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Zwei Vormerkungen und guter Glaube

BGH, Urteil vom 09.12.2022 – V ZR 91/21; BeckRS 2022, 40727

Sachverhalt

(abgeändert)

B kaufte im Jahr 1991 von der ursprünglichen Eigentümerin (E) ein bebautes Grundstück. In diesem Zuge wurde zu seinen Gunsten eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen. Zu einer Auflassung kam es hingegen nicht. Im Jahr 2014 verkaufte die E das Grundstück nochmals und zwar an die S. Der Anspruch auf Eigentumsübertragung wurde durch eine Auflassungsvormerkung zu Gunsten der S gesichert.

Die zugunsten des B eingetragene vorrangige Vormerkung wurde am 02. Mai 2017 im Grundbuch zu Unrecht gelöscht. Gegen die Löschung der zugunsten des B eingetragenen Vormerkung wurde daraufhin im Juni 2017 ein Amtswiderspruch nach § 53 I 1 GBO sowie ein Widerspruch nach § 899 BGB in das Grundbuch eingetragen.

In der Zwischenzeit verkaufte die S das in Frage stehende Grundstück mit Vertrag vom 15. Mai 2017 an die K und trat dieser die durch Vormerkung gesicherte Forderung aus dem Kaufvertrag mit der E ab. Am 12. März 2018 erfolgte die Auflassung zwischen E und K, woraufhin die K als Eigentümerin des Grundstücks in das Grundbuch eingetragen wurde. Erst danach erfuhr K von der ursprünglich bestehenden Auflassungsvormerkung zugunsten des B.

Aufgabe 1: Die K begehrt von B die Zustimmung zur Löschung der eingetragenen Widersprüche. Zu Recht?

Aufgabe 2: Anders als im Ursprungssachverhalt erfolgte Ende des Jahres 2017 eine Auflassung zwischen E und S, wobei S als Eigentümerin ins Grundbuch eingetragen wurde. Zur Auflassung zwischen S und K kam es daraufhin am 12. März 2018, woraufhin die K als Eigentümerin ins Grundbuch eingetragen wurde. Im Rahmen der Abtretung der durch die Vormerkung gesicherten Ansprüche von S an K, hatte K die S ermächtigt, die Leistung der E gem. §§ 362 II, 185 I BGB in Empfang zu nehmen. Die Leistung von E an S im Jahr 2017 tätigte E, um den durch die Vormerkung gesicherten Anspruch gegenüber K zu erfüllen. Wiederum begehrt K von B Zustimmung zur Löschung der eingetragenen Widersprüche. Zu Recht?

Anmerkung: Sachverhaltsänderungen

Der Fall wurde zur Vereinfachung der Bearbeitung ein wenig abgeändert. So schlossen E und S den Kaufvertrag über die Grundstücke im Ausgangsfall unter der aufschiebenden Bedingung der Aufstellung eines Bebauungsplans. Dieser Umstand wurde hier weggelassen. Ferner ging es im Ausgangsfall nicht um ein Grundstück, sondern um mehrere Grundstücke, die nicht von der E selbst, sondern von deren Erbengemeinschaft veräußert wurden. Beides hat keine Auswirkungen auf die problematischen Punkte des Urteils.

Besonders problematisch stellten sich in diesem Fall die genauen Umstände der Eigentumsübertragung(en) im Verhältnis E-S-K dar, die von den vorinstanzlichen Gerichten nicht ermittelt wurden. Insbesondere die der Aufgabe 1 zugrundeliegende Konstellation unterscheidet sich allerding signifikant von dem dem BGH-Urteil zugrundeliegenden Sachverhalt, da zwischen den Parteien jedenfalls unstreitig war, dass E die Grundstücke zunächst gegenüber S aufließ und S wiederum die Auflassung gegenüber K erklärte. Um die Bearbeitung nicht unnötig zu erschweren und eine bessere Übersicht über die Probleme des Falles zu ermöglichen, wird in der hier gewählten Darstellung zunächst von einer direkten Übereignung an die K ausgegangen.

