{"id":6399,"date":"2023-03-17T13:02:28","date_gmt":"2023-03-17T12:02:28","guid":{"rendered":"https:\/\/examensgerecht.de\/?p=6399"},"modified":"2024-01-23T16:34:14","modified_gmt":"2024-01-23T15:34:14","slug":"anfechtung-von-nebenbestimmungen","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/staging.examensgerecht.de\/anfechtung-von-nebenbestimmungen\/","title":{"rendered":"Anfechtung von Nebenbestimmungen"},"content":{"rendered":"

BVerwG, Beschluss vom 29.03.2022 \u2013 Az. BVerwG 4 C 4.20<\/a>, NVwZ 2022, 1798<\/a><\/strong><\/p>\n\n\n\n

Sachverhalt<\/strong><\/h2>\n\n\n\n

(gek\u00fcrzt und abgewandelt)<\/em><\/p>\n\n\n\n

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K m\u00f6chte in direkter N\u00e4he zur Bundesautobahn A3 eine mobile Gastankstelle auf seinem Grundstr\u00fcck betreiben. <\/p>\n\n\n\n

Nach \u00a7 9 I Nr. 1 FStrG<\/a> liegt diese durch die Autobahnn\u00e4he jedoch innerhalb der Bauverbotszone. Im Dezember erteilte der zust\u00e4ndige Landesbetrieb Stra\u00dfenbau Nordrhein-Westfalen K trotzdem eine auf ein Jahr befristete Ausnahme von dem Bauverbot nach \u00a7 9 VIII FStrG<\/a> sowie eine befristete Baugenehmigung f\u00fcr die mobile Gastankstelle. Wenig sp\u00e4ter erteilt sie K sogar eine unbefristete Bauverbotsausnahme. <\/p>\n\n\n\n

K sorgt sich um die ungewisse Zukunft seiner Gastankstelle und m\u00f6chte dies nicht auf sich sitzen lassen. Er begehrt daher eine unbefristete Baugenehmigung. Nach Durchf\u00fchrung eines Vorverfahrens erhebt K form- und fristgerecht vor dem Verwaltungsgericht Klage gegen die Befristung der Baugenehmigung. Die Beh\u00f6rde f\u00fchrt daraufhin aus, K habe schon gar keinen Anspruch auf eine unbefristete Baugenehmigung: Die Ausnahmegenehmigung sei nur befristet, sodass mit dessen Ablauf die Erteilung einer Baugenehmigung auch wieder gegen \u00a7 9 I Nr. 1 FStrG<\/a> verstie\u00dfe. Ohne Befristung w\u00fcrde der Grund-VA daher absehbar rechtswidrig. Die Befristung k\u00f6nne daher auch nicht in seine Rechte eingreifen. Ohnehin sei schon zweifelhaft, ob ein korrekter Bauantrag vorliege, sodass die Baugenehmigung auch ganz grunds\u00e4tzlich versagt werden m\u00fcsste. K wendet ein, dass der Landesbetrieb sich nur ein Pr\u00fcfungsrecht vorbehalten wollte, um nach Fristablauf die Genehmigungsvoraussetzungen erneut \u00fcberpr\u00fcfen zu k\u00f6nnen. Dies sei kein legitimes Interesse, wenn seine Gastankstelle doch bereits alle Voraussetzungen erf\u00fclle. Dar\u00fcber hinaus sei die Problematik des richtigen Bauantrags keine Frage, die sich bei seiner Klage, die sich explizit nur gegen die Nebenbestimmung richte, stelle, da es ihm ausweislich seines Klageantrags nur um die Aufhebung der Nebenbestimmung ginge. <\/p>\n\n\n\n


Hat die Klage des K Erfolg?<\/strong><\/p>\n\n\n\n

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\u00a7 9 FStrG<\/a> \u2013 Bauliche Anlagen an Bundesfernstra\u00dfen<\/strong><\/strong><\/p>\n\n\n\n

(1) L\u00e4ngs der Bundesfernstra\u00dfen d\u00fcrfen nicht errichtet werden<\/p>\n\n\n\n

