{"id":1319,"date":"2021-03-24T13:08:52","date_gmt":"2021-03-24T12:08:52","guid":{"rendered":"https:\/\/examensgerecht.de\/?p=1319"},"modified":"2022-04-28T22:24:09","modified_gmt":"2022-04-28T20:24:09","slug":"kartenlegen-als-strassenrechtliche-sondernutzung","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/staging.examensgerecht.de\/kartenlegen-als-strassenrechtliche-sondernutzung\/","title":{"rendered":"Kartenlegen als straßenrechtliche Sondernutzung"},"content":{"rendered":"

VGH BW, Urt. v. 22.05.2019 – 5 S 2592\/18; NJW 2019, 2876\n\n\n\n

Sachverhalt \n\n\n\n

(abgewandelt und gekürzt)\n\n\n\n

K macht die Fußgängerzone der Stadt S am Samstagvormittag zu seiner Bühne. Er ist Wahrsager und legt Karten. Damit dies auch in der richtigen Stimmung passiert, trägt er einen großen Hut, einen langen schwarzen Mantel, hat einen kleinen Klapptisch dabei, zwei Klappstühle und ein Pappschild auf dem steht: „Wagen Sie einen Blick in die Zukunft und lassen Sie sich durch die Karten führen.“ Seine Tätigkeit ist nicht nur an die jeweils vor ihm sitzende Person gerichtet, sondern wird öffentlich zelebriert und lockt so immer wieder große Gruppen an Zuschauer*innen an, was auch immer wieder zu Beeinträchtigungen des Fußgängerverkehrs führt. K’s Ziel ist es, dass möglichst viele Menschen erleben, welche Kraft das Kartenlegen haben kann, um Menschen darin zu bestärken, dass zu tun, was sie für richtig halten. Er unterhält sich auch gerne mit Passanten generell über das Kartenlegen, unabhängig davon, ob sie seine Leistung in Anspruch nehmen. Nutzer*innen seines Angebots sind angehalten für seine unbestreitbar ausgefallenen Dienste eine Spende zu entrichten. Dadurch erhält er rund 200 € im Monat.\n\n\n\n

Das Ordnungsamt der Stadt teilt K eines Samstags mit, dass er wegen der Verkehrsbehinderung eines Sondernutzungserlaubnis brauche; die Erteilung stehe im Ermessen der Behörde.\n\n\n\n

K weigert sich eine solche einzuholen. Schließlich müsse man ihn wie einen Künstler bewerten. Seine Performance bestehe gerade darin eine Zuschauermenge anzulocken. Wenn man dafür eine Erlaubnis brauche, die vom guten Willen der Behörde abhängt, wäre das eine Verletzung seiner Kunstfreiheit. Nur auf der öffentlichen Straße könnte er, K, Menschen die kunstvoll gefertigten Karten zeigen und sie tatsächlich innerlich bewegen.\n\n\n\n

1. Mit welcher Klageart kann K sein Begehren am besten verfolgen?\n\n\n\n

2. Muss K eine Sondernutzungserlaubnis einholen? Wenn ja, unter welchen Voraussetzungen und Aspekten wird ihm diese erteilt?\n\n\n\n

Bearbeitungshinweis: Die Regelungen des Bundesfernstraßengesetzes (§§ 7, 8 FStrG) sind anstelle der landesrechtlichen Vorschriften anzuwenden. \n\n\n\n


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Skizze\n\n\n\n\n\n
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Gutachten\n\n\n\n

Zu 1.: Mit welcher Klageart kann K sein Begehren am besten verfolgen?\n\n\n\n

K könnte eine Verpflichtungsklage gem. § 42 Abs. 1 Var. 2 VwGO mit dem Ziel erheben, dass das VG die Behörde verpflichtet eine Sondernutzungserlaubnis in Form eines VA zu erlassen. K wäre mit dieser Klage jedoch „erfolglos“, wenn das VG feststellt, dass er für seine Performance gar keine Sondernutzungserlaubnis braucht.[1]so auch die Konstellation in: VG München (2. Kammer), Urteil vom 31.05.2016 – M 2 K 15.5322.