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Minderwert statt Mangelbeseitigung

BGH, Urteil vom 25.05.2023 – V ZR 134/22, NJW 2023, 2484

Sachverhalt

(erheblich abgewandelt)

K erwarb von der B auf Grundlage eines notariellen Kaufvertrages vom 05.07.2022 ein mit einem Haus bebautes Grundstück für 469.300 €. Die den Vertragsabschluss vermittelnde Maklerin händigte dem K ein Exposé aus, das als Anlage 1 zum notariellen Kaufvertrag mitbeurkundet wurde und in dem das Haus wie folgt angeboten wurde: „Das Haus verfügt bereits über eine Wohnfläche von insgesamt 240 m2. Der Dachboden (Spitzboden) ist ohne Vornahme größerer Umbauten zum Ausbau geeignet, sodass sich die Wohnfläche um weitere 80 m2 erweitern lässt.“

Nach Abschluss des Eigentumserwerbs plante K das Haus zu renovieren und in diesem Zuge auch den Dachboden auszubauen. Die von ihr beantragte Baugenehmigung für Umbau und Sanierung des Hauses inklusive Ausbaus des Spitzbodens zu Wohnraum wurde jedoch mit der Nebenbestimmung erteilt, dass der Spitzboden wegen Fehlens eines zweiten Rettungswegs nicht als Aufenthaltsraum geeignet und bestimmt sei. 

Nachdem K die B erfolglos zur Behebung der fehlenden Eignung des Dachbodens zum Ausbau in Wohnraum binnen einer angemessenen Frist aufgefordert hat, verlangt er nunmehr Schadensersatz zum Ausgleich des sich aus der fehlenden Genehmigung des Spitzbodens zu Wohnzwecken ergebenden Minderwerts des Hauses i.H.v. 54.000 €. B hält dem entgegen, dass K allenfalls ein Schadensersatz in Höhe der Kosten für die Einrichtung eines zweiten Fluchtweges (11.000 €) zustünde. Dem hält K entgegen, dass die Genehmigung der Errichtung eines zweiten Fluchtweges – was zutrifft – zwar überwiegend wahrscheinlich, jedoch nicht sicher sei.

Hat K gegen B einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung in Höhe von 54.000 €?

Bearbeitervermerk: Gehen Sie in Ihrer Bearbeitung davon aus, dass sowohl der Betrag der Wertminderung als auch der zur Errichtung eines zweiten Fluchtweges erforderliche Betrag korrekt angegeben sind. Gehen Sie ferner davon aus, dass die Einrichtung eines zweiten Fluchtweges baulich möglich ist, jedoch einen erheblichen Aufwand erfordert. Auf Normen des Bauordnungsrechts ist nicht einzugehen.

Anmerkung: Sachverhaltsänderungen

Der Sachverhalt wurde erheblich abgeändert, um Themen ohne Examensrelevanz aus dem Fall herauszuhalten.

In dem tatsächlichen Rechtsstreit erwarb K kein mit einem Haus bebautes Grundstück, sondern einen 190/1000 Miteigentumsanteil und Sondereigentum an einer Dachgeschosswohnung. Dies wurde hier abgeändert, um nicht examensrelevante Probleme aus dem Bereich des WEG zu umgehen.

Da hier keine WEG vorliegt, war auch eine weitere Abänderung des Sachverhalts erforderlich: Die Unsicherheit der Möglichkeit der Errichtung eines zweiten Fluchtweges ergab sich im Ausgangsfall aus der Frage, ob eine dahingehende Änderung der Teilungserklärung der WEG rechtssicher möglich wäre (bei Interesse dazu: BGH Urteil vom 25.05.2023 – V ZR 134/22, Rn. 27 – 33). Hier wurde stattdessen die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens als überwiegend wahrscheinlich, jedoch mit einer verbleibenden Unsicherheit behaftet, dargestellt.

Wegen der Abänderung wurde der Sachverhalt auch hinsichtlich der Größe der Räumlichkeiten und des konkreten Geschehens angepasst, um eine kohärente Erzählung zu ermöglichen.

Laut Ausgangsfall schlossen die Parteien den notariellen Kaufvertrag im Jahr 2017 und somit vor der Einführung der Vorschriften zum Bauträgervertrag (§§ 650u f. BGB). Um eine unter Berücksichtigung dieser Vorschrift komplizierte Abgrenzung zwischen Kauf- und Bauträgervertrag zu vermeiden, wurde der Sachverhalt außerdem wie folgt angepasst: In dem vom BGH zu entscheidenden Rechtsstreit hatten K und B vereinbart, dass B den Dachboden vor der Übergabe an K ausbaut. Daraus wurde im hier dargestellten Fall eine Beschaffenheitsvereinbarung im Maklerexpose über die Ausbaufähigkeit des Dachbodens.

Der BGH hatte sich in dem Rechtsstreit außerdem damit auseinander zu setzen, inwiefern ein Prozessbevollmächtigter, der aus technischen Gründen gehindert ist, einen fristwahrenden Schriftsatz elektronisch einzureichen, danach jedoch die zulässige Ersatzeinreichung veranlasst hat, nach Maßgabe des § 130d S.2 ZPO gehalten ist, sich vor Fristablauf weiter um eine elektronische Übermittlung zu bemühen. Diese Frage war für die Zulässigkeit der Revision relevant (§§ 551 II 1, 551 IV, 549 II ZPO i.V.m. § 130d S. 1 ZPO) und ist in den Leitsätzen des Urteils angeführt. Hier wurde aufgrund der fehlenden Relevanz für das erste Staatsexamen auf die Darstellung der Problematik verzichtet.

