BGH, Urteil vom 14.10.2020 – VIII ZR 318/19 – BGH NJW 2021, 464
Sachverhalt
Am 4.7.2016 kaufte K bei V einen Gebrauchtwagen zum Preis von 63.000 Euro. Am gleichen Tag zahlte die K einen Betrag von 12.000 Euro an. Als Datum für die Abholung und die Zahlung des restlichen Kaufpreises vereinbarten K und V zunächst den 6.7.2016. Auf Wunsch der K verschoben die Parteien diesen Termin auf den 8.7.2016. An diesem Tag rief K bei V an und bat erneut um eine Verlegung des Abholtermins, da sie sich wegen eines Todesfalls im Ausland befinde und erst Ende nächste Woche (16./17.7.2016) wieder in Deutschland sei. V setzte K daraufhin eine Frist zur Abholung und Bezahlung bis Montag, den 11.07.2016, 15 Uhr, und eine teilte mit, andernfalls müsse er den PKW weiterverkaufen. Am Morgen des 11.7.2016 erkundigte sich V bei K und fragte nach, ob der Termin eingehalten werde, erhielt aber keine Antwort.
Am 13.7.2016 erklärte V den Rücktritt vom Kaufvertrag und behielt sich Schadensersatzansprüche ausdrücklich vor. K reagierte hierauf umgehend und kündigte an, sie werde den Wagen ab dem 18.7.2016 abholen. V lehnte dies ab, trat erneut vom Kaufvertrag zurück und behielt sich erneut Schadensersatzansprüche vor. Am 18.7.2016 verkaufte V den Wagen sodann an D zum Preis von 59.000 Euro. V informierte K über den Weiterverkauf und teilte ihr mit, er werde die Anzahlung abzüglich seines Schadens überweisen.
Mit anwaltlichen Schreiben vom 22.7.2016 teilte K mit, sie sehe keine „Kaufvertragsstörungen zu ihren Lasten“ als gegeben an und forderte den V sodann zur Rückzahlung der Anzahlung i. H. v. 12.000 Euro auf. Am 26.7.2016 bezifferte V seinen Schaden auf 4.000 Euro zahlte lediglich 8.000 Euro an K. In der Folge erhob K eine Zahlungsklage gegen V.
Hat K gegen V einen Anspruch auf Rückzahlung der restlichen 4.000 Euro?
Skizze
Gutachten
A. Anspruch aus §§ 346 I, 323 I 1 Alt. 1 BGB
K könnte gegen V einen Anspruch auf Zahlung von 4.000 Euro aus §§ 346 I, 323 I 1 Alt. 1 BGB haben.
I. Rücktrittserklärung
Dazu müsste ein wirksamer Rücktritt vorliegen. Für einen solchen bedarf es einer Rücktrittserklärung, § 349 BGB. Hier liegen gar zwei Rücktrittserklärungen des V am 13.7.2016 vor.
II. Rücktrittsgrund
Ferner müsste ein Rücktrittsgrund vorliegen. In Betracht kommt der Rücktrittsgrund des § 323 I 1 Alt. 1 BGB wegen nicht erbrachter Leistung.
1. Gegenseitiger Vertrag
Zwischen K und V bestand mit dem Kaufvertrag vom 4.7.2016 gem. § 433 BGB über den Gebrauchtwagen zum Preis von 63.000 Euro ein gegenseitiger Vertrag im Sinne des § 323 I 1 BGB.
2. Fällige Forderung des Gläubigers
Es müsste eine fällige Forderung des Gläubigers gegeben sein. V kann aus dem Kaufvertrag die Zahlung des Kaufpreises sowie die Abnahme des PKW verlangen. Die Fälligkeit richtet sich gem. § 271 I BGB vorrangig nach der Vereinbarung der Parteien. V und K legten die Fälligkeit zunächst auf den 4.7.2016 und sodann auf den 8.7.2016 fest. Jedenfalls war die Forderung des V damit am 13.7.2016 bereits fällig. Somit liegt eine fällige Forderung des Gläubigers V vor.
