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Nachbar- oder Grenzwand
BGH, Urteil vom 12.11.2021 – V ZR 25/21; NJW-RR 2022, 301

Sachverhalt

(abgewandelt und gekürzt)

K ist Eigentümer eines Grundstücks, auf dem ein Reihenhaus steht. B ist Eigentümer des angrenzenden Grundstücks, welches ebenfalls mit einem Reihenhaus bebaut ist. Die jeweiligen Außenmauern der beiden Gebäude sind durch eine Fuge getrennt. Dadurch lassen sich die Mauerschalen eindeutig jeweils einem der beiden Gebäude zuordnen. Auch erfüllen die Mauern jeweils für sich die Erfordernisse der Statik des zugehörigen Gebäudes. Für den Bau des Reihenhauses des B wurde die Hauswand des dem K gehörenden Gebäudes bautechnisch also nicht in Anspruch genommen. Die gesamte Wohnanlage wurde ursprünglich von einem einheitlichem Bauträger errichtet. Die Reihenhäuser sind leicht versetzt angeordnet. Dadurch ragt die Außenwand des Hauses des K über das Haus des B hinaus. Zudem  überschreitet sie teilweise die Grundstücksgrenze zu dem Grundstück des B.

An dem freiliegenden Teil der Außenwand des Hauses des K bohrte B auf seiner Seite Löcher in die Wand, um dort einen Kabelkanal zu befestigen, damit er seinen Markisenmotor mit Strom versorgen kann. K ist hiermit ganz und gar nicht einverstanden und verlangt von B, den ursprünglichen Zustand der Wand wiederherzustellen, d.h. die Stromleitung nebst Kabelkanal zu entfernen sowie die Bohrlöcher zu verschließen und zu überstreichen.

Zu Recht?


Skizze


Gutachten

Anspruch aus § 1004 I 1 BGB

K könnte einen Anspruch auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands der Wand, konkret auf die Entfernung der Stromleitung nebst Kabelkanal, die Verschließung sowie die Überstreichung der Bohrlöcher aus § 1004 I 1 BGB haben.

Vernetztes Lernen: In welchen Fällen ist 1004 BGB anwendbar?
• Direkt: Eigentum (auch bei Miteigentum, § 1011 BGB)
• Entsprechend: Dienstbarkeiten, §§ 1027, 1090 II BGB; Nießbrauch, § 1065 BGB; Pfandrecht, § 1227 BGB; Erbbaurecht, § 11 ErbbauRG
• Analog: alle Rechte und Rechtsgüter des § 823 BGB (sog. quasi-negatorischer Beseitigungsanspruch)

I. Eigentumsbeeinträchtigung

Das Eigentum der K müsste gem. § 1004 I 1 BGB in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt sein. Eine solche Beeinträchtigung könnte hier darin liegen, dass B Löcher in die Wand bohrte, um einen Kabelkanal anzubringen. Ob es sich hierbei um eine Eigentumsbeeinträchtigung i.S.d § 1004 I 1 BGB handelt, hängt von der Einordnung der streitgegenständliche Wand ab.

Vernetztes Lernen: Welche Fälle sind als Eigentumsbeeinträchtigung denkbar?
Es kommen insbesondere folgende Einwirkungen auf die Sache in Betracht:
• Einwirkung auf den Sachkörper (z.B. auch durch Zugangsbeschränkung)
• Zuführung unwägbarer Stoffe (§ 906 BGB) / Zuführung wägbarer Stoffe
• Gefährdende Maßnahmen/Einrichtungen auf dem Nachbargrundstück (§§ 907 ff. BGB)
• Grds. nicht: ideelle Einwirkungen
• Je nach Ausmaß/Einzelfall: Fotografien u.ä. Aufzeichnungen [1]zur Übung: Stadler/Klöpfer, „Drohnen über Schloss Sanssouci“; JA 2017, 90.