Skizze


Gutachten

A. Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung aus §§ 437 Nr.3 Var.1, 280 I, III, 281 I BGB

K könnte gegen B einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung in Höhe von 54.000 € aus §§ 437 Nr. 3 Var. 1, 280 I, III, 281 I BGB haben.

I. Kaufvertrag

Dies setzt zunächst voraus, dass B und K einen Kaufvertrag i.S.d. §§ 433 ff. BGB geschlossen haben. Dies ist hier der Fall.

Anmerkung: Vertragsform im Ausgangsfall

Da die vorinstanzlichen Urteile des OLG Celle und des LG Hannover leider nicht öffentlich zugänglich sind und der BGH nur über die Rechtsfolge des Schadensersatzes und nicht über den haftungsbegründenden Tatbestand zu urteilen hatte, lässt sich leider nicht mit endgültiger Sicherheit sagen, welche Überlegungen der Abgrenzungen zum Werkrecht in dem Rechtsstreit zugrunde lagen. Dies ist für die Bewertung des Falles aus Perspektive der Examensvorbereitung jedoch auch irrelevant, da das streitgegenständliche Geschehen im Jahr 2017 vonstatten ging und somit vor der Schuldrechtsreform (seit 01.01.2022 in Kraft) und – im Ausgangsfall noch weitaus relevanter – vor der Einführung der §§ 650u f. BGB zum Bauträgervertrag (seit 01.01.2018 in Kraft).
Nach heutiger Rechtslage wäre in einer Konstellation, wie sie dem BGH-Urteil zugrundeliegt, vermutlich davon auszugehen, dass die Parteien einen Bauträgervertrag i.S.d. abgeschlossen haben.[1]Dies wäre zumindest beim Verbraucherbauvertrag auch nicht abdingbar, da dies einen Verstoß gegen § 650o BGB darstellen würde. Daher wäre in einem solchen Fall gem. § 650u I 2 BGB grds. das werkvertragliche Mängelrecht (§§ 633 ff. BGB) anwendbar, soweit sich der Mangel nicht auf die Eigentumsübertragung des Grundstücks bezieht (§ 650u I 3 BGB).[2]Zur Anwendbarkeit der kaufrechtlichen Gewährleistungsrechte auf diesen Fall: Voit in BeckOK BGB, Sand 01.02.2024, § 650u BGB, Rn. 6 (mwN).
Scheitert – wie hier – bereits die Ausführung der Errichtung/des Umbaus i.S.d. § 650u BGB an der Beschaffenheit des Hauses/der Wohnung, könnte somit in beide Richtungen argumentiert werden: Für die Anwendung des Kaufrechts in diesem Fall spricht, dass die Eignung der Kaufsache für die Vornahme der Werktätigkeit schon nicht gegeben ist und somit die Beschaffenheit der zu übereignenden Kaufsache unabhängig von der Errichtung/dem Umbau betroffen ist; Für die Anwendung des Werkrechts spricht insbesondere der Umstand, dass das geschuldete Werk wegen einer in der Sphäre des Bauträgers liegendem Umstand nicht vorgenommen werden kann, so dass es unbillig wäre, den Besteller auf das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht zu verweisen, das u.a. kein Selbstvornahmerecht und keinen verschuldensunabhängigen Aufwendungsersatz bei Mangelhaftigkeit des Vertragsgegenstandes enthält.
Der hier dargestellte Fall wurde so abgeändert, dass in jedem Fall Kaufrecht Anwendung findet, da die Überlegungen des V. Zivilsenats des BGH zur Begrenzung des Schadensersatzes statt der Leistung auf die fiktiven Mängelbeseitigungskosten auf den Schadensersatz statt der Leistung aus §§ 634 Nr. 4, 636, 280 I, III, 281 I BGB wohl kaum zu übertragen wären.[3]Näheres dazu in den Anmerkungen zur Schadenshöhe.

II. Sachmangel

Anmerkung: Auswirkungen der Sachverhaltsänderungen

Auch hier zeigen sich Auswirkungen der Änderung des Sachverhalts. In dem Sachverhalt, der dem BGH-Urteil zugrunde liegt, wurde die Beschaffenheit in der Form vereinbart, dass die Wohnung als „Maisonette“ betitelt wurde und die entsprechende Fläche des Spitzbodens in die Gesamtwohnfläche einberechnet wurde. Somit war ein Sachmangel i.S.d. § 434 II 1 Nr. 1 BGB etwas leichter zu begründen. Der BGH hatte über das Vorliegen eines Sachmangels allerdings auch nicht zu entscheiden, da diese Einordnung von der Revision nicht angegriffen worden ist. Auch hier lässt sich leider nicht nachvollziehen, welche Überlegungen der vorangegangenen Instanzen nicht zu beanstanden waren.

Ferner müsste zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs (§ 446 BGB) ein Sachmangel vorgelegen haben. 

1. Fehlen der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit, § 434 II 1 Nr. 1 BGB

In Frage käme im vorliegenden Fall, dass die Sache – wegen der fehlenden Eignung zum Ausbau des Dachbodens zu Wohnraum – nicht die vereinbarte Beschaffenheit i.S.d. § 434 II 1 Nr. 1 BGB aufweist.

