{"id":1037,"date":"2020-11-17T17:38:33","date_gmt":"2020-11-17T16:38:33","guid":{"rendered":"https:\/\/examensgerecht.de\/?p=1037"},"modified":"2022-05-07T12:19:32","modified_gmt":"2022-05-07T10:19:32","slug":"streit-um-nachbars-baum","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/staging.examensgerecht.de\/streit-um-nachbars-baum\/","title":{"rendered":"Streit um Nachbars Baum"},"content":{"rendered":"
BGH, Urteil vom 14.6.2019 – V ZR 102\/18 – BGH NJW-RR 2019, 1356\n\n\n\n

Sachverhalt\n\n\n\n

K und B sind Eigentümer zweier benachbarter Grundstücke in der Stadt H. Auf dem Grundstück des B, das dieser bereits seit 30 Jahren bewohnt, steht in direkter Nähe zur gemeinsamen Grundstücksgrenze eine etwas windschief in Richtung des Grundstücks der K geneigte Douglasie (ein Kieferngewächs). B pflanzte diese vor ca. 20 Jahren. Deren Äste ragen in einer Höhe von mindestens 3 m und durchschnittlich 5,4m auf das Grundstück der K und zwar genau im Bereich der Grundstückseinfahrt. K beschwert sich bei B darüber, dass jährlich ein halber Kubikmeter Nadeln und Zapfen von dieser Douglasie auf ihr Grundstück fallen und ihre Grundstückseinfahrt verunreinigen. K verlangt von B, die überhängenden Zweige und Äste der Douglasie zurückzuschneiden. B wehrt sich mit der Begründung, ein solcher Rückschnitt sei nach der von der Stadt H erlassenen Baumschutzsatzung verboten. K entgegnet, B könne – was zutrifft – mit Erfolg eine Ausnahmegenehmigung bei der Stadt beantragen. Außerdem stünden in der Wohngegend überall Bäume, die Nadeln und Zapfen verlören, ohne dass sich jemand hierüber aufrege. \n\n\n\n

Hat K gegen B den geltend gemachten Anspruch?\n\n\n\n


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Skizze\n\n\n\n\n\n
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Gutachten\n\n\n\n

Anspruch aus § 1004 I 1 BGB \n\n\n\n

K könnte einen Anspruch auf Rückschnitt der überhängenden Zweige und Äste aus § 1004 I 1 BGB haben.\n\n\n\n

A. Anspruch entstanden\n\n\n\n

Der Anspruch müsste zunächst entstanden sein. \n\n\n\n

I. Anspruchsteller= Eigentümer\n\n\n\n

K ist als Eigentümer des Grundstückes taugliche Anspruchstellerin.\n\n\nVernetztes Lernen: In welchen Fällen ist 1004 BGB anwendbar?

\n•\tDirekt: Eigentum (auch bei Miteigentum, § 1011 BGB)
\n•\tEntsprechend: Dienstbarkeiten,
§§ 1027, 1090 II BGB; Nießbrauch, § 1065 BGB; Pfandrecht, § 1227 BGB; Erbbaurecht, § 11 ErbbauRG
\n•\tAnalog: alle Rechte und Rechtsgüter des § 823 I (sog. quasi-negatorischer Beseitigungsanspruch)
\n\n\n\n\n

II. (fortdauernde) Eigentumsbeeinträchtigung\n\n\n\n

Das Eigentum der K müsste gem. § 1004 I 1 BGB in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt sein.\n\n\nVernetztes Lernen: Welche Fälle sind als Eigentumsbeeinträchtigung denkbar?

\nEs kommen insbesondere folgende Einwirkungen auf die Sache in Betracht:
\n•\tEinwirkung auf den Sachkörper (z.B. auch durch Zugangsbeschränkung)
\n•\tZuführung unwägbarer Stoffe (
§ 906 BGB) \/ Zuführung wägbarer Stoffe
\n•\tGefährdende Maßnahmen\/Einrichtungen auf dem Nachbargrundstück (
§§ 907 ff. BGB)
\n•\tGrds. nicht: ideelle Einwirkungen
\n•\tJe nach Ausmaß\/Einzelfall: Fotografien u.ä. Aufzeichnungen
[1]zur Übung: Stadler\/Klöpfer, „Drohnen über Schloss Sanssouci“; JA 2017, 90.