Daneben ist auch ein Eingriff in die Rechtsposition möglich, etwa durch:
• Behinderung des Besitzes (Achtung: bei vollständiger Besitzentziehung ist § 985 BGB anwendbar und § 1004 BGB kommt nicht in Betracht!)
• Rechtsanmaßung

1. Beeinträchtigung der Rechte des K aus § 922 S. 1, S. 3 BGB

Eine Eigentumsbeeinträchtigung könnte vorliegen, wenn es sich bei der Hauswand des Gebäudes des K um eine gemeinsame Grenzeinrichtung (sog. Nachbarwand) handelt und die Nutzung des B in Form des Anbringens des Kabelkanals die dem K zustehenden Rechte als Teilhaber an dieser nach § 922 S. 1, S. 3 BGB beeinträchtigt.

Anmerkung: Schwierigkeitsgrad
An dieser Stelle nicht mit einer Eigentumsprüfung zu beginnen, sondern auf § 922 BGB abzustellen, stellt sicherlich eine besondere Schwierigkeit in diesem Fall dar. Gleichwohl wird nur so der Weg in die folgende Abgrenzung sauber ermöglicht. Hier ist also die Kenntnis der Rechtsprechung – wie so häufig – ein echter Vorteil in der Klausur.

a) Gemeinsame Grenzeinrichtung, § 921 BGB

Es müsste sich dafür zunächst bei der Hauswand des im Eigentum des K stehenden Gebäudes um eine gemeinsame Grenzeinrichtung gem. § 921 BGB handeln. Es müsste eine Einrichtung vorliegen, die zwei Grundstücke tatsächlich trennt und dem Vorteil beider dient. [2]BeckOK BGB/Fritzsche, 63. Ed. 1.8.2022, BGB § 921 Rn. 2 Dabei sind Gebäude oder Gebäudeteile, auch mit Blick auf die in § 921 BGB exemplarisch genannten Einrichtungen, grundsätzlich keine Grenzeinrichtungen i.S.d. Norm. Eine Ausnahme hiervon bildet die sog. Nachbarwand. Eine Nachbarwand ist eine auf der gemeinsamen Grundstücksgrenze errichtete Mauer, die zum wechselseitigen Anbau bestimmt ist. [3] BGH NJW-RR 2021, 401 Rn. 21; BGH NJW-RR 2021, 1025 Rn. 9, 13; BGH NJW-RR 2022, 301 Rn. 13.

Ein Anbau in diesem Sinne liegt allerdings nur dann vor, wenn die Mauer dadurch auch zu einem wesentlichen Bestandteil des an ihr errichteten Nachbargebäudes wird. Nur dann handelt es sich um eine Nachbarwand, die zur gemeinsamen Grenzeinrichtung wird und an der die Nachbarn Miteigentum erwerben, sobald ein Anbau auf beiden Seiten und im Einverständnis beider Nachbarn erfolgt. [4]BGH NJW-RR 2021, 1025 Rn. 13, 19; BGHb NJW-RR 2022, 301 Rn. 14.

Nach § 94 II BGB müsste die Wand eine zur Herstellung des Gebäudes eingefügte Sache sein. Erforderlich ist eine unmittelbaren, technische Inanspruchnahme der Mauer für bauliche Zwecke des Nachbarhauses, etwa durch Auflegen oder Einlassen von Tragebalken in dieselbe. Ein bloßes Nebeneinander beider Baukörper reicht nicht aus. Für eine Einordnung als wesentlicher Bestandteil nach § 93 BGB wäre wiederum notwendig, dass das Nachbargebäude ohne die Mauer an so schwerwiegenden Mängeln litte, dass es seine Selbstständigkeit ein für alle Mal einbüßte. Dies ist vor allem dann anzunehmen, wenn das Nachbarhaus ohne die Mauer keine Standsicherheit besäße [5]BGH NJW-RR 2022, 301 Rn.15.