An Beschaffenheitsvereinbarungen i.S.d. § 434 II 1 Nr. 1 BGB sind enge Anforderungen zu stellen. Dabei kann die Beschaffenheitsvereinbarung grds. jedes Merkmal einer Sache betreffen, das zu ihrer Beschaffenheit gehört.[4]Faust in BeckOK BGB, Stand 01.02.2024, § 434 BGB, Rn. 36. Im vorliegenden Fall befand sich im Maklerexposé die Aussage, dass der Dachboden ohne größere Umbauten zum Ausbau in 80 m2 Wohnfläche geeignet sei.

a) Diese Beschreibung im Maklerexposé müsste zunächst überhaupt geeignet sein, eine Beschaffenheitsvereinbarung i.S.d. § 434 II 1 Nr. 1 BGB darzustellen. Für gewöhnlich können Zusicherungen im Rahmen eines Maklerexposés nur einen Fall des § 434 III 1 Nr. 2 lit. b BGB darstellen, da es sich regelmäßig nicht um Erklärungen des Verkäufers selbst handelt.[5]Vgl. OLG Hamm, 08.06.2000 – 22 U 172/99. Im vorliegenden Fall haben die Vertragsparteien das Maklerexposé jedoch im Rahmen des notariellen Kaufvertrages als Anlage mit beurkunden lassen, so dass davon auszugehen ist, dass der Verkäufer sich die Aussagen des Exposés zu eigen gemacht hat. Folglich ist auch die gem. § 311b I BGB vorgeschriebene Form gewahrt.[6]Mit den Formanforderungen, die an Beschaffenheitsvereinbarungen beim Grundstückskauf zu stellen sind, setzt sich der Beitrag Falsa Demonstratio beim Grundstückskauf? auseinander.

b) In Frage kommt eine vertragliche Vereinbarung der Größe der Wohnfläche als Beschaffenheit i.S.d. § 434 II 1 Nr. 1 BGB. Problematisch daran ist allerdings, dass die vereinbarten 80 m2 auch der Vereinbarung nach nicht bereits bestehen, sondern lediglich die Möglichkeit einer entsprechenden Erschließung bestehen soll. Da die Beschreibung der zusätzlichen Wohnfläche bei Vertragsschluss somit noch nicht gegenwärtig vorliegt, sondern lediglich eine zukünftige Beschaffenheit bezeichnet, kann darin keine Beschaffenheitsvereinbarung gesehen werden.[7]Vgl. Westermann in MüKo BGB, 8. Aufl. 2019, § 434 BGB, Rn. 11.

c) Allerdings könnte die zugesicherte Eignung des Dachbodens zum Ausbau in Wohnfläche eine Beschaffenheitsvereinbarung darstellen. Jedenfalls konkludent enthält eine solche Erklärung auch die Zusicherung, dass der Dachboden in einem Zustand ist, in welchem eine Genehmigungsfähigkeit eines solchen Umbaus gegeben ist. Dementsprechend kann davon ausgegangen werden, dass die Parteien hinsichtlich der Beschaffenheit des Dachbodens vereinbart haben, dass dieser die erforderliche Zahl von Rettungswegen enthält, um überhaupt als Aufenthaltsraum genutzt werden zu können. Dies wird durch die Aussage des Maklerexposés unterstützt, nach der ein entsprechender Ausbau „ohne größere Umbauarbeiten“ möglich sein solle. Ein objektiver Empfänger (§§ 133, 157 BGB) dieser Erklärung kann die Aussage nicht dahingehend verstehen, dass unter Umständen die Schaffung eines weiteren Rettungsweges erforderlich ist. Die Schaffung eines solchen kann nicht als Teil des Ausbaus zu Wohnraum angesehen werden.

Da die zur Genehmigung erforderliche Anzahl an Rettungswegen nicht gegeben ist, liegt daher ein Mangel i.S.d. § 434 II 1 Nr. 1 BGB vor.

2. Zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs, § 446 BGB

Der Sachmangel lag auch zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs (§ 446 BGB) vor.

3. Zwischenergebnis

Folglich war das zum gekauften Grundstück gehörige Haus zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs mit einem Sachmangel i.S.d. § 434 II 1 Nr. 1 BGB belastet.

Anmerkung: Alternative Lösungswege

Es kann hier auch sehr gut vertreten werden, dass in den Aussagen des Maklerexposés keine konkludente Beschaffenheitsvereinbarung, sondern eine ausdrückliche Vereinbarung der der vertraglich vorausgesetzten Verwendung i.S.d. § 434 II Nr. 2 BGB zu sehen ist.

Ferner wäre es auch vertretbar, in den Aussagen des Maklerexposés trotz der Einbeziehung in den notariellen Kaufvertrag nur öffentliche Äußerungen im Auftrag des Verkäufers i.S.d. § 434 III Nr. 2 lit. b) zu sehen.

Für die weitere Fallbearbeitung ist die konkrete Einordnung allerdings unerheblich.

III. Vertretenmüssen, § 280 I 2 BGB

Eine Exkulpation der B i.S.d. § 280 I 2 BGB ist nicht ersichtlich.

IV. Fristsetzung, § 281 I BGB

K hat dem B laut Sachverhalt eine angemessene Frist zur Nacherfüllung i.S.d. § 281 I BGB gesetzt. Diese ist erfolglos verstrichen.

V. Rechtsfolge: Schadensersatz statt der Leistung

K kann von B somit statt des mangelhaften Teils der Leistung Schadensersatz in Geld verlangen. Fraglich ist in welcher Höhe er Schadensersatz fordern kann.[8]Allgemeine Ausführungen zur Prüfung des haftungsausfüllenden Tatbestandes im Schadensersatz finden sich im Beitrag Alte Sache, neues Teil – Abzug neu für alt.

