{"id":5317,"date":"2022-11-24T12:23:57","date_gmt":"2022-11-24T11:23:57","guid":{"rendered":"https:\/\/examensgerecht.de\/?p=5317"},"modified":"2024-01-22T09:12:07","modified_gmt":"2024-01-22T08:12:07","slug":"die-ferngesteuerte-batterie","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/staging.examensgerecht.de\/die-ferngesteuerte-batterie\/","title":{"rendered":"Die ferngesteuerte Batterie"},"content":{"rendered":"

BGH, Urteil vom 26.10.2022 – XII ZR 89\/21, BeckRS 2022, 30953\n\n\n\n

Sachverhalt\n\n\n\n

Der V vertreibt Fahrzeuge. Sein Fokus liegt dabei auf dem Verkauf von Elektrofahrzeugen der Marke R. Da dem V aber bekannt ist, dass die Batterien dieser Elektrofahrzeuge eine beschränkte Lebensdauer haben, wittert er eine weitere Geschäftsidee und will nunmehr Batterien an seine Kunden vermieten. Der Kunde bezahlt demnach seine monatliche Miete, muss sich dann aber nicht mehr um die Lebensdauer seiner Batterie und einen etwaigen Neuerwerb kümmern.\n\n\n\n

Damit aber im Falle der außerordentlichen Kündigung der Mieter der Autobatterie diese nicht weiter nutzen kann, baut der V in die Batterien eine Vorrichtung ein, mit der er aus der Ferne die Möglichkeit zur Wiederaufladung sperren kann. Sobald der V diese Vorrichtung also aktiviert, kann der Mieter der Batterie diese nicht mehr aufladen. Hierzu wird über den Bordcomputer des Fahrzeugs auf die Steuerung der Batterie zugegriffen und das Laden verhindert.\n\n\n\n

Um sich hierfür auch vertraglich abzusichern, benutzt der V folgende Klausel in seinen allgemeinen Mietbedingungen:\n\n\n\n

„Im Falle der außerordentlichen Vertragsbeendigung infolge Kündigung wird die Vermieterin die Sperre der Wiederauflademöglichkeit der Batterie zunächst mit 14-tägiger Frist vorher ankündigen. Die Androhung kann auch zusammen mit der Kündigung erfolgen. Die Vermieterin ist in diesem Fall nach Ablauf der Ankündigungsfrist berechtigt, ihre Leistungspflicht einzustellen und die Wiederauflademöglichkeit der Batterie zu unterbinden. Die Geltendmachung des Herausgabeanspruchs bleibt hiervon unberührt.“\n\n\n\n

M hat bei dem V eine Autobatterie für sein Kfz gemietet. Bei der Durchsicht der Vertragsunterlagen kommt ihm die Klausel komisch vor. Schließlich hat er gehört, dass der Vermieter von einem Fahrzeug nach Beendigung des Vertrages auch nicht einfach zum Mieter nach Hause kommen und das Fahrzeug vom Hof holen kann.\n\n\n\n

Nach einer gewissen Nutzungsdauer kündigt der M wirksam den Mietvertrag über die Autobatterie gegenüber dem V. V schickt daraufhin ein Schreiben an den M, dass er nach 14 Tagen die Wiederauflademöglichkeit der Batterie sperren wird. V ist besorgt und will, dass V nicht einfach eigenmächtig über seine Fortbewegungsmöglichkeit bestimmt, da ja schließlich sein ganzes Auto von der Sperrung betroffen wäre. V wendet dagegen ein, dass M ja mit Unterzeichnung des Mietvertrages in die Möglichkeit der Sperrung eingewilligt hätte. M sieht dies anders. Er wendet sich an V und teilt diesem mit, dass er nicht eingewilligt hätte, im Zweifel aber diese Einwilligung widerrufe.\n\n\n\n

Frage 1: Hat M gegen V einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch?\n\n\n\n

Frage 2: Ist die vorgenannte Klausel tatsächlich unwirksam?\n\n\n\n

Sachverhalt als .pdf\n\n\n\n

Skizze\n\n\n\n\n\n
\n\n\n\n

Gutachten\n\n\n\n

A. Frage 1: Anspruch auf Unterlassen aus § 862 Abs. 1 S. 1, 2 BGB\n\n\n\n

M könnte gegen den V möglichweise einen Anspruch auf Unterlassen der Fernsperrung der Wiederauflademöglichkeit der Batterie aus § 862 Abs. 1 S. 1, 2 BGB haben.\n\n\n\n

I. Befürchtung einer zukünftigen Beeinträchtigung\n\n\n\n

Im Falle das noch keine Beeinträchtigung stattgefunden hat und ein sog. vorbeugender Unterlassungsanspruch geltend gemacht wird, ist Voraussetzung ist, dass eine (erste) Besitzbeeinträchtigung hinreichend wahrscheinlich bevorsteht, mithin eine Erstbegehungsgefahr besteht.[1]BeckOGK\/Götz, 1.10.2022, BGB § 862 Rn. 20