3. Nichtleistung
Diese Leistung hat K nicht erbracht und eine Nichtleistung i. S. d. § 323 I 1 Alt. 1 BGB ist damit gegeben.
4. Erfolgloser Ablauf einer Nachfrist oder Entbehrlichkeit
V müsste der K eine angemessene Nachfrist zur Nacherfüllung gesetzt haben und diese müsste erfolglos abgelaufen sein. V setzte der K eine Nachfrist bis zum 11.7.2016, 15 Uhr. Diese müsste jedoch auch angemessen gewesen sein. Die Angemessenheit beurteilt sich nach den Abreden der Parteien sowie nach den Umständen des Einzelfalls. [1]Ernst, in: MüKoBGB § 323 Rn. 72.
Dabei ist hier zu berücksichtigen, dass die vereinbarte Abholung und Zahlung am 8.7.2016 daran scheiterten, was V auch wusste, dass es in der Familie der K einen Todesfall im Ausland gab. Zugleich hatte K angekündigt, deswegen bis Ende der Woche, also bis zum Wochenende 16./17.7.2016, im Ausland bleiben zu müssen. Darüber hinaus gab es, auch im Hinblick auf die bereits geleistete Anzahlung i. H. v. ca. 19% der Gesamtsumme, keine besondere Eilbedürftigkeit, die es rechtfertigen könnte, eine solch kurze Frist über das Wochenende zu setzen. Die von V der K am 8.7.2016 – einem Freitag – bis Montag, 11.7.2016, 15:00 Uhr gesetzte Frist war damit nicht angemessen.
Anmerkung: Daten im SachverhaltEine unangemessen kurze Frist führt nicht zum gänzlichen Fehlen einer Frist, vielmehr setzt sie eine angemessene Frist in Gang. [2]BGH NJW 2016, 3654 Rn. 31; BT-Drs. 14/6040, S. 138. Die angemessene Nachfrist lief hier nach Mitteilung der K, wonach sie am Wochenende (16./17.7.2016) zurück sei und das Auto ab dem 18.07. abhole, mit Blick auch darauf, dass sich die Notwendigkeit für die Reise der Klägerin nach Marokko kurzfristig ergeben hatte und sie auch schon 12.000 EUR angezahlt hatte, jedenfalls bis zum 18.07.2016. [3]BGH NJW 2021, 464 Rn. 13; LG Köln BeckRS 2019, 50131, Rn. 19.
Diese Frist müsste bei Erklärung des Rücktritts auch bereits erfolglos abgelaufen sein. Die Rücktrittserklärungen des V erfolgten am 13.7.2016 und damit vor dem Ablauf der angemessenen Frist bis zum 18.7.2016.
Somit liegt kein erfolgloser Ablauf einer angemessenen Nachfristsetzung vor.
Die Nachfristsetzung war auch nicht, insb. nicht gem. § 323 II BGB entbehrlich.
Vernetztes Lernen: Muss für die Fristsetzung nachParagraph 281 Abs. 1 BGB ein konkreter Zeitpunkt genannt werden?
Argumente:
– Wortlaut: Dem Begriff der Fristsetzung lässt sich nicht entnehmen, dass die maßgebliche Zeitspanne nach dem Kalender bestimmt sein muss
– Sinn und Zweck: Dem Schuldner soll mit der Fristsetzung vor Augen geführt werden, dass er die Leistung nicht zu einem beliebigen Zeitpunkt bewirken kann, sondern dass ihm hierfür eine zeitliche Grenze gesetzt ist. Dies geschieht auch durch die Aufforderung zur „umgehenden“ Leistung.
– Systematik: Nach der etablierten Rspr. führt eine zu kurze Frist auch nicht zur Unwirksamkeit, sondern zum Beginn einer angemessenen Frist.