1. Differenzhypothese

Die Reichweite der Ersatzpflicht des Schädigers ergibt sich – trotz der Unanwendbarkeit des § 249 BGB im Rahmen des Schadensersatzes statt der Leistung[9]h.M. – siehe dazu Ausführungen im Beitrag Alte Sache, neues Teil – Abzug neu für alt. – zunächst aus der Differenzhypothese. Demnach besteht der Schaden in der Differenz zwischen der hypothetischen Vermögenslage ohne das schädigende Ereignis und der tatsächlichen Vermögenslage, die das schädigende Ereignis inkludiert. Bei einer Hauptleistungspflichtverletzung ist also entscheidend, inwiefern sich die tatsächliche Vermögenslage des Gläubigers von derjenigen unterscheidet, die bestünde, wenn der Schuldner vertragsgemäß geleistet hätte. Hier besteht die Differenz in der Beschaffenheit des Dachbodens des Hauses, welches sich auf dem verkauften Grundstück befindet. Während im hypothetischen Falle der vertragsgemäßen Leistung eine Eignung des Dachbodens zum Ausbau zur Wohnfläche (und einer damit einhergehenden Erweiterung der Wohnfläche um 80 m2) bestünde, fehlt es in der tatsächlichen Lage an dieser Eigenschaft.

Anmerkung: Umfang der Ausführungen zur Differenzhypothese

Die hier dargestellten Ausführungen sind in diesem Umfang nicht erforderlich. Hier soll lediglich dargestellt werden, wie die Differenzhypothese im Falle eines Schadensersatzes statt der Leistung wegen eines Sachmangels anzuwenden ist. In einer Klausur würde es mE komplett ausreichen, darzustellen, dass der Differenzhypothese zu Folge der Schaden dem Mangel entspricht.
Weitergehende Ausführungen sind insbesondere dann erforderlich, wenn die Differenz zwischen tatsächlicher und hypothetischer Vermögenslage nicht dem mangelhaften Teil entspricht (zum Beispiel weil dem Geschädigten auch ein Vermögensvorteil zugeflossen ist oder der Mangel zu weiteren Schäden geführt hat).
Zu Problemen führt die Anwendung der Differenzhypothese insbesondere beim Schadensersatz statt der gesamten Leistung bei lediglich teilweiser Nicht-/Schlechtleistung (sog. „großer Schadensersatz“). In diesen Fällen befindet sich in der tatsächlichen Vermögenslage eine jedenfalls teilweise vertragsgemäße Leistung. In Einklang mit § 281 I 2 BGB muss die tatsächliche Lage also dergestalt gefasst werden, dass – außerhalb des Anwendungsbereichs des § 281 I 3 BGB – die verbleibende Leistung nicht einberechnet wird. Dies wäre dogmatisch sauber möglich, in dem z.B. die Rückgabeverpflichtung aus § 281 V BGB i.V.m. §§ 346 – 348 BGB in die Betrachtung einbezogen wird.

2. Adäquanz und objektive Zurechnung

Der Mangel ist für den Schaden auch adäquat kausal und der B objektiv zurechenbar.

3. Umfang des Schadensersatzes

Fraglich ist allerdings, in welcher Höhe K Schadensersatz zur Kompensation des Mangels verlangen kann.

Vernetztes Lernen:Schadensberechnung nach Surrogations- und Differenztheorie beim Schadensersatz statt der Leistung

Vorab: Im vorliegenden Sachverhalt ist die Differenzierung von Surrogations- und Differenztheorie unerheblich. Die folgenden Ausführungen sind daher als Ergänzung der Vollständigkeit halber zu verstehen:
Der Umfang des Schadensersatzes statt der Leistung ist unter anderem davon abhängig, ob der Schadensersatz nach der Surrogationstheorie oder der Differenztheorie berechnet wird. Bei der Surrogationstheorie bleibt der Gläubiger zur Erbringung der gesamten vertraglich vereinbarten Gegenleistung verpflichtet, sodass der Schadensersatz tatsächlich als Surrogat an die Stelle der primären Leistungspflicht des Schuldners tritt.[10]vgl. Lorenz in BeckOK BGB, Stand 01.02.2024, § 281 BGB Rn. 37. Die Differenztheorie ist hingegen anzuwenden, wenn der Schadensersatz statt der Leistung (konkludent) gemeinsam mit einem Rücktritt erklärt wird.[11]Ebd. In diesem Fall entfällt die Primärleistungspflicht und der Schadensersatz statt der Leistung besteht lediglich in dem über die Gegenleistung hinausgehenden Schaden des Gläubigers. Ein solcher Schaden kann zum Beispiel darin bestehen, dass der Wert der vertragsgemäßen Leistung des Schuldners über dem der vertragsgemäßen Gegenleistung lag und dieser Vorteil dem Geschädigten nun entgeht (Der Schadensersatz der Leistung schützt das Äquivalenzinteresse des Gläubigers und ist somit auf das positive Interesse gerichtet).