Anhand dieses Maßstabs ist von der bloßen Grenzwand abzugrenzen, wobei an dieser Stelle unbeachtlich ist, ob diese bis an die Grundstücksgrenze gebaut ist oder diese gar überschreitet. Entscheidend ist, ob nach den oben genannten Kriterien eine bautechnischen Inanspruchnahme vorliegt, die es rechtfertigt, dass der Bestandsschutz aus § 922 S. 3 BGB greift. [6]BGH NJW-RR 2022, 301 Rn.17.

Hier sind die Außenmauern der beiden Gebäude durch eine Fuge getrennt und die Mauerschalen eindeutig dem jeweiligen Gebäude zuzuordnen. Beide Mauern erfüllen für sich genommen die Anforderungen der Statik. Damit liegt eine bautechnische Inanspruchnahme der Mauer des Gebäudes des K für das Gebäude des B nicht vor. Es ist auch nicht ersichtlich, dass das Gebäude des B ohne die Mauer an schwerwiegenden Mängeln leiden würde. Es handelt sich bei der Mauer daher weder nach § 93 BGB noch nach § 94 II BGB um einen wesentlichen Bestandteil des von B genutzten Gebäudes.

Somit liegt keine gemeinsame Grenzeinrichtung gem. § 921 BGB vor.

b) Zwischenergebnis

Damit ist K auch nicht in seinen Rechten aus § 922 S. 1, S. 3 BGB verletzt.

2. Eigentumsbeeinträchtigung an Grenzwand

Es könnte sich jedoch stattdessen um eine im Alleineigentum des K stehende Grenzwand und daher beim Anbringen des Kabelkanals durch B um eine Eigentumsbeeinträchtigung handeln. Eine Grenzwand steht grds. im Eigentum des Grundstückseigentümers, auf dem das Grundstück steht (sog. Akzessionsprinzip). [7]Schrader, JA 2022, 777, 778.

Problematisch könnte sein, dass die Wand nicht vollständig auf dem Grundstück des K steht, sondern vielmehr teilweise die Grundstücksgrenze überschreitet, sog. verrutschte Grenzwand. Damit handelt es sich um einen Überbau, also die Errichtung eines Gebäudes über die Grundstücksgrenzen hinweg auf ein Nachbargrundstück, i.S.d § 912 BGB.

Ein Überbau kann berechtigt oder unberechtigt bzw. entschuldigt oder unentschuldigt sein. Hat der betroffene Nachbar dem Überbau in irgendeiner Weise wirksam zugestimmt, liegt ein berechtigter Überbau vor, der keinen Eingriff in das Eigentum an dem betroffenen Grundstück darstellt. [8]BeckOK BGB/Fritzsche, 63. Ed. 1.8.2022, BGB § 912 Rn. 3 Wenn dies der Fall ist, steht die Grenzwand im Eigentum des Gebäudeeigentümers und das Akzessionsprinzip wird vom sog. Prinzip des Gebäudezusammenhangs abgelöst. [9]Schrader, JA 2022, 777, 778.

Maßgeblich für die Frage der Berechtigung des Überbaus ist der Zeitpunkt der Errichtung der Gebäude. Ursprünglich wurden beide Gebäude, gar die gesamte Wohnanlage von einem Bauträger gebaut. Damit standen die Gebäude des K und das Gebäude des B in dessen Eigentum und der Überbau erfolgte damit zwangsläufig mit Einverständnis des jeweils am Grundstück Berechtigten.

Damit liegt ein entschuldigter bzw. berechtigter Überbau vor. Die Grenzwand steht damit im Alleineigentum des K. Folglich stellt die Substanzbeeinträchtigung in Form der Bohrlöcher und des Anbringens des Kabelkanals eine Eigentumsbeeinträchtigung gem. § 1004 I 1 BGB dar.

Diese besteht auch gegenwärtig noch und dauert damit fort. [10]zur Voraussetzung des Fortdauerns siehe: Fritzsche, in: BeckOK BGB, 55. Ed.,§ 1004 Rn. 55.

3. Zwischenergebnis

Eine Eigentumsbeeinträchtigung liegt gem. § 1004 I 1 BGB vor.

