüfung unterzogen werden. Hier sollten die klassischen Konstellationen bekannt sein.
\nInsbesondere unwirksam ist eine solche Schönheitsreparatur-Klausel, die vorsieht, dass die Wohnung, wenn diese unrenoviert überlassen worden ist, in renoviertem Zustand, ohne finanziellen Ausgleich, wieder herausgegeben werden soll. Der Vermieter soll keine Aufwertung der Mietsache zusätzlich zu dem vereinbarten Mietzins erhalten.
\nAnders kann dies zu beurteilen sein, wenn die Wohnung im unrenovierten Zustand übergeben worden ist und bei Herausgabe in einem deutlich schlechteren Zustand zurückgegeben wird. Dann vermag der Mieter freilich auch keine Schönheitsreparaturen vornehmen zu müssen. Gleichwohl hat er sich an den Kosten der Reparaturen zu beteiligen, da der Vermieter zumindest erwarten konnte, dass der unrenovierte Zustand beibehalten wird und keine Verschlechterung eintritt. Anderenfalls hätte der Mieter einen Freifahrtschein und könnte sich, gleich wie die Wohnung herausgegeben wird, stets auf die Unwirksamkeit der Klausel berufen.
\nAuch unwirksam sind solche Klauseln, die starre Fristen für die Reparaturen vorsehen (in Klausuren kommen dann in etwa folgende Sätze: „§ 7 sieht vor, dass die unter § 6 aufgeführten Reparaturen spätestens zum 3. Tag nach Beendigung des Mietverhältnisses durchgeführt sein müssen. Eine Verlängerung der Frist ist nicht möglich.“). Der Reparaturbedarf ist bei Vertragsbeginn schlecht absehbar. Die Möglichkeit einer Anpassung dieser Frist muss vorgesehen sein, da der Mieter sonst unangemessen benachteiligt wird.
\nRegelmäßig findet die AGB-Prüfung ihren Schwerpunkt in
§ 307 BGB.[1]vgl. bspw. JuS 2014, 624; JuS 2011, 107; JA 2019, 248.