Im Regelfall wird man den Schadensersatz je nach fortbestehender Verpflichtung zur Gegenleistung intuitiv anpassen. Es schadet dennoch nicht, die beiden Berechnungsmethoden zu kennen.

a) Grundsätzliches Wahlrecht

Grundsätzlich steht dem Käufer im Rahmen des Schadensersatzes statt der Leistung aus §§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 BGB ein Wahlrecht zu, ob er den Schaden in Höhe des Minderwerts der mangelhaften Kaufsache oder in Höhe der Mangelbeseitigungskosten geltend macht.[12]BGH, Urteil vom 12.03.2021 – V ZR 33/19, Rn. 8; BGH, Urteil vom 04.04.2014 – V ZR 275/12, Rn. 33. 

b) Beschränkung auf die Kosten der Mängelbeseitigung

Allerdings ist fraglich, ob der Geschädigte in Fällen, in denen der Minderwert der Kaufsache den zur Schadensbeseitigung erforderlichen Betrag erheblich übersteigt, eine Begrenzung des (kleinen) Schadensersatzes statt der Leistung aus §§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 BGB auf die (fiktiven) Kosten der Mängelbeseitigung hinzunehmen hat.
Jedenfalls im umgekehrten Fall, in dem die Mängelbeseitigungskosten den mangelbedingten Minderwert erheblich übersteigen, ist eine Begrenzung des Ersatzanspruchs auf den Minderwert anzunehmen. Beim Grundstückskauf ist eine solche Begrenzung vorzunehmen, wenn der mangelbedingte Minderwert den Verkehrswert des Grundstücks übersteigt oder er mehr als 200 % der Mängelbeseitigungskosten beträgt.[13]BGH, Urteil vom 04.04.2014 – V ZR 275/12, Rn. 45.
Ob eine entsprechende Begrenzung auf die Mängelbeseitigungskosten ebenfalls geboten ist, ist hingegen unklar:

aa) Auf der einen Seite spricht vieles dafür, die Rechtsprechung zur Begrenzung des Schadensersatzes statt der Leistung auf den Minderwert nicht auf die Mängelbeseitigungskosten zu übertragen.[14]Entsprechende Argumentation in BGH, Urteil vom 25.05.2023 – V ZR 134/22, Rn. 20 – 24. Die Beschränkung des Schadensersatzes auf den Minderwert folgt nämlich gerade aus der gesetzlichen Beschränkung der Nacherfüllung (§§ 437 Nr. 1, 439 I BGB) auf Mängelbeseitigungskosten, die nicht unverhältnismäßig sind (§ 439 IV BGB): 
Der Schadensersatz statt der Leistung aus §§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 BGB lässt gem. § 281 IV BGB den Anspruch auf Primärleistung entfallen, der sich durch die Mangelhaftigkeit der Sache bis zu diesem Zeitpunkt in einem Nacherfüllungsanspruch fortsetzt, und führt zu einem Anspruch auf Ersatz in Geld. Im Rahmen des Nacherfüllungsanspruchs hat der Käufer gem. § 439 I BGB zunächst die Wahl, ob er die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache fordert. Die Einschränkung des § 439 IV BGB schränkt dieses Wahlrecht allerdings ein. Durch den dargestellten Zusammenhang zwischen Nacherfüllungsanspruch und Schadensersatzanspruch muss sich diese Einschränkung dann auch auf die Höhe des Schadensersatzanspruchs auswirken, um eine Kompensation des Käufers über das vom Gesetzgeber intendierte Maß hinaus auszuschließen. In Fällen, in denen die Mängelbeseitigungskosten unverhältnismäßig hoch sind, findet daher eine Beschränkung auf den mangelbedingten Minderwert der Kaufsache statt. Derjenige, der im Rahmen der Nacherfüllung nicht verpflichtet ist, unverhältnismäßig hohe Mängelbeseitigungskosten zu tragen, darf nicht im Rahmen des Schadensersatzes zur Tragung der entsprechenden Kosten verpflichtet sein.[15] BGH, Urteil vom 25.05.2023 – V ZR 134/22, Rn. 23.

Diese Erwägungen sind auf eine Begrenzung des Schadensersatzes statt der Leistung auf die Mängelbeseitigungskosten und einen damit einhergehenden Ausschluss des Ausgleichs des mangelbedingten Minderwerts jedoch nicht ohne weiteres übertragbar. Anders als für die relative Begrenzung der Mängelbeseitigungskosten findet sich für eine entsprechende Begrenzung des Minderwerts kein gesetzliches Beispiel. Vielmehr wird der Schutz des Äquivalenzinteresses bzgl. des Minderwerts im Zuge des Minderung in §§ 437 Nr. 2, 441 BGB ohne Beschränkung hinsichtlich der Nachbesserungskosten gewährt.[16] BGH, Urteil vom 25.05.2023 – V ZR 134/22, Rn. 23.
Folgt man dieser Ansicht, wäre eine Beschränkung des Schadensersatzanspruchs des K auf die Mängelbeseitigungskosten nicht anzunehmen.

bb) Auf der anderen Seite streiten aber auch für die Beschränkung gewichtige Argumente.[17]Dazu: BGH, Urteil vom 25.05.2023 – V ZR 134/22, Rn. 25. Die Schadensbemessung muss auch im Rahmen des Schadensersatzes statt der Leistung das vertragliche Leistungsdefizit zutreffend abbilden, was neben dem Erfordernis der Kompensation des gesamten Mangels (Grundsatz der Totalreparation) auch die Überkompensation verbietet (sonst droht ein Verstoß gegen schadensrechtliches Bereicherungsverbot).[18]BGH, Urteil vom 25.05.2023 – V ZR 134/22, Rn. 25. Außerdem ließe sich aus dem Zusammenhang von Schadensersatz statt der Leistung und Nacherfüllung auch folgern, dass die in § 439 IV BGB niedergelegte Verweigerungsmöglichkeit bei Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllungsvariante den allgemeingültigen Gedanken der Abkehr von einer unverhältnismäßigen Ersatzleistung enthält, der dann auch auf einen unverhältnismäßig hohen Minderwert zu übertragen wäre.[19]So angedeutet in den weiteren Ausführungen des V. Zivilsenats in BGH, Urteil vom 25.05.2023 – V ZR 134/22, Rn. 23.