Der BGH geht von der in Aufgabe 2 beschriebenen Konstellation aus[1]vgl. BGH, Urteil vom 09.12.2022, BeckRS 2022, 40727, Rn. 38 f., nach der K die S tatsächlich zur Entgegennahme der Leistung nach §§ 362 II, 185 I BGB ermächtig hat. Nicht ermittelt werden konnte allerdings, ob die K an die S auch wirklich auf die vormerkungsgesicherte Forderung geleistet hat, was einer der Gründe war, aus denen der BGH die Entscheidung mangels Entscheidungsreife an die Berufungsinstanz (hier das OLG Brandenburg) zurückverwiesen hat.[2]Zu den entsprechenden Erwägungen des BGH: BGH, Urteil vom 09.12.2022 – V ZR 91/21, Rn. 49. Dabei wurde hier davon ausgegangen, dass zunächst die S vollständig Eigentum erworben hat und dieses dann wiederum an die K übertragen hat. Die realistischere Ausgestaltung als Kettenauflassung[3]siehe dazu die Zusatzfrage. hätte den ohnehin komplizierten Sachverhalt wohl endgültig überfrachtet.

Keine Informationen hatte der BGH außerdem bzgl. der Frage, ob die Abtretung der durch die Vormerkung gesicherten Forderung von S an K an einem Abtretungsverbot (§ 399 BGB) scheiterte.[4]Vgl. BGH, Urteil vom 09.12.2022 – V ZR 91/21, BeckRS 2022, 40727, Rn.48. Diese Unsicherheit wurde nicht in den hier dargestellten Sachverhalt übertragen.


Skizze

Gutachten

Gutachten

Aufgabe 1: Anspruch aus § 894 BGB (analog)

K könnte gegen B einen Anspruch aus § 894 BGB (analog) auf Zustimmung zur Löschung (i.S.d. § 19 GBO) der gegen die Löschung der ursprünglich zu Gunsten des B eingetragenen Vormerkung eingetragenen Widersprüche haben.

A. In Ansehung eines Rechts an dem Grundstück, eines Rechts an einem solchen Recht oder einer Verfügungsbeschränkung

§ 894 BGB setzt seinem Wortlaut nach voraus, dass die Unrichtigkeit des Grundbuchs „in Ansehung eines Rechts an dem Grundstück, eines Rechts an einem solchen Recht oder einer Verfügungsbeschränkung der in § 892 Abs. 1 BGB bezeichneten Art“ besteht. Problematisch ist in diesem Kontext, dass K sich hier gegen einen Widerspruch i.S.d. § 899 BGB wendet.

Anmerkung: Prüfungsaufbau
Dieser Prüfungspunkt ist untypisch und wird in einem Beispielschema zum Anspruch aus § 894 BGB so wohl eher nicht zu sehen sein. Vielmehr wird die Frage nach der Rechtsnatur der Eintragung, hinsichtlich welcher der Anspruch aus § 894 BGB besteht, regelmäßig kurz im Rahmen der Prüfung der Unrichtigkeit des Grundbuchs beantwortet werden können. Wie aus der hier dargestellten Prüfung ersichtlich wird, besteht im Falle des Vorgehens gegen einen Widerspruch i.S.d. § 899 BGB allerdings die Besonderheit, dass ein solcher Widerspruch nicht ohne Weiteres dem Wortlaut des § 894 BGB untergeordnet werden kann, so dass eine etwas umfangreichere Prüfung geboten ist. Dabei bietet sich die Voranstellung dieses Prüfungspunktes an, da die Vorwegnahme der Feststellung der analogen Anwendung des § 894 BGB auf den Widerspruch die Prüfung der Unrichtigkeit des Widerspruchs vorweg einordnet. Eine Prüfung nach der Unrichtigkeit bzw. gemeinsam mit der Unrichtigkeit des Widerspruchs wäre natürlich dennoch möglich. Auch eine vorweggenommene Ablehnung des Anspruchs § 894 BGB in direkter Anwendung unter Verweis auf den nicht passenden Wortlaut und eine anschließende Prüfung eines Anspruchs aus § 894 BGB analog wäre selbstverständlich möglich.

I. Anwendbarkeit von § 894 BGB auf den Widerspruch

Da es sich bei den Widersprüchen i.S.d. §§ 899 BGB, 53 I 1 GBO nicht um Rechte an Grundstücken, Rechte an Grundstücksrechten oder Verfügungsbeschränkungen i.S.d. § 892 I 2, 894 BGB handelt,[5]H. Schäfer in MüKo BGB, 9. Auflage 2013, § 899 BGB Rn.20 mwN. scheidet eine direkte Anwendung des § 894 BGB aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Norm aus.[6]nicht für ausgeschlossen hält eine direkte Anwendung hingegen wohl Picker in Staudinger, 17. Auflage 2019, § 899 BGB Rn.42.