5. Zwischenergebnis
Somit sind die Voraussetzungen des Rücktrittsgrundes aus § 323 I 1 Alt. 1 BGB nicht gegeben. Weitere Rücktrittsgründe sind nicht ersichtlich.
III. Ergebnis
Somit hat K gegen V keinen Anspruch auf Zahlung von 4.000 Euro aus §§ 346 I, 323 I 1 Alt. 1 BGB.
B. Anspruch aus §§ 281 V, 346 I BGB
K könnte gegen V einen Anspruch auf Zahlung von 4.000 Euro aus §§ 281 V, 346 I BGB haben. Hiernach ist der Schuldner zur Rückforderung des Geleisteten nach §§ 346 ff. BGB berechtigt, wenn der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung verlangt.
I. Schadensersatzverlangen des V
Dazu müsste ein Verlangen des V, dass K Schadensersatz leistet, vorliegen. Ein solches ist gem. § 325 BGB auch neben einem Rücktritt möglich. V hat sich hier zweimal lediglich die Geltendmachung von Schadensersatz vorbehalten. Zwar ist es dem Gläubiger grundsätzlich möglich, die Nachfristsetzung mit der Erklärung zu verbinden, dass er nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist auf Schadensersatz übergehe. Eine solche Erklärung hätte die Wirkung, dass der Gläubiger sich schon im Zeitpunkt der Fristsetzung festlegt, keine Erfüllung mehr zu begehren (§ 281 IV BGB), sondern sogleich auf den Sekundäranspruch überzugehen. Doch das bloße Vorbehalten der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen stellt keine solche Festlegung und damit auch kein Schadensersatzverlangen i. S. d. § 281 V BGB dar. [4]Schwab, JuS 2021, 547, 548.
Anmerkung: HilfsgutachtenIII. Berechtigtes Schadensersatzverlangen
Überdies könnte es -im Rahmen einer hilfsgutachterlichen Prüfung- an einem berechtigten Schadensersatzverlangen fehlen. Ob ein solches für § 281 V BGB erforderlich ist, ist fraglich.
Dagegen könnte der Wortlaut des § 281 V BGB sprechen, der lediglich auf ein Verlangen des Gläubigers abstellt und sich nicht zu einer diesbezüglichen Berechtigung verhält.
Allerdings ist im Rahmen der Auslegung auch der systematische Kontext des § 281 V BGB in den Blick zu nehmen. Hiernach enthalten die Absätze 1- 3 des § 281 BGB die Voraussetzungen, unter denen Schadensersatz statt der Leistung verlangt werden kann und die Absätze 4 und 5 die Rechtsfolgen eines entsprechenden Verlangens. Daher war es gesetzgeberisch nicht notwendig in Absatz 5 auf ein berechtigtes Verlangen abzustellen. [5]BGH NJW 2021, 464 Rn. 17.
Dies wird auch durch den Telos der Norm gestützt. § 281 IV und V BGB bezwecken, dass der Gläubiger bei Vorliegen der Voraussetzung der § 281 I – III BGB weiterhin Erfüllung verlangen kann. [6]vgl. BT-Drs. 14/6040, 140. Erst wenn er von seiner Befugnis zur Geltendmachung von Schadensersatz Gebrauch macht, ist der Erfüllungsanspruch ausgeschlossen (§281 IV BGB) und es entsteht ein Rückgewährschuldverhältnis (§ 281 V BGB). Dies schützt auch den Schuldner, der ab diesem Zeitpunkt nicht mehr mit einem Erfüllungsverlangen rechnen muss. Demgegenüber wäre es nicht interessengerecht, dass der Gläubiger seinen Erfüllungsanspruch verliert, wenn ihm – mangels Vorliegen der Voraussetzungen – im Gegenzug auch kein Schadensersatzanspruch zusteht. [7]BGH NJW 2021 464 Rn. 20.
