{"id":2377,"date":"2022-05-11T11:40:00","date_gmt":"2022-05-11T09:40:00","guid":{"rendered":"https:\/\/examensgerecht.de\/?p=2377"},"modified":"2022-05-09T07:28:33","modified_gmt":"2022-05-09T05:28:33","slug":"faustschlag-im-strassenverkehr","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/staging.examensgerecht.de\/faustschlag-im-strassenverkehr\/","title":{"rendered":"Faustschlag im Straßenverkehr"},"content":{"rendered":"

BGH, Beschl. vom 14.09.2021 – 4 StR 21\/21, BeckRS 2021, 29010\n\n\n\n

Sachverhalt\n\n\n\n

A lauerte auf einer der Hauptstraßen der Innenstadt S dem ihm bekannten B auf, welcher zu diesem Zeitpunkt mit dem Fahrrad unterwegs war. Als dieser sich dem A näherte, versetzte er dem B ohne konkreten Anlass einen massiven Faustschlag gegen den Kopf. Dabei beabsichtigte A, dass dieser Schmerzen erleidet. Der B trug ein Hämatom am Kopf davon und leidete einige Tage unter starken Schmerzen. Trotz des Schlages gelang es dem B jedoch, das Gleichgewicht zu halten und nicht vom Fahrrad zu stürzen oder den Fahrradweg zu verlassen. Dem A war bewusst, dass der B bei einem Sturz ein Unfallgeschehen herbeiführen könnte und damit Leib und Leben anderer Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährden würde, wollte aber primär nur dem B Schmerzen zufügen.\n\n\n\n

Strafbarkeit des A?\n\n\n\n

Sachverhalt als .pdf\n\n\n\n
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Skizze\n\n\n\n\n\n

Gutachten\n\n\n\n

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A. Strafbarkeit gemäß §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB\n\n\n\n

A könnte sich wegen gefährlicher Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB strafbar gemacht haben, indem er den B mit der Faust an den Kopf schlug. \n\n\n\n

I. Objektiver Tatbestand\n\n\n\n

1. Grunddeliktes § 223 Abs. 1 StGB \n\n\n\n

Zunächst müsste A das Grunddelikt der einfachen Körperverletzung verwirklicht haben. \n\n\n\n

Durch den Schlag hat A das körperliche Wohlbefinden des B aufgrund der aufgetretenen Schmerzen nicht nur unerheblich beeinträchtigt und darüber hinaus durch Hervorrufen des Hämatoms einen pathologischen, vom Normalzustand abweichenden gesundheitlichen Zustand hervorgerufen. Damit hat A den B körperlich misshandelt und an der Gesundheit geschädigt. \n\n\n\n

2. Qualifikationstatbestand § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB\n\n\n\n

In Betracht kommt weiter die Erfüllung einer Qualifikation nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB. Danach müsste A die Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdender Behandlung begangen haben. \n\n\nVernetztes Lernen: Ist für die Annahme der lebensgefährdenden Behandlung eine abstrakte oder eine konkrete Lebensgefahr notwendig?

\nNach der herrschenden Meinung reicht bereits eine abstrakte Lebensgefahr aus, da nach der Rechtsprechung ein sogenanntes „Eignungsdelikt“ gegeben ist. Die Art der Behandlung muss damit nur generell geeignet sein das Leben eines anderen zu gefährden. Es kommt dabei stets auf die Gefährlichkeit der konkreten Behandlung an.\n

Nach einer anderen Ansicht ist dagegen eine konkrete Gefahr notwendig.\n

Für die zweite Ansicht spricht die Straferhöhung des § 224 StGB.
\nFür die herrschende Ansicht spricht dagegen, dass eine konkrete Gefährdung zu nah an die Voraussetzungen eines versuchten Totschlages geraten könnte. Zudem ist stets ein Vergleich mit den anderen Qualifikationsmerkmalen zu führen, welche einen gleichen Unrechtsgehalt aufweisen sollten. Es muss demnach eine gesteigerte Gefahr im Vergleich zur einfachen Körperverletzung gegeben sein, welche jedoch noch eine gewisse „Distanz“ zur versuchten Tötung aufweisen sollte, sodass es hier auf die abstrakte Gefährdung ankommen muss. Zudem wird im Rahmen des
§ 224 StGB deutlich, dass nicht ein konkreter Erfolg sanktioniert wird, dieser wird im Rahmen des § 226 StGB sanktioniert, sondern lediglich die gesteigerte Gefahr durch die Art der Behandlung.
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Eine lebensgefährdende Handlung ist eine Handlung, die nach den konkreten Umständen geeignet ist, das Leben des Opfers zu gefährden.[1]Fischer, 69. Aufl. 2022, § 224 Rn. 27.