II. Analoge Anwendung des § 894 BGB auf den Widerspruch

Allerdings könnte eine analoge Anwendung des § 894 BGB im Falle von Widersprüchen, die zwar materiell-rechtlich erloschen, jedoch weiterhin im Grundbuch eingetragen sind, in Frage kommen. Dies würde eine planwidrige Regelungslücke sowie eine vergleichbare Interessenlage voraussetzen.[7]Zu den Voraussetzungen einer Analogie: Mann/Tettinger, Einführung in die juristische Arbeitstechnik, 5. Auflage 2015, Rn.274.

1. Planwidrige Regelungslücke

Ein Anspruch auf Abgabe der nach § 19 GBO zur Löschung eines materiell-rechtlich nicht bestehenden bzw. erloschenen Widerspruchs erforderlichen Erklärung des durch den eingetragenen Widerspruch Begünstigten ist nicht geregelt. Die bloße Möglichkeit des Vorgehens im Rahmen des Grundbuchverfahrens nach § 22 GBO, ohne dass es dafür einer entsprechenden Erklärung nach § 19 GBO bedarf, ändert an dieser Regelungslücke nichts.[8]Vielmehr steht die Möglichkeit eines Grundbuchverfahrens selbständig neben dem Anspruch aus § 894 BGB (analog); ob ein auf einen Anspruch i.S.d. § 894 BGB gerichtetes Verfahren u.U. nicht zum … Continue reading Von der Planwidrigkeit der Regelungslücke ist auszugehen.

Anmerkung: Die Planwidrigkeit einer Regelungslücke in der Klausur
Es ist zwar nicht besonders befriedigend, die Planwidrigkeit einer festgestellten Regelungslücke schlicht als gegeben hinzunehmen, jedoch wird etwas anderes in der Klausur oftmals nicht möglich sein. Dies ergibt sich daraus, dass die Planwidrigkeit der Regelungslücke vornehmlich durch Einsicht in unterschiedliche Unterlagen des Gesetzgebungsprozesses bewertet werden kann. Da diese in der Klausur natürlich nicht eingesehen werden können und bei den meisten in Frage kommenden Analogien nicht erwartet werden kann, dass die Planwidrigkeit bekannt ist, kann die Planwidrigkeit häufig nur aus systematischen oder teleologischen Argumenten hergeleitet werden, was zu einer gewissen Überschneidung mit der Prüfung der vergleichbaren Interessenlage führt.
2. Vergleichbare Interessenlage

Der Eintrag eines Widerspruchs unterscheidet sich von den in § 894 BGB genannten Rechten und Verfügungsbeschränkungen dahingehend, dass ein Widerspruch nur dann eine rechtliche Wirkung nach sich zieht, wenn das durch den Widerspruch gesicherte Recht bzw. die gesicherte Verfügungsbeschränkung für den Eingetragenen wirklich besteht.[9]H. Schäfer in MüKo BGB. § 899 BGB, Rn.20 Der bloße Umstand, dass ein unrichtiger Widerspruch demnach in rechtlicher Hinsicht keinerlei Verfügungsbeschränkung oder Grundbuchsperre auslöst,[10]Hertel in BeckOGK BGB, Stand 15.04.2021, § 899 Rn.55. führt aber nicht dazu, dass eine vergleichbare Interessenlage ausgeschlossen ist. Die vergleichbare Interessenlage ergibt sich hier nämlich aus der faktischen Verfügungsbehinderung, die mit einem eingetragenen Widerspruch einhergeht[11]H.Schäfer in MüKo BGB, 9. Aufl. 2023, § 899 BGB Rn. 29 und daraus folgt, dass schon der bloße Umstand, dass ein Widerspruch ins Grundbuch eingetragen ist, dazu geeignet ist, potenzielle Erwerber abzuschrecken.[12]H. Schäfer in MüKoBGB, § 899 BGB, Rn.20, 40. Da ein eingetragener Widerspruch somit faktisch die Wirkung einer Verfügungsbeschränkung i.S.d. § 894 BGB hat, ist eine vergleichbare Interessenlage gegeben.