III. Störer

A müsste Störer i.S.d. § 1004 I 1 BGB sein. Die Vorschrift erfasst dabei sowohl Handlungs- als auch Zustandsstörer.[11]Raff, in: MüKo BGB, 8. Aufl., § 1004 Rn. 157. Handlungsstörer ist, wer eine Beeinträchtigung durch eine eigene Handlung oder pflichtwidrige Unterlassung adäquat kausal verursacht. [12]BGH NZM 2019, 893 Rn. 25 ff. mwN. B hat durch Anbringen des Kabelkanals die Eigentumsbeeinträchtigung bei K adäquat kausal verursacht. Somit ist B Handlungsstörer, mithin Störer i.S.d. § 1004 I 1 BGB.

Anmerkung: Störerbegriff
Im Rahmen des Störerbegriffs des § 1004 BGB ist die Meinungsvielfalt „nahezu erschreckend“[13]Fritzsche, in: BeckOK BGB, 55. Ed., § 1004 Rn. 15.. In der Klausur ist in einer solchen Konstellation nicht auf die unterschiedlichen Meinungen einzugehen. Man kann sich an den bekannten Kategorien des Handlungs- und Zustandsstörers orientieren. Gerade im vorliegenden Fall kann der Punkt kurz gehalten werden.

IV. Rechtswidrigkeit bzw. keine Duldungspflicht, § 1004 II BGB

Die Eigentumsbeeinträchtigung müsste auch rechtswidrig sein. Es dürften keine Rechtfertigungsgründe gegeben sein. Ein solcher könnte jedoch in Form einer Duldungspflicht der K gem. § 1004 II BGB vorliegen.

Vernetztes Lernen: Woraus können sich Duldungspflichten insb. ergeben?
• aus Vertrag, z.B. Miete oder Pacht
• aus beschränkt dinglichen Rechten, z.B. Nießbrauch, Dienstbarkeit
• aus Gesetz, z.B. § 227 BGB; § 904 BGB, § 906 BGB, § 912 BGB, § 917 BGB
• je nach Einzelfall aus einem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis i.V.m. § 242 BGB
• aus dem öffentlichen Recht, z.B. § 14 BImSchG, § 76 TKG

In Betracht kommt hier lediglich eine Duldungspflicht des K aus dem nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis i.V.m. § 242 BGB. Dabei ist aber zu beachten, dass die §§ 905 ff. BGB an sich bereits ein dezidiertes Regelungssystem für das Verhältnis von Nachbarn darstellen. Eine allgemeine Rücksichtnahmepflicht, die hierüber hinaus geht, soll daher nur dann greifen, wenn ein billiger Ausgleich der widerstreitenden Interessen der die gesetzlichen Regelungen hinaus dringend geboten erscheint. [14]BGH NJW 2020, 607 Rn. 21; BGH NJW-RR 2022, 301 Rn. 22. Hierfür bestehen bei K und B keine Anhaltspunkte. Weder ist dargelegt, dass B auf die Mitnutzung der Wand zwingend angewiesen ist, noch ist das Verhalten des K als schikanös anzusehen. [15]vgl. BGH NJW-RR 2022, 301 Rn. 22. Damit hat K die Eigentumsbeeinträchtigung durch B nicht aufgrund des nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses i.V.m. § 242 BGB zu dulden, diese ist damit rechtswidrig.

V. Rechtsfolge

Der Anspruch auf Beseitigung der Eigentumsbeeinträchtigung aus § 1004 I 1 BGB umfasst die Herstellung des ursprünglichen Zustands der Wand, d.h. hier muss B die Stromleitung nebst Kabelkanal entfernen sowie die Bohrlöcher verschließen und überstreichen.

VI. Ergebnis

Somit hat K gegen B den Anspruch auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands der Wand aus § 1004 I 1 BGB.

