{"id":383,"date":"2020-06-06T13:53:21","date_gmt":"2020-06-06T11:53:21","guid":{"rendered":"https:\/\/examensgerecht.de\/?p=383"},"modified":"2022-05-07T12:22:45","modified_gmt":"2022-05-07T10:22:45","slug":"die-matratze-aus-dem-internet","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/staging.examensgerecht.de\/die-matratze-aus-dem-internet\/","title":{"rendered":"Die Matratze aus dem Internet"},"content":{"rendered":"
BGH, Urteil vom 3.7.2019 – VIII ZR 194\/16 – BGH NJW 2019, 2842\n\n\n\n

Sachverhalt\n\n\n\n

B vertreibt als Onlinehändlerin unter anderem Matratzen. K bestellte zu privaten Zwecken am 25.11.2014 über die Website der B eine Matratze zu einem Kaufpreis von 1.100 Euro. In der Rechnung der B vom 26.11.2014 war eine „Widerrufsbelehrung für Verbraucher“ enthalten. Darin heißt es auszugsweise:\n\n\n\n

„Wir tragen die Kosten der Rücksendung der Waren… Ihr Widerrufsrecht erlischt in folgenden Fällen vorzeitig: Bei Verträgen zur Lieferung versiegelter Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde.“\n\n\n\n

Die Matratze war bei Lieferung an K am 1.12.2014 mit einer Schutzfolie versehen, die der K jedoch entfernte. Mit E-Mail vom 9.12.2014 erklärte der K gegenüber B, er müsse die Matratze „leider … zurücksenden“. Er forderte außerdem die B auf, die Matratze auf eigene Kosten zurückzusenden. Als B den Rücktransport nicht veranlasste, gab K den Transport in Auftrag. Dadurch entstanden K Kosten i.H.v. rund 100 Euro.\n\n\n\n

K verlangt nunmehr die Erstattung
1) des Kaufpreises i.H.v. 1100 Euro und
2) der Transportkosten i.H.v. 100 Euro.\n\n\n\n

Zu Recht?\n\n\n\n


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Skizze\n\n\n\n\n\n
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Gutachten\n\n\n\n

A. Anspruch auf Rückzahlung von 1.100 Euro aus §§ 357 I, 355 I, III 1, 312g I Alt. 2 BGB\n\n\n\n

K könnte einen Anspruch gegen B auf Rückzahlung von 1.100 Euro aus §§ 357 I, 355 I, III 1, 312g I Alt. 2 BGB haben.\n\n\n\n

I. Anwendbarkeit der §§ 312 ff. BGB\n\n\n\n

Zunächst müssten die §§ 312 ff. BGB überhaupt anwendbar sein. Es müsste ein Verbrauchervertrag i.S.d. § 310 III BGB vorliegen, der eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand hat und für den kein Ausschlussgrund aus § 312 II – VI BGB einschlägig ist.\n\n\n\n

1. Verbrauchervertrag i. S. d. § 310 III BGB\n\n\n\n

Der von den K und B geschlossene Vertrag müsste ein Verbrauchervertrag i.S.d. § 310 III BGB sein. Dies sind Verträge zwischen einen Verbraucher und einem Unternehmer.\n\n\n\n

K könnte als Verbraucher gem. § 13 BGB gehandelt haben. K bestellte die Matratze zu privaten und nicht zu gewerblichen oder selbständigen beruflichen Zwecken. Somit schloss K den Vertrag als Verbraucher gem. § 13 BGB ab.\n\n\n\n

Zudem müsste B als Unternehmer gem. § 14 I BGB einzustufen sein. B müsste bei Abschluss des Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit gehandelt haben. B vertreibt als Online-Händlerin unter anderem Matratzen. Der Verkauf der Matratze an K ist damit Teil ihrer gewerblichen Tätigkeit. B ist als Unternehmerin gem. § 14 BGB einzustufen.\n\n\n\n

Somit liegt ein Verbrauchervertrag i. S. d. § 310 III BGB vor.\n\n\n\n

2. Entgeltliche Leistung des Unternehmers, § 312 I BGB\n\n\n\n

Dieser müsste auch eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand haben, § 312 I BGB. Dies ist etwa beim Vertrieb von Waren oder Dienstleistungen durch den Unternehmer gegen ein Entgelt der Fall.[1]Palandt, § 312 Rn. 3.