3. Zwischenergebnis

Somit kann § 894 BGB in entsprechender Anwendung auch auf die Zustimmung zur Löschung eines Widerspruchs gerichtet sein.[13]Allgemeine Ansicht in der Literatur und Rspr.; statt vieler Hertel in BeckOGK BGB, Stand 15.04.2021, § 899 BGB Rn.70; H.-W. Eckert in BeckOK BGB, 64. Edition, Stand 01.11.2022, § 894 BGB, Rn. 6; … Continue reading

B. Unrichtigkeit der eingetragenen Widersprüche

Ein solcher Anspruch aus § 894 BGB analog würde zunächst voraussetzen, dass das Grundbuch hinsichtlich der gegen die Löschung der Auflassungsvormerkung zugunsten des B eingetragenen Widersprüche Materiell unrichtig ist.

I. Widerspruch nach § 899 I BGB

Ein Widerspruch i.S.d. § 899 I BGB ist materiell-rechtlich unwirksam, wenn seine materiell-rechtlichen Voraussetzungen, also insbesondere das Bestehen eines Grundbuchberichtigungsanspruchs aus § 894 BGB, wegfallen oder von Anfang an nicht bestanden haben.[14]Hertel in BeckOGK BGB, Stand 15.04.2021, § 899 BGB Rn.62 – insbesondere auch mit der Feststellung, dass dies auch dann gilt, wenn die materielle Voraussetzung zum Zeitpunkt der Eintragung des … Continue reading Der hier in Frage stehende Widerspruch ist gegen die Löschung der Auflassungsvormerkung zugunsten des B eingetragen und wäre somit unrichtig, wenn B nicht in Folge der Löschung dieser Vormerkung seinerseits einen Anspruch auf Grundbuchberichtigung nach § 894 BGB geltend machen könnte, der durch den Widerspruch nach § 899 I BGB abgesichert werden könnte. Dies wäre wiederum dann der Fall, wenn die nunmehr gelöschte Auflassungsvormerkung materiell-rechtlich keinen Bestand (mehr) hat.

Anmerkung: Zum besseren Verständnis

Üblicherweise geht in Fällen des gutgläubigen Vormerkungserwerbung der Erwerber, der eine Vormerkung gutgläubig erworben hat, aus § 888 BGB gegen ein vormerkungswidrig eingetragenes Recht vor. Wie auch der BGH in seinem Urteil gesondert feststellt,[15]BGH, Urteil vom 09.12.2022 – V ZR 91/21, BeckRS 2022, 40727, Rn.4. geht die K hier allerdings als Eigentümerin des Grundstücks gegen einen eingetragenen Widerspruch vor, weil sie davon ausgeht, dass sie das Eigentum an dem Grundstück lastenfrei erworben hat. Im Grunde geht es also um die Frage, ob die K sich die Vormerkung zugunsten der B entgegenhalten lassen muss, was dazu führen würde, dass der Eigentusmerwerb der K gegenüber dem B gem. § 883 II BGB relativ unwirksam wäre und sich die K einem potentiellen Anspruch des B aus § 888 BGB ausgesetzt sehen würde. Die eigene Vormerkung der K hätte in diesem Fall keine entsprechende Wirkung, da diese nach der Vormerkung zugunsten des B eingetragen und somit nachrangig ist. Die Frage nach einem Anspruch der K aus § 894 BGB (analog) und die Frage nach einem möglichen Vorgehen des B gegen die Eintragung der K als Eigentümerin nach § 888 BGB sind insofern zwei Seiten derselben Medaille, dass sie beide davon abhängen, ob die gutgläubig lastenfreies Eigentum erworben hat, oder nicht.
Dieser Fragestellung nähert sich der Fall dabei aus der oben dargestellten eher ungewöhnlichen Richtung in der Einkleidung eines Anspruchs aus § 894 BGB (analog). Die Konstellation wirkt im ersten Moment sehr kompliziert und unübersichtlich, weil man die Problematik im Rahmen des Anspruchs quasi von hinten aufrollt. Die Gedankenkette, auf welcher dieser Fall basiert ist einfacher, wenn man sich die einzelnen Kausalitäten vor Augen führt: Wenn die Auflassungsvormerkung zugunsten des B bestand hat, dann ist die Löschung nicht korrekt und das Grundbuch hinsichtlich der Löschung unrichtig i.S.d. § 894 BGB. Wenn das Grundbuch hinsichtlich der Löschung unrichtig i.S.d. § 984 BGB ist, ist der gegen die Löschung eingetragene Widerspruch materiell-rechtlich wirksam. Wenn der gegen die Löschung eingetragene Widerspruch materiell-rechtlich wirksam ist, ist das Grundbuch in Ansehung der Widersprüche nicht unrichtig i.S.d. § 894 BGB analog. Dann hätte die K keinen Anspruch auf Zustimmung zur Berichtigung.

