{"id":1416,"date":"2021-05-05T08:00:00","date_gmt":"2021-05-05T06:00:00","guid":{"rendered":"https:\/\/examensgerecht.de\/?p=1416"},"modified":"2022-02-01T21:51:50","modified_gmt":"2022-02-01T20:51:50","slug":"berliner-mietendeckel","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/staging.examensgerecht.de\/berliner-mietendeckel\/","title":{"rendered":"Berliner Mietendeckel"},"content":{"rendered":"

BVerfG, Beschluss vom 25.03.2021 – 2 BvF 1\/20 u.a.;NJW 2021, 1377\n\n\n\n

Sachverhalt\n\n\n\n

(leicht verändert und gekürzt)\n\n\n\n

Das Land Berlin reagiert Anfang 2020 auf einen angespannten Berliner Wohnungsmarkt mit dem Erlass eines Gesetzes zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen (MWG), dessen Anwendungsbereich auf ungebundenen (frei finanzierten und frei anzubietenden) Wohnraum beschränkt ist. Darin enthalten sind die hier interessierenden Vorschriften:\n\n\n\n

§ 3 Mietenstopp\n\n\n\n

(1) Vorbehaltlich der nachfolgenden Regelungen ist eine Miete verboten, die die am 18. Juni 2019 (Stichtag) wirksam vereinbarte Miete überschreitet. Wurde vertraglich eine Staffel- oder Indexmiete vereinbart, ist die zu diesem Stichtag geschuldete Miete maßgeblich. (…)\n\n\n\n

§ 4 Mietobergrenze\n\n\n\n

Wird Wohnraum nach Inkrafttreten dieses Gesetzes wieder vermietet oder wird Wohnraum, der zuvor noch nie als Wohnraum vermietet war, erstmalig vermietet, ist unbeschadet der Regelungen des § 3 für dieses und alle nachfolgenden Mietverhältnisse eine Miete verboten, welche die Mietobergrenzen überschreitet, die sich aus den §§ 6 und 7 ergeben.\n\n\n\n

§ 5 Überhöhte Mieten\n\n\n\n

 (1) Eine überhöhte Miete im Sinne dieses Gesetzes ist verboten. Eine Miete ist überhöht, soweit sie die nach Berücksichtigung der Wohnlage bestimmte Mietobergrenze aus den §§ 6 oder 7 Absatz 1 um mehr als 20 Prozent überschreitet und nicht nach § 8 genehmigt ist. (…)\n\n\n\n

§ 6 Mietentabelle\n\n\n\n

(1) Obergrenzen zur Bestimmung der monatlich zulässigen Miete ergeben sich in Abhängigkeit von der Wohnfläche einer Wohnung nach Maßgabe der folgenden Tabelle: (…)
(3) Für Wohnraum mit moderner Ausstattung erhöht sich die Mietobergrenze nach Absatz 1 um 1 Euro. Eine moderne Ausstattung liegt vor, wenn der Wohnraum wenigstens drei der folgenden fünf Merkmale aufweist: (…)\n\n\n\n

§ 7 Miete nach Modernisierung\n\n\n\n

(1) Erhöhen Vermieterinnen und Vermieter nach Inkrafttreten dieses Gesetzes nach durchgeführter Modernisierung (…) die Miete, so ist dies der Investitionsbank Berlin elektronisch oder schriftlich anzuzeigen. Im Fall von Modernisierungsmaßnahmen im Sinne von Satz 1 erhöht sich die zulässige Miete gemäß § 3 und § 6 um nicht mehr als 1 Euro pro Quadratmeter. (…)\n\n\n\n

§ 8 Härtefälle\n\n\n\n

(1) Die Investitionsbank Berlin kann zur Vermeidung einer unbilligen Härte auf Grund dieses Gesetzes auf Antrag der Vermieterinnen und Vermieter für das laufende Mietverhältnis sowie alle nachfolgenden Mietverhältnisse eine höhere als die nach den §§ 3 bis 6 zulässige Miete genehmigen, soweit dies aus Gründen, die nicht im Verantwortungsbereich der Vermieterinnen und Vermieter liegen, erforderlich ist. (…)\n\n\n\n

Frage 1: Ist das Land Berlin für den Erlass des MWG zuständig?\n\n\n\n

Frage 2: Wäre ein entsprechendes Gesetz auf Bundesebene mit materiellem Verfassungsrecht vereinbar?\n\n\n\n


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Skizze\n\n\n\n\n\n
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Gutachten\n\n\n\n

Frage 1: Zuständigkeit des Landes Berlin\n\n\nVorbemerkung
\nDer erste Teil der Ausarbeitung beruht auf einem hochaktuellen Beschluss des BVerfG. Aufgrund der Aktualität ist die Auseinandersetzung mit dem konkreten Urteil in der Fachliteratur bislang spärlich. Es wird daher v.a. versucht, die Argumentationslinien des BVerfG aufzuzeigen. Das BVerfG bezieht sich relativ stark auf historische Argumente und dabei etwa auch auf die Frage, ob die Materie von Art. 74 I Nr. 18 GG a.F. umfasst war, der bis 2006 auch „das Wohnungswesen“ umfasste. Die Frage, ob mit der Herausnahme dieses Kompetenztitels die Kompetenz an die Länder fiel (Art. 70 I GG), verneint das BVerfG.[1]Vgl. BVerfG Beschl. v. 25.03.2021 – 2 BvF 1\/20, Rn. 178 ff.