{"id":5943,"date":"2023-01-25T10:17:00","date_gmt":"2023-01-25T09:17:00","guid":{"rendered":"https:\/\/examensgerecht.de\/?p=5943"},"modified":"2023-01-10T09:39:17","modified_gmt":"2023-01-10T08:39:17","slug":"der-kaese-auf-der-autobahn","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/staging.examensgerecht.de\/der-kaese-auf-der-autobahn\/","title":{"rendered":"Der Käse auf der Autobahn"},"content":{"rendered":"

OLG Zweibrücken, Urteil vom 11.07.2022 – 1 OLG 2 Ss 7\/22; BeckRS 2022, 20727\n\n\n\n

Sachverhalt\n\n\n\n

Am 24.09.2019 verunglückte ein mit diversen 20 kg-Kartons Käse beladener LKW auf der Bundesautobahn 61. Infolge des Unfalls brach der Kühlcontainer des Fahrzeugs auf, wobei einige Käsekartons aus diesem heraus und auf die Fahrbahn fielen. Der bei dem Unfallgeschehen verletzte Fahrer des Sattelzuges wurde durch ein Rettungsfahrzeug in eine Klinik verbracht. \n\n\n\n

Nach Abschluss der Sicherungsmaßnahmen durch die Polizei fuhr die Polizeibeamtin A, die als Polizeibeamtin bei der Polizeiautobahnstation R tätig war, zusammen mit einer Kollegin, der ehemals gesondert verfolgten Zeugin Z, mit einem Polizeitransporter in die Nähe des verunfallten Sattelschleppers. Dort forderte sie einen Mitarbeiter des mit der Bergung beauftragten Unternehmens auf, ihr mehrere der sich noch in dem Container befindlichen und unbeschädigten Kartons zu reichen. Der Mitarbeiter übergab der A mindestens sechs Kartons á 20 kg Käse, die einen Gesamtwert von 369 EUR aufwiesen. Nachdem die A die Kartons zwischen den Sitzbänken des Polizeitransporters aufgeschichtet hatte, fuhr sie diesen zu ihrer Dienststelle. Während des gesamten Geschehens trug die A ihre mit Munition geladene Dienstwaffe mit sich. Zwei der Kartons stellte A ihren Kollegen in einem Sozialraum zum Verzehr zur Verfügung. Einen weiteren Karton überließ sie der Z, der Verbleib der übrigen drei Kartons konnte nicht aufgeklärt werden. \n\n\n\n

Die im und außerhalb des LKWs verbliebene Ware wurde am Folgetag begutachtet. Am 02.10.2019 verfügte die Eigentümerin der Ware die Vernichtung des beschädigten Warenanteils, während ein weiterer Teil noch veräußert werden konnte.\n\n\n\n

Der A war bei der Mitnahme des Käses bewusst, dass dieser noch im Eigentum eines anderen stand. Auch war ihr bekannt, dass üblicherweise das Transportgut verunfallter LKWs durch einen Havariekommissar geprüft wird, der sodann eine Empfehlung hinsichtlich dessen weiterer Verwendung abgibt. Dass beim Abtransport der Kartons eine Freigabe der Ware durch den Havariekommissar noch nicht erfolgt war, war A ebenfalls bewusst. A war ferner der Überzeugung, die Rechtsgutinhaberin werde wegen der unfallbedingt unterbrochenen Kühlkette und der schnellen Verderblichkeit des Käses aufgrund des warmen Wetters kein Interesse mehr an der Ware haben und würde bei Befragen einer Wegnahme sicher zustimmen.\n\n\n\n

Strafbarkeit der A?\n\n\n\n

Sachverhalt als .pdf\n\n\n\n
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Skizze\n\n\n\n\n\n

Gutachten\n\n\n\n

A. § 242 I StGB\n\n\n\n

Indem A die Käsekartons in das Dienstfahrzeug lud, könnte sie sich wegen Diebstahls nach § 242 I StGB strafbar gemacht haben.\n\n\n\n

I. Objektiver Tatbestand\n\n\n\n

1. Fremde bewegliche Sache\n\n\n\n

Zunächst müsste es sich bei dem Käse um eine fremde bewegliche Sache handeln. \n\n\n\n

a. Bewegliche Sache\n\n\n\n

Bewegliche Sachen sind körperliche Gegenstände, die tatsächlich fortbewegt werden können.[1]Rengier, Strafrecht BT I, 22. Aufl. 2020, § 2  Rn. 6, 8.