{"id":1183,"date":"2021-01-28T17:36:15","date_gmt":"2021-01-28T16:36:15","guid":{"rendered":"https:\/\/examensgerecht.de\/?p=1183"},"modified":"2021-01-28T17:58:46","modified_gmt":"2021-01-28T16:58:46","slug":"stoerung-der-geschaeftsgrundlage-bei-einer-lebensgemeinschaft","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/staging.examensgerecht.de\/stoerung-der-geschaeftsgrundlage-bei-einer-lebensgemeinschaft\/","title":{"rendered":"Störung der Geschäftsgrundlage bei einer Lebensgemeinschaft"},"content":{"rendered":"
BGH, Urteil vom 18.6.2019 – X ZR 107\/16 – BGH NJW 2019, 3511\n\n\n\n

Sachverhalt\n\n\n\n

Der A und die B leben seit 2002 in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Sie beschließen 2011 sich gemeinsam ein Hausgrundstück zu kaufen, auf welchem sie beide gemeinsam wohnen wollen. Um der B und dem A bei der Finanzierung des Grundstückes zu helfen, entschloss sich die Mutter M der B den beiden 100.000 EUR zuzuwenden, in der Hoffnung, A und B würden ein Leben lang zusammen bleiben. A und B war diese Hoffnung der M bekannt. Entgegen dieser Erwartung trennen sich der A und die B 2013 und der B zieht aus dem gemeinsamen Haus aus. Beide hatten sich im Verlauf der Zeit auseinandergelebt. M will nunmehr die Hälfte des Darlehns von dem A zurückerstattet bekommen, da sich ihre Erwartung an die Beziehung der beiden nicht erfüllt hat. Sie erklärt ihm gegenüber, dass sie unter diesen Umständen nicht mehr an der Schenkung festhalten wolle. \n\n\n\n

Besteht ein Anspruch der M auf Rückzahlung?\n\n\n\n


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Skizze\n\n\n\n\n\n
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Gutachten\n\n\n\n

A. Anspruch aus §§ 530 I, 531 II, 812 I 1 Alt. 1 BGB\n\n\n\n

M könnte einen Anspruch auf Rückzahlung des Geldes aus §§ 530 I, 531 II, 812 I 1 Alt. 1 BGB wegen Widerrufs des Schenkungsvertrages haben.\n\n\n\n

I. Schenkungsvertrag \n\n\n\n

Dazu müsste zunächst ein wirksamer Schenkungsvertrag iSd. § 516 BGB vorliegen.\n\n\n\n

1. Einigung\n\n\n\n

Ein Schenkungsvertrag erfordert zwei übereinstimmende Willenserklärungen, namentlich Angebot und Annahme, deren Inhalt eine unentgeltliche Zuwendung sein muss. Ausdrückliche iSd. § 516 I BGB einigte sich die M mit dem A und der B jedoch nicht.\n\n\n\n

Allerdings kann auch im Rahmen eines Schenkungsvertrages eine Einung konkludent erfolgen. Eine solche konkludente Einigung könnte hier in der Zuwendung der 100.000 EUR durch die M an A und B liegen.\n\n\n\n

a) Rechtsverhältnis eigener Art\n\n\n\n

Von einer der Handlung innewohnenden konkludenten Willenserklärung mit Ziel zum Abschluss eines Schenkungsvertrages kann jedoch dann nicht ausgegangen werden, wenn sich auf dem persönlichen familiären Verhältnis der Parteien bereits ein anderer Wille ergibt. \n\n\n\n

Nach einer älteren – nunmehr aufgegebenen – Rechtsprechung des BGH könnte es sich um eine sog. unbenannte Zuwendung handeln, bei welcher es sich um familienrechtliches Rechtsverhältnis eigener Art handelt. Die unbenannte Zuwendung zeichnet sich dadurch aus, dass sie der Aufrechterhaltung des ehelichen Zusammenlebens dient, ihr entwachsen also gerade nicht die Rechte und Pflichten, die sich aus den §§ 528 ff. BGB ergeben, denn es mangelt bereits an der für die Schenkung notwendigen Unentgeltlichkeit. Die Unentgeltlichkeit erfordert den erkennbaren Willen des Zuwenders den Empfänger einseitig zu begünstigenden und das die Zuwendung zu einer frei disponiblen Bereicherung führen soll. Bei einer, wie hier vorliegenden, Zuwendung durch die Schwiegereltern soll sie auf Dauer der Ehegemeinschaft dienen und damit auch von deren Bestand abhängig sein.[1]NJW 2010, 2202; Senat, VIZ 1998, 262 = NJW 1998, 2600 L = FamRZ 1998, 669 [670]; BGHZ 129, 259 [263f.] = NJW 1995, 1889