Dem Schuldner ist seinerseits auch zumutbar, die Berechtigung des Schadensersatzverlangens zu prüfen, ein solches ggf. zurückzuweisen und Erfüllung der Leistungspflicht vom Gläubiger zu verlangen. Im Fall der Nichtleistung könnte der Schuldner sodann seinerseits Schadensersatz verlangen oder bzw. vom Vertrag zurücktreten. [8]BGH NJW 2021 464 Rn. 21.
Dieses Ergebnis wird gestützt durch die Gesetzesbegründung, welche auf die Ausübung des Rücktrittsrechts gem. § 323 I BGB verweist, die ebenfalls den Leistungsanspruch ausschließe [9]BT-Drs. 14/6040, 140. Bei diesem ist es allgemein anerkannt, dass diese Wirkungen nur dann eintreten, wenn die Voraussetzungen des Rücktrittsrechts zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung (§ 349 BGB) vorlagen. [10]BGH NJW 2021 464 Rn. 25.
Dementsprechend heißt es auch in der Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrats zum wortlautidentischen späteren Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Modernisierung des Schuldrechts ausdrücklich, dass nur ein dem Grunde nach berechtigtes Verlangen zum Wegfall des Erfüllungsanspruchs führen könne (§ 281 IV BGB). [11]BT-Drs. 14/6857, 50. Für das Rückforderungsrecht aus § 281 V BGB kann danach nichts anderes gelten. [12]BGH NJW 2021, 464, Rn. 26.
Anmerkung: GesetzesbegründungDaher ist für eine Rückforderung aus § 281 V, 346 I BGB ein berechtigtes Schadensersatzverlangen erforderlich. Dies bedeutet, dass V zumindest dem Grunde nach einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gem. § 280 I, III, 281 I 1 BGB haben müsste. Dazu müsste er der K insb. gem. § 281 I 1 BGB eine angemessene Nachfrist gesetzt haben oder eine solche müsste entbehrlich gewesen sein. Die der K am 8.7.2016 gesetzte Frist zur Abholung und Bezahlung des Fahrzeugs bis 11.7.2016 war unangemessen kurz und hat lediglich eine angemessene Frist in Lauf gesetzt. Diese war zum Zeitpunkt des Weiterverkaufs am 18.7.2016, als V das Fahrzeug anderweitig verkaufte, noch nicht abgelaufen. Stattdessen hat V bereits am 13.7.2016 den Rücktritt und sich mit einer Abholung durch K ab dem 18.7.2016 nicht einverstanden erklärt. Damit liegt kein fruchtloser Ablauf einer angemessenen Nachfrist vor. [13]BGH NJW 2012, 464 Rn. 28. Eine Nachfristsetzung war auch nicht gem. § 281 II BGB entbehrlich. Damit war das Schadensersatzverlangen des V nicht berechtigt.
III. Ergebnis
Somit hat K gegen V keinen Anspruch auf Zahlung von 4.000 Euro aus §§ 281 V, 346 I BGB.
C. Anspruch aus §§ 346 I, 323 I 1 Alt. 1 BGB
K könnte jedoch gegen V einen Anspruch auf Zahlung von 4.000 Euro aus §§ 346 I, 323 I 1 Alt. 1 BGB haben. K könnte ihrerseits wirksam von dem Kaufvertrag zurückgetreten sein und so ein Rückgewährschuldverhältnis begründet haben.
Anmerkung: AufbauI. Anspruch entstanden
Der Anspruch müsste zunächst entstanden sein.
1. Rücktrittserklärung
Es müsste eine Rücktrittserklärung der K vorliegen, § 349 BGB. Für eine solche muss nicht ausdrücklich der „Rücktritt“ erklärt werden. Vielmehr ist auch eine konkludente Erklärung möglich. [15]Stadler, in: Jauernig BGB, § 349 Rn. 1. Ob ein schlüssiges Verhalten als eine – hier zur Rückabwicklung des Vertrags führende– Willenserklärung zu werten ist, bestimmt sich nach den für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Maßstäben. Hiernach kommt es entscheidend darauf an, wie das Verhalten objektiv aus der Sicht des Erklärungsgegners zu verstehen ist. Maßgeblich ist danach, wie V das Verhalten der K objektiv deuten musste, mithin ob er dieses als Rücktrittserklärung aufzufassen hatte. [16]vgl. BG NJW 202, 464 Rn. 32.