Daraus folgt, dass die Unrichtigkeit des Grundbuchs davon abhängig ist, ob die Auflassungsvormerkung zugunsten des B in materiell-rechtlicher Hinsicht bestand hat. Dies wäre insbesondere dann nicht der Fall, wenn die K durch ihren Eigentumserwerb das Recht des B bzgl. dessen Löschung die Widersprüche eingetragen sind (also die Auflassungsvormerkung), gutgläubig wegerworben hat.

Um den problematischen Prüfungspunkt der „materiellen Unrichtigkeit der Widersprüche“ korrekt aufbauen zu können, sollte man sich dabei Folgendes vor Augen führen:

1. Ein Widerspruch gegen die Löschung eines Rechts ist dann materiell unrichtig, wenn die Löschung mit der materiellen Rechtslage übereinstimmt (§§ 899, 894 BGB)
2. Die Löschung würde dann mit der materiellen Rechtslage übereinstimmen, wenn das gelöschte Recht materiell-rechtlich nicht (mehr) bestünde und somit unrichtig eingetragen wäre
3. Die bloße Löschung einer Vormerkung führt nicht zum Untergang der Vormerkung, sondern zur Unrichtigkeit des Grundbuchs
4. In einem solchen Fall kann ein Dritter das Grundstück jedoch gutgläubig lastenfrei ohne die Vormerkung erwerben (§ 891 II i.V.m. § 892 I 1 BGB). Dadurch verliert die Vormerkung auch ihre materiell-rechtliche Wirkung.
5. Aufgrund der bloß relativen Unwirksamkeit vormerkungswidriger Verfügungen (§ 883 II BGB), hat derjenige, der sich mittels eines vormerkungsgesicherten Anspruchs verpflichtet hat, eine Rechtsposition an den Vormerkungsgläubiger zu übertragen, grds. weiterhin die Möglichkeit, über diese Rechtsposition zu verfügen.

1. Materiell-rechtliche Unrichtigkeit der Auflassungsvormerkung zugunsten des B

Dies wäre zum einen der Fall, wenn B die Vormerkung nie wirksam erworben hätte oder eine Wirksamkeitsvoraussetzung der Vormerkung mittlerweile entfallen wäre. Da die Auflassungsvormerkung zugunsten des B laut Sachverhalt allerdings zu Unrecht gelöscht worden ist, kann davon nicht ausgegangen werden.[16]Vgl. dazu auch die Ausführungen in BGH, Urteil vom 09.12.2022 – V ZR 91/21, BeckRS 91/21, Rn.6.

2. Gutgläubiger lastenfreier Erwerb, §§ 873, 925, 891 II, 892 I 1 BGB

Zum anderen würde die besagte Auflassungsvormerkung auch dann keine materiell-rechtliche Wirkung mehr entfalten, wenn S oder K das Eigentum an dem Grundstück gutgläubig lastenfrei hinsichtlich der in Frage stehenden Auflassungsvormerkung zugunsten des B erworben hätten, da in diesem Fall die Rechtsposition des B in Folge der Wirkung der §§ 891 II, 892 I 1 BGB verloren gehen würde.[17]vgl. dazu H.-W. Eckert in BeckOKBGB, 64. Edition, Staand 01.11.2022, § 892 BGB Rn.27.

Ein gutgläubiger lastenfreier Erwerb durch die S scheidet allerdings aus, da die S weder gutgläubig war (beim Vormerkungserwerb war die Auflassungsvormerkung zugunsten des B noch nicht gelöscht worden) noch selber Eigentum erworben hat.