Selbst wenn man davon ausgeht, dass eine Beschränkung auf die Mängelbeseitigungskosten grds. möglich (oder sogar geboten) ist, muss etwas anderes aber jedenfalls dann gelten, wenn eine Schadensbeseitigung nicht sicher möglich ist.[20]BGH, Urteil vom 25.05.2023 – V ZR 134/22, Rn. 26. Der Schadensersatzanspruch aus §§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 BGB soll das Ausbleiben der Nacherfüllung kompensieren. Eine vollständige Kompensation kann durch den Ersatz der Mängelbeseitigungskosten aber nicht erreicht werden, wenn Unsicherheiten hinsichtlich der tatsächlichen Mängelbeseitigung verbleiben.[21]BGH, Urteil vom 25.05.2023 – V ZR 134/22, Rn. 23. Insbesondere wenn als Argumentation für die Begrenzung maßgeblich auf das schadensrechtliche Bereicherungsverbot abgestellt wird, muss auf der anderen Seite auch das schadensrechtliche Gebot der Totalreparation beachtet werden. Dem kann nur Rechnung getragen werden, wenn entweder der tatsächliche wirtschaftliche Minderwert ersetzt wird (dann entspricht das Vermögen inklusive Schadensersatz und mangelhafter Sache dem Vermögen, das bestehen würde, wenn sich in diesem allein die mangelfreie Sache befinden würde) oder eine Mängelbeseitigung mit Sicherheit zu einer dem Äquivalenzinteresse des Käufers entsprechenden (also mangelfreie) Sache führen würde. Würde man nicht voraussetzen, dass die Mängelbeseitigung mit Sicherheit gelingt, könnte ansonsten der Fall eintreten, dass die Mängelbeseitigung nicht gelingen kann und der Käufer trotzdem lediglich eine Entschädigung in Geld erhält, die den erheblich höheren Minderwert nicht ausgleichen kann. In diesem Fall ist somit die Gefahr, dass dem Käufer die Mangelbeseitigung gelingt und er letztlich bereichert ist, einzugehen. Dies ist in diesem Fall, in dem beide möglichen Herangehensweisen die Gefahr bergen, dass im Ergebnis gegen einen Grundsatz des Schadensrechts verstoßen wird (Bereicherungsverbot oder Totalreparation) dadurch gerechtfertigt, dass der Verkäufer weniger schützenswert ist als der Käufer. Ersterer hat nicht nur durch die ursprünglich mangelhafte Leistung die Situation überhaupt heraufbeschworen, sondern auch eine – im Falle des Gelingens der Mängelbeseitigung durch den Käufer offensichtlich mögliche – Nacherfüllung i.S.d. § 439 Abs. 1 Var. 1 BGB nicht (fristgemäß) erbracht.

Im vorliegenden Fall ist die Mängelbeseitigung durch K nicht sicher möglich, da die Genehmigungsfähigkeit der Herstellung der Möglichkeit des Dachbodenausbaus zu Wohnraum durch Schaffung eines zweiten Rettungsweges nicht endgültig feststeht. Dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der Genehmigung besteht, genügt laut vorstehenden Ausführungen nicht. Im vorliegenden Fall ist eine Beschränkung des kleinen Schadensersatzes statt der Leistung auf die Mängelbeseitigungskosten mithin ausgeschlossen.

Anmerkung: Kern und Relevanz der Problematik

Die im Urteil behandelte Problematik tritt letztlich immer dann auf, wenn die mangelbedingte Minderung des Verkehrswerts einer Sache die Kosten der Mängelbeseitigung erheblich übersteigt, die Nacherfüllung aber dennoch nicht erfolgt.
Kurz zusammengefasst besteht ist der Kern der Problematik eine Abwägungsfrage des schadensrechtlichen Bereicherungsverbots und des Grundsatzes der Totalreparation:
Im Rahmen des Schadensersatzes statt der Leistung soll die Verletzung des Äquivalenzinteresses des Gläubigers möglichst exakt abgebildet werden.[22]Durch den Abschluss eines Kaufvertrages zu einem gewissen Preis haben die Parteien des Vertrages im Rahmen ihrer Privatautonomie eine Wertentscheidung getroffen. Innerhalb der gesetzlichen … Continue reading Bestenfalls soll das Vermögen des Gläubigers durch den Schadensersatz statt der Leistung (wertmäßig) den Umfang erreichen, den es auch bei ordnungsgemäßer Leistung hätte. Dies ist in Fällen wie dem Vorliegenden jedoch schwierig:
Wird der Mangel der Kaufsache nicht beseitigt, entspricht die Vermögensdifferenz zwischen dem tatsächlichen und dem hypothetischen Vermögen dem Minderwert der Kaufsache. Wird der Mangel der Kaufsache vollständig beseitigt, besteht keine Vermögensdifferenz mehr und dem Gläubiger sind lediglich die Kosten der Mängelbeseitigung entstanden.
Ist eine Mängelbeseitigung noch nicht vorgenommen worden, aber dennoch möglich, kann daher nicht abgesehen werden, ob der Gläubiger durch eine Entschädigung in Höhe des Minderwerts eine zu hohe Kompensation (Ersetzung des Minderwerts & Vornahme der Mängelbeseitigung) bzw. durch eine Entschädigung in Höhe der Mängelbeseitigungskosten eine zu niedrige Kompensation (Ersetzung der fiktiven Mängelbeseitigungskosten und keine Vornahme der Mängelbeseitigung) erhält.