Hier hat sich K nicht gegen den anderweitigen Verkauf durch V gewehrt und weiterhin Erfüllung verlangt. Dabei ist sie bereits in dem vorgerichtlichen Anwaltsschreiben vom 22.7.2016 davon ausgegangen, dass keine „Kaufvertragsstörungen zu ihren Lasten“ vorlägen und damit, dass dem V keine Schadensersatzansprüche zustünden. Dennoch hat sie nicht die Erfüllung des Vertrags, sondern nur die Rückzahlung der geleisteten Anzahlung gefordert. Vor diesem Hintergrund konnte V die sodann folgende Klageerhebung der K nur so verstehen, dass sie den V nicht als zum Rücktritt berechtigt ansieht, sie ihrerseits aber an dem Vertrag nicht mehr festhalten wollte und nur noch dessen Rückabwicklung durch Rückzahlung der geleisteten Anzahlung begehrte. Dies entspricht rechtlich einen Rücktritt seitens der K. [17]vgl. BGH NJW 2021, 464 Rn. 34.
Somit liegt eine (schlüssige) Rücktrittserklärung der K vor.
2. Rücktrittsgrund
Ferner müsste die K auch zum Rücktritt berechtigt gewesen sein.
Es müsste eine Nichtleistung trotz Fälligkeit vorliegen. V hat seine aus dem Kaufvertrag folgende Plicht zur Übergabe und Übereignung des PKW trotz Fälligkeit am 8.7.2016 nicht erfüllt.
Eine Fristsetzung seitens der K liegt nicht vor. Allerdings könnte eine solche gem. § 323 II Nr. 1 BGB entbehrlich sein. Dies ist der Fall, wenn wenn der Schuldner die Leistung endgültig und ernsthaft verweigert. Dies setzt voraus, dass er unmissverständlich und eindeutig zum Ausdruck bringt, dass er seinen Vertragspflichten unter keinen Umständen nachkommen werde. [18]Ernst, in: MüKoBGB, § 323 Rn. 101. Hier ist V unberechtigterweise vom Vertrag zurückgetreten und hat das Fahrzeug an einen Dritten verkauft und dies der K mitgeteilt. Hieraus ergab sich eindeutig, dass V zur Übereignung und Übergabe des Pkw an K unter keinen Umständen mehr bereit war und sich endgültig von seinen vertraglichen Pflichten lossagen wollte.
3. Rechtsfolge
Als Rechtsfolge haben die Parteien die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. V hat seinerseits noch keine Leistung erbracht. K hat hingegen bereits eine Anzahlung von 12.000 Euro gezahlt, sodass diese grds. von V zurückzuzahlen sind.
4. Zwischenergebnis
Somit ist der Anspruch der K aus § 346 I, 323 I 1 Alt. 1 BGB gar in Höhe von 12.000 Euro entstanden.
II. Anspruch nicht untergegangen
Dieser Anspruch dürfte auch nicht untergegangen sein.
1. Erfüllung
V hat bereits 8.000 Euro an K auf ihr Rückzahlungsverlangen hin gezahlt. In dieser Höhe ist der Anspruch der K durch Erfüllung gem. § 362 I BGB untergegangen.
Vernetztes Lernen: Welche Rechtsnatur hat die Erfüllung gem. Paragraph 362 I BGB?Kritik: Der Wortlaut des § 362 I BGB spricht allein von einem Bewirken, nicht von einer Einigung.
– a. A.: Nach der Theorie der finalen Leistungsbewirkung reicht eine Tilgungsbestimmung des Leistenden als subjektives Element aus.
