{"id":5338,"date":"2022-11-30T16:00:00","date_gmt":"2022-11-30T15:00:00","guid":{"rendered":"https:\/\/examensgerecht.de\/?p=5338"},"modified":"2022-11-30T13:12:44","modified_gmt":"2022-11-30T12:12:44","slug":"der-versuchte-brandanschlag","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/staging.examensgerecht.de\/der-versuchte-brandanschlag\/","title":{"rendered":"Der versuchte Brandanschlag"},"content":{"rendered":"

BGH, Urteil vom 12.08.2021 – 3 StR 415\/20; NJW 2022, 254\n\n\n\n

Sachverhalt\n\n\n\n

C ist mit dem V aus einer ihm bekannten anderen Familie verfeindet und beschließt, einen Brandanschlag auf das Haus dieser Familie zu verüben. Dabei wollte er durch das Schlafzimmerfenster des V und seiner Frau ein sog. Molotow-Cocktail werfen, nachdem er das Fenster zunächst mit einer Wasserflasche einwirft. C hält es für möglich und nahm es billigend in Kauf, dass hierdurch das Gebäude in Brand gerät und die schlafenden Familienmitglieder sowie andere Bewohner des Mehrfamilienhauses zu Tode kommen. Nachdem C die Flaschen präpariert hatte, warf er in Ausführung des Plans zunächst eine Wasserflasche gegen das Fenster der Eheleute und durchbrach mit dieser die Scheibe. Sodann entzündete er die Lunte einer mit Benzin gefüllten Flasche und warf diese brennend hinterher. Der Brandsatz zündete jedoch nicht, so dass es zu keinem Brand kam. Durch den Lärm wurden die Eheleute sowie die anderen Bewohner aufgeschreckt.\n\n\n\n

Wie hat sich C nach dem StGB strafbar gemacht? Ggf. erforderliche Strafanträge sind gestellt.\n\n\n\n

Sachverhalt als .pdf\n\n\n\n
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Skizze\n\n\n\n\n\n

Gutachten\n\n\n\n

A. Strafbarkeit von C gem. §§ 212 I, 211 I, II 2. Gr. 1. Var., 2. Var. , 3. Var., 22, 23 I StGB\n\n\n\n

C könnte sich wegen versuchten Mordes gem. §§ 212 I, 211 I, II 2. Gr. 1. Var., 2. Var. , 3. Var., 22, 23 I StGB strafbar gemacht haben, indem er den Brandsatz in das Schlafzimmer der Eheleute warf, dieser jedoch nicht zündete.\n\n\n\n

0. Vorprüfung\n\n\n\n

Es ist niemand gestorben. Der Taterfolg ist nicht eingetreten. Der Versuch des Mordes ist gem. §§ 23 I, 12 I StGB strafbar, da es sich beim Mord um ein Verbrechen handelt.\n\n\n\n

I. Tatbestand\n\n\n\n

1. Tatentschluss\n\n\n\n

C müsste einen Tatentschluss gefasst haben. Dieser beschreibt die subjektivierte Prüfung des objektiven Tatbestandes sowie weiterer subjektiver Tatbestandsmerkmale. \n\n\n\n

a) Vorsatz\n\n\n\n

Der Vorsatz des C muss sich somit auf die Vollendung eines Totschlags bezogen haben. C erkennt die Möglichkeit, dass durch einen Brand des Hauses andere Menschen sterben könnten und nahm dies auch billigend in Kauf. Er hatte Tatentschluss hinsichtlich der Tötung anderer Menschen.\n\n\n\n

Weiterhin könnte er den Tatentschluss zur Verwirklichung von Mordmerkmalen gefasst haben.\n\n\n\n

b) Heimtücke\n\n\n\n

In Betracht kommt zunächst der Tatentschluss zur heimtückischen Tötung, § 211 II 2. Gr. 1. Var. StGB. Heimtücke ist das bewusste Ausnutzen der Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers in feindseliger Willensrichtung. Arglos ist derjenige, der sich keines Angriffs auf sein Leben oder Leib versieht. Wehrlos ist derjenige, welcher aufgrund seiner Arglosigkeit in seiner Abwehrmaßnahme eingeschränkt ist.[1]Rengier Strafrecht BT II, 21. Aufl. 2022, § 4 Rn. 48.