{"id":3598,"date":"2022-08-25T22:17:33","date_gmt":"2022-08-25T20:17:33","guid":{"rendered":"https:\/\/examensgerecht.de\/?p=3598"},"modified":"2022-08-25T22:37:22","modified_gmt":"2022-08-25T20:37:22","slug":"fitnessstudio-und-corona","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/staging.examensgerecht.de\/fitnessstudio-und-corona\/","title":{"rendered":"Fitnessstudio und Corona"},"content":{"rendered":"

BGH, Urteil vom 4.5.2022 – XII ZR 64\/21; NJW 2022, 2024\n\n\n\n

Sachverhalt\n\n\n\n

A schließt am 13. Mai 2019 einen Vertrag über die Mitgliedschaft im Fitnessstudio der F. Der Vertrag soll 24 Monate laufen, beginnend ab dem 08. Dezember 2019 zu einem monatlichen Mitgliedbeitrag von 29,90 € zuzüglich einer halbjährlichen Servicepauschale. Der Mitgliedsbeitrag soll per Lastschriftverfahren eingezogen werden. \n\n\n\n

Im Vertrag über die Mitgliedschaft heißt es unter Ziffer 2.1, dass die F sich dazu verpflichtet, dem A die Nutzung ihres Fitnessstudios „während der Öffnungszeiten“ zu ermöglichen. Weder die genauen Öffnungszeiten noch eine MindestanzahI an Öffnungstagen pro Monat werden vertraglich festgelegt.\n\n\n\n

Aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie musste die F das Fitnessstudio in der Zeit vom 16. März 2020 bis 4. Juni 2020 schließen. Die Monatsbeiträge für diesen Zeitraum zog die F dennoch vom Konto des A ein. A verlangt daher mit Schreiben vom 15. Juni 2020 von der F die Rückzahlung der eingezogenen Mitgliedsbeiträge für den Zeitraum vom 16. März 2020 bis 4. Juni 2020 in Höhe von insgesamt 86,75 €. \n\n\n\n

Die F verweigert allerdings die Rückzahlung, sie könne schließlich nichts für die Schließung. A will daher wenigstens für den Schließungszeitraum einen Wertgutschein über den eingezogenen Betrag. Die F will dem A allerdings keinen Wertgutschein aushändigen und bietet ihm lediglich eine „Gutschrift über Trainingszeit“ für den Zeitraum der Schließung an. A ist das zu wenig.\n\n\n\n

Kann A von der F die 86,75 € verlangen? \n\n\n\n

Gehen Sie davon aus, dass die Höhe des Anspruchs zumindest nicht zu beanstanden ist und die „Gutschrift über Trainingszeit“, nicht den Anforderungen an Art. 240 § 5 Abs. 3 und 4 EGBGB entspricht.\n\n\n\n

Sachverhalt als .pdf\n\n\n\n

Skizze\n\n\n\n\n\n
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Gutachten\n\n\n\n

A. Anspruch aus § 326 Abs. 4, 346 Abs. 1 BGB \n\n\n\n

A könnte gegen die F einen Anspruch auf Zahlung der 86,75 € aus § 326 Abs. 4, 346 Abs. 1 BGB haben. Gem. § 326 Abs. 4 BGB kann der Gläubiger nach den Vorschriften der §§ 346 ff. BGB das Geleistete zurückfordern, wenn seine Gegenleistungspflicht gem. § 326 Abs. 1 BGB eigentlich entfallen ist und er dennoch die Gegenleistung bewirkt hat.\n\n\n\n

I. Gegenseitiger Vertrag\n\n\n\n

Hierzu müsste allerdings zunächst ein gegenseitiger Vertrag vorliegen. Ein solcher liegt, unabhängig der Frage, um welchen Vertragstypus es sich handelt, in der Form des Fitnessstudiovertrages vor.\n\n\nAnmerkung: Die Einordnung eines Fitnessstudiovertrages

Auch wenn es hier nicht darauf ankommt, ob es sich bei dem Fitnessstudiovertrag um einen Miet-, Werk- oder Dienstleistungsvertrag handelt, so kann es dennoch vorkommen, dass diese Einordnung vorgenommen werden muss.\n

Grundsätzlich bestimmt sich das anwendbare Recht nach dem Schwerpunkt des Vertrages. Regelmäßig liegt dieser bei einem Fitnessstudio ihm Bereich des Mietrechts, sodass die §§ 535 ff. BGB Anwendung finden, denn der Betreiber stellt dem Mitglied Räumlichkeiten und Geräte gegen ein Entgelt zur Verfügung. Etwas anderes kann sich jedoch dann ergeben, wenn der Schwerpunkt des Vertrages auf der Beratung und den Kursen liegt. Dann käme zumindest ein typen-gemischter Vertrag in Frage, welcher auch Dienstleistungselement enthält und somit auf diese die §§ 611 ff. BGB Anwendung finden.
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II. Bewirken der Gegenleistung\n\n\n\n

A müsste auch seine Gegenleistung bewirkt haben. Vertragliche Gegenleistung des A war hier die Zahlung von 29,90 € pro Monat sowie eine halbjährliche Servicepauschale. Für den hier gegenständlichen Zeitraum vom 16. März 2020 bis 4. Juni 2020 zahlte der A auch diese Beiträge, sodass er seine Gegenleistung bewirkte.\n\n\n\n

III. Untergang des Anspruchs auf Gegenleistung gem. § 326 I BGB\n\n\n\n

Der Anspruch der F auf Gegenleistung müsste zudem gem. § 326 I BGB untergegangen sein. Gem. § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung, falls der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 BGB die geschuldete Leistung nicht erbringen muss.[1]BGH NJW 2022, 2024 Rn. 15