{"id":3214,"date":"2022-05-25T15:00:04","date_gmt":"2022-05-25T13:00:04","guid":{"rendered":"https:\/\/examensgerecht.de\/?p=3214"},"modified":"2022-09-18T14:05:55","modified_gmt":"2022-09-18T12:05:55","slug":"haus-gegen-pflege","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/staging.examensgerecht.de\/haus-gegen-pflege\/","title":{"rendered":"Haus gegen Pflege"},"content":{"rendered":"

BGH, Urteil vom 09.07.2021 – V ZR 30\/20; NJW-RR 2021, 1382\n\n\n\n

Sachverhalt\n\n\n\n

B und S sind Geschwister. Der 1944 geborene B erlitt am 2013 einen Herzinfarkt. Nach einer mehrwöchigen Genesungsphase macht der B sich Gedanken über seine zukünftige Gesundheit und Pflege. B sieht sich selbst als betreuungs- und pflegebedürftig. In Folge dessen geht der B auf seine Schwester S zu. Er bittet sie zusammen mit ihrem Ehemann in sein Haus einzuziehen und für ihn zu sorgen. Im Gegenzug will er ihr das Haus, welches einen objektiven Wert von 100.000 € hat, übertragen. \n\n\n\n

Die S stimmte dem Vorgehen zu, könnte sie sich selbst doch ein solches Haus, auch nicht in Ratenzahlung, leisten. Zusammen mit dem B schließen sie Ende 2013 einen Übertragungsvertrag, beurkundet durch einen Notar. Der Übertragungsvertrag sieht unter anderem eine Übertragung nebst Auflassung des Eigentums an dem Grundstück des B an die S vor. Der Vertrag regelt zudem die Verpflichtung der S zur „lebenslangen Betreuung und Pflege“ des B. Die Betreuung und Pflege soll nach den Vorstellungen des B und der S mit 80.000 € anzusetzen sein.  Ebenso wird dem B ein einzutragendes Wohnrecht an bestimmten Räumen der Immobilie eingeräumt. Letztlich vereinbaren die S und der B ein Rücktrittsrecht für den Fall, dass die S das Grundstück ohne die Zustimmung des B veräußert, die S vor dem B verstirbt oder aber für den Fall, dass sich die Vermögenslage der S wesentlich verschlechtert.\n\n\n\n

Wie durch den Notarvertrag vorgesehen, wird die S als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen. Anfangs läuft das Zusammenleben zwischen der S und dem B wie vorgesehen. Anfang des Jahres 2014 kommt es jedoch immer wieder zu Streitigkeiten zwischen dem B und der S, deren Anlass sowohl in der S als auch dem B zu sehen sind. In Folge der vielen Streitigkeiten stellt die S ab März 2014 die Pflege des B ein und will nunmehr Miete von dem B verlangen. B, der sich unter diesen Umständen ohnehin nicht mehr von der S pflegen lassen will, ist maßlos enttäuscht, verlangt aber von S auch nicht die weitere Pflege. Er wendet sich an die S und betont, dass er unter diesen Umständen nicht mehr am Vertrag festhalten wolle und – hätte er geahnt das S sich so benehmen würde – nie den Vertrag abgeschlossen hätte. Sie solle ihm sein Haus zurückgeben und mit ihrem Ehemann ausziehen. Die S zeigt sich allerdings uneinsichtig. Schließlich habe auch der B Ursachen für die Streitereien gesetzt. Die Konsequenzen dürfte sie daher nicht alleine tragen. Außerdem hätte der B die Konsequenzen androhen müssen, dann hätte sich die S vielleicht nochmal überlegt, ob sie den B vlt. doch weiter gepflegt hätte.\n\n\n\n

Kann der B von S die Rückübereignung des Grundstückes verlangen?\n\n\n\n

Sachverhalt als .pdf\n\n\n\n

Skizze\n\n\n\n\n\n
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Gutachten\n\n\n\n

A. Anspruch aus §§ 530, 531 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. § § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB\n\n\n\n

Möglich erscheint zunächst ein Anspruch auf Rückübertragung des Grundstückes aus §§ 530, 531 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB.\n\n\nAnmerkung: Rückübertragung auf Grundlage des Bereicherungsrechtes

\nGem. § 531 Abs. 2 BGB, welcher in der Normkette zitiert werden sollte, findet eine Rückabwicklung nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung statt. Dabei handelt es sich bei dem § 531 Abs. 2 BGB um eine Rechtsgrundverweisung.[1]MüKoBGB\/Koch, 8. Aufl. 2019, BGB § 531 Rn. 4