{"id":6576,"date":"2023-08-16T09:07:12","date_gmt":"2023-08-16T07:07:12","guid":{"rendered":"https:\/\/examensgerecht.de\/?p=6576"},"modified":"2024-01-23T11:43:42","modified_gmt":"2024-01-23T10:43:42","slug":"nachbars-baumwurzeln","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/staging.examensgerecht.de\/nachbars-baumwurzeln\/","title":{"rendered":"Nachbars Baumwurzeln"},"content":{"rendered":"
 BGH Urteil vom 23.03.2023 – V ZR 67\/22, BeckRS 2023, 9519\n\n\n\n

Sachverhalt\n\n\n\n

(abgewandelt und gekürzt)\n\n\n\n

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Die A und der B sind jeweils Eigentümer benachbarter Grundstücke. Auf dem Grundstück des B steht unweit der gemeinsamen Grundstücksgrenze eine Pappel. Die Wurzeln der Pappel sind in das Grundstück der A hineingewachsen und haben dort eine Wurzelbrut (Pflanzenztrieb aus oberflächlich wachsenden Wurzeln) gebildet. Durch diese Wurzelbrut wurden die Pflastersteine in der Garageneinfahrt bei A über längere Zeit nach und nach angehoben, worauf A den B auch in der Vergangenheit aufmerksam gemacht hat. Die A, die nunmehr immer wieder über die „Huckel“ fahren muss und weitere Schäden an der Einfahrt und ihrem Auto befürchtet, fordert den B unter Fristsetzung auf, die Pappel entweder zu fällen oder die Wurzeln auf ihrer Seite des Grundstücks zu entfernen und das erneute Herüberwachsen durch eine Wurzelsperre zu verhindern. Der B verweigert sämtliche Maßnahmen und lässt die Frist verstreichen.\n\n\n\n

A plant daher, die Wurzeln selbst zu entfernen, eine Wurzelsperre einzurichten sowie die Pflasterschäden der Garageneinfahrt beseitigen zu lassen. Da sie die hierfür erforderlichen Kosten von 2.000,00 EUR nicht selbst vorstrecken kann, möchte sie den B vor Durchführung in Höhe eines Vorschusses von 2.000,00 EUR in Anspruch nehmen. Zu Recht?\n\n\n\n

Hinweise:\n\n\n\n

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  1. Die von A gesetzte Frist ist angemessen lang.\n\n\n\n
  2. Der Einbau einer Wurzelsperre wäre behördlich genehmigungsfähig und würde zum gewünschten Erfolg führen.\n\n\n\n\n
    Sachverhalt und Skizze als .pdf\n\n\n\n\n\n
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    Skizze\n\n\n\n\n\n
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    Gutachten\n\n\n\n
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    A. Vertragliche Ansprüche\n\n\n\n

    Vertragliche Ansprüche von A und B sind vorliegend nicht ersichtlich.\n\n\nAnmerkung: Gutachtenaufbau

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    Der hier gewählt Aufbau der nachfolgenden Anspruchsgrundlagen entspricht nicht immer dem klassischen Aufbau (Vertraglich, Quasivertraglich, Dinglich, Bereicherungsrechtlich, Deliktisch). Vielmehr wurde sich hierbei an den Ausführungen des BGH orientiert, wobei es hier auch sinnvoll erscheint, Anspruchsgrundlagen, die aus dem gleichen Grund scheitern, nacheinander anzusprechen. Der Aufbau ist natürlich keinesfalls fest und kann daher in der Klausurbearbeitung abweichen. \n\n\n\n\n

    B. Anspruch aus §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB\n\n\n\n

    A könnte gegen B jedoch einen Anspruch auf Aufwendungsersatz in Höhe von 2.000,00 EUR aus einer echten, berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB haben.\n\n\n\n

    I.   Voraussetzungen der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag\n\n\n\n

    Voraussetzungen eines Anspruchs auf Aufwendungsersatz aus einer echten, berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag wäre, dass die A ein (auch) fremdes Geschäft des B mit Fremdgeschäftsführungswille und ohne Auftrag besorgt hätte. Weiterhin müsste die A zur Vornahme berechtigt gewesen sein, mithin also im Interesse und mit dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn (hier B) gehandelt haben.\n\n\n\n

    Aus den Voraussetzungen der Geschäftsbesorgung, also Vornahme jeder Tätigkeit, sei sie rechtsgeschäftlich oder nicht rechtsgeschäftlich, wirtschaftlicher oder nicht wirtschaftlicher Art[1]MüKoBGB\/F. Schäfer, 9. Aufl. 2023, BGB § 677 Rn. 39