Diese Problematik besteht im Kaufrecht, da der V. Zivilsenat des BGH den fiktiven Schadensersatz im Kaufrecht in seinem Urteil BGH, Urt. v. 12.03.2021, Az. V ZR 33/19 bestätigt hat. Dies ermöglicht es dem Käufer, die Mängelbeseitigungskosten ersetzt zu verlangen, ohne den Mangel tatsächlich zu beheben.
Im Werkvertragsrecht besteht die Problematik nicht, da der VII. Zivilsenat in seinem Urteil BGH, Urt. v. 22.02.2018 – VII ZR 46/17 von der Möglichkeit des Ersatzes fiktiver Mängelbeseitigungskosten abgerückt ist.
Die Problematik besteht außerdem nur im Rahmen des kleinen Schadensersatzes statt der Leistung, da in Fällen des großen Schadensersatzes in Ermangelung einer verbleibenden Restleistung ohnehin keine Differenzierung zwischen Mängelbeseitigungskosten und Minderwert vorzunehmen ist.
Für Schadensersatz aus §§ 280, 286, 823 ff. BGB besteht ebenfalls keine vergleichbare Problematik, da sich der Schadensersatz in diesen Fällen aus §§ 249 ff. BGB ergibt. Dabei erfolgt der Ersatz primär im Wege der Naturalrestitution (§ 249 I BGB) und § 249 II 1 BGB gewährt ausdrücklich Ersatz der zur Naturalrestitution erforderlichen Kosten (also Schadensbeseitigungskosten). Eine vergleichbare Fragestellung ist also nur in Fällen der Schadenskompensation aus §§ 250, 251 BGB möglich. Allerdings sind hier andere Wertungensfragen zu stellen, als im Bereich des kaufrechtlichen Schadensersatzes statt der Leistung.

c) Zwischenergebnis

Die Höhe des Schadensersatzanspruchs des K entspricht dem Minderwert der Kaufsache und beträgt daher 54.000 €.

B. Ergebnis

K hat gegen B einen durchsetzbaren Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung in Höhe von 23.400,30€ aus §§ 437 Nr.3 Var.1, 280 I, III, 281 BGB.


Zusatzfragen

Wie berechnet sich der mangelbedingte Minderwert i.R.d. kleinen Schadensersatzes statt der Leistung und worin besteht der Unterschied zur Berechnung der Minderung?

Der mangelbedingte Minderwert ergibt sich unmittelbar aus der Differenz zwischen dem hypothetischen Wert der mangelfreien Sache und dem tatsächlichen Wert der mangelbehafteten Sache. Im Regelfall ist im Rahmen der Wertbestimmung jeweils der Verkehrswert der mangelfreien/der mangelhaften Sache heranzuziehen.

Bei der Minderung wird hingegen der Kaufpreisanspruch in dem Verhältnis gemindert, in dem der Wert der mangelhaften Sache hinter dem Wert der mangelfreien Sache zurückbleibt.

Beispiel: A hat von B ein Auto zum Preis von 10.000 € gekauft. Mangelfrei hätte das Auto einen Verkehrswert von 12.000 €. Aufgrund eines erheblichen Mangels beträgt der Verkehrswert des Autos jedoch nur 6.000 €.

Im Rahmen des kleinen Schadensersatzes müsste B dem A nun die Differenz zwischen dem Wert des mangelfreien und des mangelhaften Autos ersetzen:
12.000 € – 6.000 € = 6.000 €

Im Rahmen der Minderung könnte A den Kaufpreis in dem Verhältnis herabsetzen, in dem auch der Wert des Autos durch den Mangel gemindert ist:
Minderung des Werts des Kfz: 6.000 € / 12.000 € = 0,5
Daraus folgt Minderung des Kaufpreises: 10.000 € * 0,5 = 5.000 €

Für den Käufer ist also der kleine Schadensersatz statt der Leistung lohnender, wenn der Wert der mangelfreien Kaufsache den Kaufpreis übersteigt. Auf der anderen Seite ist die Minderung für den Käufer lohnender, wenn der vereinbarte Kaufpreis den Wert der mangelfreien Kaufsache übersteigt:
Geht man in obigem Beispiel davon aus, dass A ein Auto zu einem Preis von 10.000 € kauft, das im mangelfreien Zustand einen Wert von 8.000 € hat und ist dieses im mangelhaften Zustand nur 4.000 € wert gilt:

Schadensersatz statt der Leistung:
8.000 € – 4.000 € = 4.000 €

Minderung:
4.000 € / 8.000 € = 0,5
0,5 * 10.000 € = 5.000 €

Welche Unterschiede bestehen zwischen den Mängelgewährleistungsrechten des Käufers im Kaufrecht und den Mängelgewährleistungsrechten im Werkrecht?