In Frage käme allerdings ein gutgläubiger lastenfreier Erwerb der K nach §§ 873, 925, 891 II, 892 I 1 BGB.

a) Eintragung und Auflassung, §§ 873 , 925 BGB

E hat der K gegenüber das in Frage stehende Grundstück i.S.d. §§ 873 I, 925 BGB aufgelassen, wobei hinsichtlich des Einigseins zum Zeitpunkt der ebenfalls erfolgten Eintragung der E ins Grundbuch (§ 873 I, II BGB) keinerlei Zweifel bestehen.

b) Berechtigung der E

Die E war als Eigentümerin des Grundstücks auch zur Übertragung des Eigentums an diesem berechtigt. Der Umstand, dass zu diesem Zeitpunkt zugunsten des B eine Auflassungsvormerkung bestand, ändert daran nichts, da § 883 II BGB lediglich die relative Unwirksamkeit einer vormerkungswidrigen Verfügung gegenüber dem Vormerkungsberechtigten festsetzt und daher die Verfügungsbefugnis des Vormerkungsschuldners gerade nicht beseitigt.[18]Vgl. statt vieler H.-W. Eckert in BeckOK BGB, 64. Edition Stand 01.11.2022, § 883 BGB Rn. 49 f. mwN.

c) Gutgläubig lastenfreier Erwerb hinsichtlich Auflassungsvormerkung des B, §§ 891 II, 892 I BGB

Allerdings war die E nicht berechtigt, der S das Grundstück frei von der Belastung durch die Auflassungsvormerkung zugunsten des B zu verschaffen. In Frage steht daher, ob die Auflassungsvormerkung zugunsten des B im Zuge eines gutgläubigen lastenfreien Erwerbs (§§ 891 II, 892 I 1 BGB) wegerworben wurde.

aa) Rechtsgeschäft im Sinne eines Verkehrsgeschäfts

Auch der gutgläubig lastenfreie Erwerb setzt voraus, dass es sich bei dem Eigentumserwerb um ein Rechtsgeschäft im Sinne eines Verkehrsgeschäfts handelt. Ein Verkehrsgeschäft ist ein Rechtsgeschäft, bei dem das Vermögen auf eine vom Veräußerer verschiedene Person übergeht.[19]Vieweg/Lorz, Sachenrecht, 9. Auflage 2022, § 5 Rn.10. E und K sind personenverschieden, sodass ein Verkehrsgeschäft vorliegt.

bb) Guter Glaube, § 892 BGB

Zum Zeitpunkt des Eigentumserwerbs der K war die Auflassungsvormerkung zugunsten des B bereits aus dem Grundbuch gelöscht, so dass gem. §§ 892 I 1, 891 II BGB zugunsten der K grds. vermutet wird, dass diese Vormerkung nicht besteht. Diese Wirkung schließt § 892 I 1 BGB a.E. zwar für den Fall der positiven Kenntnis von der Unrichtigkeit des Grundbuchs aus,[20]Hertel in BeckOGK BGB, § 892 BGB, Rn. 75. eine solche Kenntnis der K ist hier allerdings nicht ersichtlich ist.

cc) Kein eingetragener Widerspruch

Darüber hinaus gilt der Inhalt des Grundbuchs zugunsten der K allerdings auch dann nicht als richtig i.S.d. § 892 I 1 BGB, wenn zum Zeitpunkt des Rechtserwerbs ein Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs eingetragen ist. Hier wurden bereits vor dem Eigentumserwerb der K Widersprüche nach §§ 899 BGB, 53 I 1 GBO gegen die Löschung der Auflassungsvormerkung zugunsten des B ins Grundbuch eingetragen, so dass der gutgläubige lastenfreie Erwerb der K grds. ausgeschlossen ist.

Möglicherweise käme ein gutgläubiger lastenfreier Erwerb allerdings in Ansehung dessen, dass die S der K den vormerkungsgesicherten Auflassungsanspruch gegen E vor der Eintragung der Widersprüche abgetreten hat, dennoch in Betracht. Dies würde voraussetzen, dass die K eine entsprechende Vormerkung vor der Eintragung des Widerspruchs erworben hat und diese durch die Eintragung des Widerspruchs nicht beseitigt worden ist.

Vorliegend könnte K die Vormerkung von der S erworben haben.

