{"id":1640,"date":"2021-08-12T10:29:25","date_gmt":"2021-08-12T08:29:25","guid":{"rendered":"https:\/\/examensgerecht.de\/?p=1640"},"modified":"2022-05-07T12:18:03","modified_gmt":"2022-05-07T10:18:03","slug":"nachtraegliche-preisaenderung","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/staging.examensgerecht.de\/nachtraegliche-preisaenderung\/","title":{"rendered":"Nachträgliche Preisänderung"},"content":{"rendered":"
BGH, Urt. v. 14.9.2018 – V ZR 213\/17 – BGH NJW 2018, 3523\n\n\n\n

Sachverhalt\n\n\n\n

Die A verkaufte drei noch durch sie zu sanierende Eigentumswohnungen zum Preis von insgesamt 310.000 Euro an B. Die notarielle Vertragsurkunde vom 04. Mai 2018 enthielt die Auflassungserklärung der Parteien sowie die Erklärung des B, dass er seine Eintragung als neuer Eigentümer beim Grundbuchamt beantrage. Diese Erklärung sollte, so hieß es weiter, der Notar beim Grundbuchamt einreichen – aber erst dann, wenn die Zahlung des Kaufpreises nachgewiesen war. (Bearbeitervermerk: Dieses Vorgehen, die sog. Vorlagensperre, ist bei Grundstückskaufverträgen üblich und zulässig.) \n\n\n\n

Später wandte sich B an A und verlangte eine Ermäßigung des Kaufpreises. Grund hierfür sei, dass bestimmte Dekontaminationsarbeiten angeblich nicht erforderlich waren und sich daher die geringeren Sanierungskosten für die Wohnungen auch in einem niedrigeren Kaufpreis niederschlagen sollten. \n\n\n\n

Mit Schreiben vom 24. Juli 2019 verlangte B gegenüber A eine Kaufpreisverringerung um 27.000 Euro. A unterzeichnete dieses Schreiben mit dem Zusatz „zur Kenntnis genommen und anerkannt“. Den verbleibenden Kaufpreis von 283.000 Euro zahlte B sodann an A. \n\n\n\n

Die A fordert nunmehr dennoch die Zahlung weiterer 27.000 Euro, da sie der Ansicht ist, die Vereinbarung über die Ermäßigung des Kaufpreises sei nicht rechtsgültig. \n\n\n\n

Hat A gegen B den geltend gemachten Anspruch? \n\n\n\n


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Skizze\n\n\n\n\n\n
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Gutachten\n\n\n\n

Anspruch aus §§ 650u S. 1, S. 3, 433 II BGB\n\n\n\n

A könnte gegen B einen Anspruch auf Zahlung von 27.000 Euro aus §§ 650u S. 1, S. 3, 433 II BGB haben.\n\n\n\n

I. Anspruch entstanden\n\n\n\n

Dieser Anspruch müsste entstanden sein. \n\n\n\n

1. Wirksamer Bauträgervertrag, § 650u S. 1 BGB\n\n\n\n

A und B könnten einen wirksamen Bauträgervertrag gem. § 650u S. 1 BGB geschlossen haben. Danach ist ein Bauträgervertrag ein Vertrag, der die Errichtung oder den Umbau eines Hauses oder eines vergleichbaren Bauwerks zum Gegenstand hat und der zugleich die Verpflichtung des Unternehmers enthält, dem Besteller das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen oder ein Erbbaurecht zu bestellen oder zu übertragen. Hier verpflichtete sich A zur Sanierung der drei Eigentumswohnungen, mithin zum Umbau eines mit einem Haus vergleichbaren Bauwerks, sowie zur anschließenden diesbezüglichen Eigentumsübertragung. Damit liegt ein Bauträgervertrag gem. § 650u S. 1 BGB. Auf den hier maßgeblichen Vertragsteil, der A zur Eigentumsübertragung verpflichtet, finden gem. § 650u S. 3 BGB die kaufrechtlichen Vorschriften der §§ 433 ff. BGB Anwendung. \n\n\n\n

Dieser Vertrag müsste auch wirksam sein. Er müsste insbesondere die Form des § 311b I BGB wahren, um nicht gem. § 125 S. 1 BGB formunwirksam zu sein. Gem. § 311b I BGB bedarf ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, der notariellen Beurkundung. Die Vereinbarung über die Veräußerung der Wohnungen für 310.000 Euro wurde in einer notariellen Vertragsurkunde dokumentiert, womit die Form des § 311b I BGB gewahrt wurde und der Vertrag wirksam ist. \n\n\nVernetztes Lernen: Welche Arten von Formen kennt das BGB?

\n– Schriftform, § 126 BGB
\n– Textform,
§ 126b BGB
\n– notarielle Beurkundung,
§ 128 BGB
\n– öffentliche Beglaubigung der Unterschrift,
§ 129 BGB
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2. Zwischenergebnis \n\n\n\n

Damit ist der Anspruch entstanden.\n\n\n\n

II. Anspruch nicht untergegangen \n\n\n\n

Der Anspruch dürfte auch nicht untergegangen sein.  \n\n\n\n

1. Erfüllung, § 362 I BGB \n\n\n\n

Der Anspruch könnte durch Erfüllung gem. § 362 I BGB untergegangen sein. Danach erlischt das Schuldverhältnis durch Bewirkung der geschuldeten Leistung an den (empfangszuständigen) Gläubiger oder Dritten durch Leistungsverhalten und gegebenenfalls durch Herbeiführung des Leistungserfolgs. [1]Stürner, in: Jauernig BGB § 362 Rn. 1.