Unterschiede in den Mängelgewährleistungsrechten ergeben sich vornehmlich hinsichtlich der Nacherfüllung und dem Bestehen eines entsprechenden Rechts zur Selbstvornahme:
Primär sehen sowohl das Kaufrecht (§§ 437 Nr. 1, 439 BGB) als auch das Werkrecht (§§ 634 Nr. 1, 635 BGB) eine Nacherfüllung in Form der Nachlieferung oder der Nachbesserung vor. Ein wesentlicher Unterschied ist allerdings, dass im Kaufrecht der Käufer zwischen den beiden Nacherfüllungsarten wählen kann, wohingegen dies im Werkrecht dem Werkunternehmer zusteht. Ansonsten sind die Ausführungen in den §§ 439 II, VI, 635 II, IV BGB weitestgehend deckungsgleich, mit der Ausnahme, dass § 439 VI 2 BGB eine Verpflichtung zur Rücknahme der mangelhaften Kaufsache enthält, die sich in § 635 BGB nicht findet. Möchte der Besteller ein Werk nicht zurückgeben, nachdem der Unternehmer ein neues hergestellt hat und verweigert der Unternehmer die Rücknahme (was wohl äußerst selten vorkommen dürfte), wäre der Besteller also auf den Schadensersatz wegen einer entsprechenden Nebenpflichtverletzung angewiesen. Die Unterschiede von § 439 IV BGB und § 635 III BGB folgen aus der unterschiedlichen Person des Wahlberechtigten.
Anders als das Kaufrecht enthält das Werkrecht in §§ 634 Nr.2, 637 BGB das Recht des Bestellers, die Beseitigung des Mangels nach Ablauf einer angemessenen Nacherfüllungsfrist auf Kosten des Unternehmers selbst vorzunehmen. Eine entsprechende Möglichkeit bietet das Kaufrecht nicht. Zwar können auch hier nach Fristsetzung Mängelbeseitigungskosten geltend gemacht werden. Dies ist jedoch nur im Rahmen des Schadensersatzes statt der Leistung und somit verschuldensabhängig möglich (auch wenn das Verschulden ausweislich § 280 I 2 BGB vermutet wird).

Die weiteren Mängelgewährleistungsrechte stehen grds. sowohl dem Käufer als auch dem Besteller in ähnlicher Weise zu:
Ein Rücktrittsrecht (§§ 437 Nr. 2, 440, 323, 326 V BGB bzw. §§ 634 Nr. 3, 636 BGB) und eine alternative Möglichkeit zur Minderung des Kaufpreises/Werklohns (§§ 437 Nr. 2, 441 BGB bzw. §§ 634 Nr. 3, 636 BGB) sehen beide Regime nach Ablauf/Entbehrlichkeit einer angemessenen Nacherfüllungsfrist vor.
Auch bzgl. des Schadensersatzes und des Ersatzes vergeblicher Aufwendungen ergeben sich grds. keine Unterschiede (§§ 437 Nr. 3, 634 Nr. 4 BGB verweisen beide auf §§ 280, 281, 283, 311a BGB).
Die Unterschiede hinsichtlich der Entbehrlichkeit der Fristsetzung beim Rücktritt und dem Schadensersatz statt der Leistung zwischen § 440 BGB und § 636 BGB sind vornehmlich durch die unterschiedlichen Wahlberechtigten bedingt. § 636 BGB enthält allerdings keine § 440 S. 2 BGB entsprechende Feststellung, dass die Nachbesserung nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen gilt.
Ein weiterer Unterschied ist die fehlende Möglichkeit der Geltendmachung fiktiver Mängelbe-seitigungskosten im Werkrecht. Dies ergibt sich nicht unmittelbar aus den §§ 634 ff. BGB, sondern aus der Rechtsprechung des VII. Zivilsenats (BGH, Urt. v. 22.02.2018 – VII ZR 46/17). Im Kaufrecht ist dies hingegen möglich (BGH, Urt. v. 12.03.2021 – V ZR 33/19).

Zusammenfassung

  1. Grundsätzlich steht dem Käufer im Rahmen des kleinen Schadensersatzes statt der Leistung im kaufrechtlichen Gewährleistungsrecht aus §§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 BGB ein Wahlrecht zwischen dem Ersatz des Minderwertes und dem Ersatz der für die Mängelbeseitigung erforderlichen Kosten zu. Dem Rechtsgedanken der §§ 439 IV 2, 251 II 1 BGB folgend gilt dies allerdings nicht, wenn die Mängelbeseitigungskosten unverhältnismäßig sind – in diesem Fall ist der Schadensersatz statt der Leistung auf den Minderwert beschränkt.
  2. Übersteigt der Minderwert die Kosten der Mängelbeseitigung, kommt eine Beschränkung des Schadensersatzes statt der Leistung auf die Kosten der Mängelbeseitigung jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn nicht außer Zweifel steht, dass die Beseitigung des Mangels möglich ist.
  3. Für den Fall, dass die Mängelbeseitigung ohne Zweifel möglich ist, hat der BGH offengelassen, ob in den Fällen eines Missverhältnisses von Minderwert und Mängelbeseitigungskosten eine Beschränkung auf die Mängelbeseitigungskosten möglich ist.
  4. Nicht Teil der obenstehenden Ausarbeitung aber Teil der Leitsätze des Urteils: § 130d S. 2 ZPO stellt auf die vorübergehende technische Unmöglichkeit im Zeitpunkt der beabsichtigten Übermittlung des elektronisch einzureichenden Dokuments ab. 
  5. Nicht Teil der obenstehenden Ausarbeitung aber Teil der Leitsätze des Urteils: Der Prozessbevollmächtigte, der aus technischen Gründen gehindert ist, einen fristwahrenden Schriftsatz elektronisch einzureichen, ist, nachdem er die zulässige Ersatzeinreichung veranlasst hat, nicht mehr gehalten, sich vor Fristablauf weiter um eine elektronische Übermittlung zu bemühen. 

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