1. Hochbauten jeder Art in einer Entfernung bis zu 40 Meter bei Bundesautobahnen und bis zu 20 Meter bei Bundesstra\u00dfen au\u00dferhalb der zur Erschlie\u00dfung der anliegenden Grundst\u00fccke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten, jeweils gemessen vom \u00e4u\u00dferen Rand der befestigten Fahrbahn, (\u2026)<\/p>\n\n\n\n

(8) Die oberste Landesstra\u00dfenbaubeh\u00f6rde oder das Fernstra\u00dfen-Bundesamt an den Bundesfernstra\u00dfen, soweit dem Bund die Verwaltung einer Bundesfernstra\u00dfe zusteht, kann im Einzelfall Ausnahmen von den Verboten der Abs\u00e4tze 1, 4 und 6 zulassen, wenn die Durchf\u00fchrung der Vorschriften im Einzelfall zu einer offenbar nicht beabsichtigten H\u00e4rte f\u00fchren w\u00fcrde und die Abweichung mit den \u00f6ffentlichen Belangen vereinbar ist oder wenn Gr\u00fcnde des Wohls der Allgemeinheit die Abweichungen erfordern. Ausnahmen k\u00f6nnen mit Bedingungen und Auflagen versehen werden.<\/p>\n\n\n\n

\u00a7 74 BauO NRW \u2013 Baugenehmigung<\/strong><\/p>\n\n\n\n

(1) 1<\/sup>Die Baugenehmigung ist zu erteilen, wenn die Bauma\u00dfnahme, soweit sie genehmigungsbed\u00fcrftig ist und soweit die Pr\u00fcfung nicht entf\u00e4llt, dem \u00f6ffentlichen Baurecht entspricht. (\u2026)<\/p>\n\n\n\n

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Sachverhalt als .pdf<\/a><\/div>\n<\/div>\n<\/div>\n\n\n\n
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Skizze<\/strong><\/h2>\n\n\n\n\n\n
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Gutachten <\/strong><\/h2>\n\n\n\n
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Die Klage des K hat Erfolg, sofern sie zul\u00e4ssig und soweit sie begr\u00fcndet ist.<\/p>\n\n\n\n

A. Zul\u00e4ssigkeit der Klage<\/strong><\/h3>\n\n\n\n

I. Er\u00f6ffnung des Verwaltungsrechtswegs<\/strong><\/h4>\n\n\n\n

Der Verwaltungsrechtsweg m\u00fcsste er\u00f6ffnet sein. Mangels aufdr\u00e4ngender Sonderzuweisung ist \u00a7 40 I 1 VwGO<\/a> heranzuziehen, sodass die streitentscheidende Norm eine solche des \u00f6ffentlichen Rechts sein muss. Streitentscheidende Normen sind die die Befristung legitimierenden Normen, also \u00a7\u00a7 36 I Alt. 2 VwVfG<\/a>, 74 BauO NRW und \u00a7 9 FStrG<\/a>. Diese berechtigen und verpflichten ausschlie\u00dflich Hoheitstr\u00e4ger, wobei die Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art ist. Mithin ist der Streitgegenstand \u00f6ffentlich-rechtlicher, nicht verfassungsrechtlicher Natur i.S.d. \u00a7 40 I 1 VwGO<\/a>. Eine abdr\u00e4ngende Sonderzuweisung ist ferner nicht ersichtlich. <\/p>\n\n\n\n

II. Statthafte Klageart<\/strong><\/h4>\n\n\n\n

Welche Klageart statthaft ist, bemisst sich gem. \u00a7 88 VwGO<\/a> nach dem Begehren des Kl\u00e4gers. K begehrt die Aufhebung der Befristung. Inwieweit Rechtsschutz gegen Nebenbestimmungen besteht, ist umstritten.<\/p>\n\n\n\n

Nach fr\u00fcher vertretener Ansicht muss nach der Art der Nebenbestimmung unterschieden werden, sodass gegen Auflagen die Anfechtungsklage statthaft sei und gegen Bedingungen und Befristungen auf eine Verpflichtungsklage abgestellt werden m\u00fcsse.[1]<\/sup><\/a>Maurer\/Walhdhoff<\/em>, Alg. VerwaltungsR, 20. Aufl. 2020, \u00a7 12 Rn. 24.<\/span><\/span>