Zusatzfragen

Abwandlung: Angenommen, es handele sich hier um eine Nachbarwand, wäre B dann zu der Nutzung der Wand in Form des Anbringens des Kabelkanals berechtigt gewesen?
Eine Nachbarwand kann grds. von beiden Nachbarn in Richtung auf ihr jeweiliges Grundstück im Rahmen ihres Zwecks benutzt werden. [16]BGH NJW-RR 2021, 1025 Rn. 13. § 922 BGB zieht die Grenze hier bei der Beeinträchtigung der Mitbenutzung durch den anderen Nachbarn. Dies wäre insbesondere bei derartiger Substanzbeschädigung, dass etwa die Gefahr von Feuchtigkeitsschäden bestünde oder die Stabilität der Wand beeinträchtigt wäre. Dies ist hier nicht der Fall. Zudem kann K die Wand in Richtung auf sein Grundstück weiterhin nutzen. Bei einer insb. optischen Veränderung der Grenzeinrichtung besteht ein Beseitigungs- und Wiederherstellungsanspruch nur bei einer wesentlichen Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes. [17]BGH NJW-RR 2022, 301 Rn. 10. Eine solche ist hier durch das Anbringen des Kabelkanals auf der in Richtung des Grundstück des B freiliegenden Seite der Wand nicht ersichtlich. Somit war B zum Anbringen des Kabelkanals berechtigt und K hat keinen diesbezüglichen Beseitigungsanspruch aus § 1004 I 1 BGB.
Auf dem Grundstück des A kommt es ohne dessen Verschulden zu einem Wasserrohrbruch , der auf dem Grundstück der B zu einer Überschwemmung führt. Als B dies erfährt, ist das Rohr bereits abgedichtet und das Wasser versickert. Welche Ansprüche hat B gegen A?
B könnte gegen A einen Anspruch auf Beseitigung der durch den Wasserrohrbruch bewirkten Überschwemmung gem. § 1004 I 1 BGB haben. Die Wasserzufuhr greift in den Zuweisungsgehalt des Eigentums ein. A ist Zustandsstörer. Es besteht keine Duldungspflicht gem. § 906 I 1 BGB, da es sich bei Wasser um einen wägbaren Stoff handelt. Jedoch dauert die Eigentumsbeeinträchtigung nicht mehr fort, da das Wasser bereits versickert ist. Für einen Anspruch aus § 1004 I 1 BGB verbleibt somit kein Raum mehr. [18]JuS 2016, 591, 594.
B hat keinen Anspruch gegen A aus § 823 BGB, da A den Wasserrohrbruch nicht zu verschulden hatte. Für einen Anspruch aus § 836 BGB fehlt es an der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht.
B könnte einen Entschädigungsanspruch aus § 906 II 2 BGB haben. Dazu müsste B die Beeinträchtigung zu dulden haben. Dies ist jedoch mangels Anwendbarkeit des § 906 I 1 BGB hier nicht der Fall. B hätte vielmehr den Beseitigungsanspruch gem. § 1004 I 1 BGB geltend machen können. Jedoch war er dazu nicht rechtzeitig in der Lage, womit er faktisch zur Duldung verpflichtet war. In diesen Fällen des sog. faktischen Duldungszwangs wendet die Rechtsprechung § 906 II 2 BGB analog an. Dieser gewährt entsprechend den Grundsätzen der Enteignungsentschädigung einen angemessenen Ausgleich in Geld. [19]zur Vertiefung: Rachlitz/Ringshandl, JuS 2011, 970. Somit hat B gegen A einen Ausgleichanspruch aus § 906 II 2 BGB analog.

Zusammenfassung:
1. Werden Reihen- oder Doppelhäuser durch einen zweischaligen Wandaufbau, also durch zwei separate Wände ohne gegenseitige technische Inanspruchnahme getrennt, handelt es sich nicht um eine Nachbarwand i.S.d. § 921 BGB, sondern um zwei Grenzwände. Hierfür ist unbeachtlich, ob die Grundstücksgrenze eine oder beide Wände schneidet und insoweit ein Überbau vorliegt.
2. Bei einem Überbau ist für die Eigentumsverhältnisse und den Anspruch aus § 1004 BGB entscheidend, ob der Überbau berechtigt oder unberechtigt stattgefunden hat.


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