Kritik: Systematik – aus § 366 II BGB lässt sich schließen, dass eine Erfüllung auch ohne Zweck- bzw. Tilgungsbestimmung des Leistenden eintritt.
– h. M.: Nach der Theorie der realen Leistungsbewirkung genügt das tatsächliche Bewirken ohne subjektive Anforderungen.
Problem der h. M.: An den Minderj. könnte erfüllt werden, obwohl dadurch Ansprüche untergehen und deshalb ein rechtlicher Nachteil entsteht. Lösung über das Kriterium der „Empfangszuständigkeit“, welche dem Minderj. fehlt. Eine Eigentumsübertragung gelingt hingegen, da sie rechtlich vorteilhaft ist. Folge: Der Leistende ist auf eine Leistungskondiktion mit dem Risiko der Entreicherung verwiesen.
2. Aufrechnung
Der Anspruch könnte zudem durch eine Aufrechnung des V gem. § 389 BGB in Höhe von 4.000 Euro untergegangen sein. Für die dazu u.a. gem. § 387 BGB erforderliche Aufrechnungslage fehlt es allerdings an einer Gegenforderung des V. V hat gegen K keinen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus §§ 280 I, III, 281 I 1 Alt. 1 BGB, da er -wie gezeigt- nicht den Ablauf einer angemessenen Nachfrist abgewartet hat und diese auch nicht entbehrlich war. [19]siehe B. II.
3. Zwischenergebnis
Somit ist der Anspruch der V in Höhe von 4.000 Euro auch nicht untergegangen.
III. Anspruch durchsetzbar
Dieser Anspruch ist auch durchsetzbar.
IV. Ergebnis
Somit hat K gegen V einen Anspruch auf Zahlung von 4.000 Euro aus §§ 346 I, 323 I 1 Alt. 1 BGB.
Zusatzfrage
A und B haben einen Kaufvertrag über eine Uhr des B geschlossen. A soll für die Uhr 2000 Euro bezahlen. Am vereinbarten Übergabe- und Zahlungstag taucht B am vereinbarten Treffpunkt nicht auf. A fordert B daraufhin erfolglos zur Leistung binnen einer angemessenen Frist von 2 Wochen auf. B leistet dennoch nicht. A verlangt von B sodann Schadensersatz statt der Leistung in Höhe von 1000 Euro, da er die Uhr für 3000 Euro sicher an C hätte weiterverkaufen können. Eine Woche später verlangt A jedoch wieder die Übergabe und Übereignung der Uhr, da er diese nun doch für sich selbst behalten möchte. Zu Recht?A hat gegen B keinen Anspruch auf Übergabe und Übereignung der Uhr aus § 433 I BGB.
Beachtet in diesem Kontext aber unbedingt das Urteil des BGH vom 09.11.2017 – IX ZR 305/16, NJW 2018, 786 (Corarchiv-Fall): 1. Auch für einen Anspruch aus § 985 BGB kann mit §§ 255, 259 ZPO vorgegangen werden. 2. Damit der Kläger nicht wegen § 281 IV BGB mit Fristablauf automatisch seinen Erfüllungsanspruch verliert, kann er den Schadensersatzantrag (3. Antrag) unter die Bedingung eines nach Fristablauf erklärten Schadensersatzverlangens stellen.
Zusammenfassung:
1. Die Rechtswirkungen eines Schadensersatzverlangens nach § 281 IV und V BGB treten nur ein, wenn die Voraussetzungen des § 281 I–III BGB vorliegen.
2. An dem auch für ein Schadensersatzverlangen nach § 281 IV und V BGB erforderlichen fruchtlosen Ablauf einer angemessenen Frist zur Leistung fehlt es, wenn der Gläubiger während des Laufs der von ihm gesetzten Frist seinerseits vom Vertrag zurücktritt und damit zeigt, dass er an seiner Leistungsaufforderung nicht mehr festhält und auch zur eigenen Mitwirkung nicht mehr bereit ist.
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