(1) Abtretungsvertrag, kein Abtretungsausschluss

Da eine Auflassungsvormerkung nicht einzeln übertragen werden kann, würde dies zunächst voraussetzen, dass die S der K den vormerkungsgesicherten Anspruch gem. §§ 398 ff. BGB abgetreten hat.[21]Vgl. dazu Berger in Jauernig, Bürgerliches Gesetzbuch, § 883 BGB, Rn.24. Vorliegend haben K und S einen Abtretungsvertrag i.S.d. § 398 BGB bzgl. des Auflassungsanspruchs der S gegen die E geschlossen, wobei kein Abtretungsausschluss i.S.d. § 399 BGB ersichtlich ist.

(2) Berechtigung

Dies hat zur Folge, dass die Auflassungsvormerkung, die diesen Anspruch sichert, gem. § 401 BGB analog übergeht,[22]vgl. BGH, NJW 1994, 2947 (2948). sofern die S auch hinsichtlich der Vormerkung zur Übertragung berechtigt war. Davon wäre auszugehen, wenn E der S die Vormerkung wirksam eingeräumt hätte und S zum Zeitpunkt der Abtretung Inhaberin des durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs gewesen wäre.

(a) Bestehen einer zu sichernden Forderung

Als streng akzessorisches Recht setzt die Vormerkung den Bestand einer zu sichernden Forderung voraus.[23]H.-W. Eckert in BeckOK BGB, § 883 BGB Rn.3. Diese Forderung besteht hier in Form des Anspruchs der S gegen die E auf Übertragung des Eigentums an dem Grundstücks aus dem zwischen E und S im Jahr 2014 abgeschlossenen Kaufvertrag.

(b) Bewilligung, Eintragung, Einigsein, § 885 BGB

Die Bewilligung i.S.d. § 885 BGB liegt vor. Die Auflassungsvormerkung zugunsten der S ist darüber hinaus ins Grundbuch eingetragen worden. Zu diesem Zeitpunkt waren S und E sich bzgl. der Einräumung der Auflassungsvormerkung einig.

(c) Berechtigung der E

Die E war außerdem berechtigt, der S eine Auflassungsvormerkung einzuräumen. Die bereits bestehende Auflassungsvormerkung zugunsten des B ändert daran nichts, weil die Auflassungsvormerkung bloß relative Wirkung entfaltet und die Vormerkungsbefugnis der E somit nicht betrifft.[24]Vgl. dazu Prüfungspunkt A.I.3.b).

Allerdings bestand zu diesem Zeitpunkt bereits die Auflassungsvormerkung zugunsten des B, die zu diesem Zeitpunkt überdies noch nicht aus dem Grundbuch gelöscht war. Gem. § 879 I BGB analog[25]zur analogen Anwendung der §§ 879 ff. BGB auf die Kollision zweier Vormerkungen: Lettmaier in MüKo BGB, 9, Aufl. 2023, § 883 BGB Rn.83. konnte S die Auflassungsvormerkung somit nur nachrangig der Vormerkung zugunsten des B erwerben.

Anmerkung: Das Zusammentreffen mehrerer Vormerkungen

Unumstritten ist die analoge Anwendung der §§ 879 ff. BGB auf das Zusammentreffen mehrerer Vormerkungen allerdings nicht. Teilweise verläuft der Streit dabei parallel zum Streit bzgl. der Dogmatik des gutgläubigen Ersterwerbs (siehe dazu die nächste Anmerkung), da auch bzgl. der §§ 879 ff. BGB in Frage steht, ob die Vormerkung ein dingliches Recht oder diesem jedenfalls gleichzustellen ist. Die herrschende Meinung geht dabei von einer analogen Anwendung der §§ 879 ff. BGB aus.[26]Dazu Lettmaier in MüKo BGB, 9. Aufl. 2023, § 883 BGB, Rn. 83 mwN. Hier wurde der Streit nicht aufgemacht, da die entsprechende Anwendung im vorliegenden Fall nicht von besonderer Relevanz ist. Schließlich ließe sich die Belastung durch die Auflassungsvormerkung zugunsten des B ansonsten auch aus § 883 BGB herleiten.

Anmerkung: Der gutgläubige Ersterwerb einer Vormerkung

Eine Nachrangigkeit der Vormerkung zugunsten der S könnte nur dann verneint werden, wenn sie die Vormerkung in Ansehung der Auflassungsvormerkung zugunsten des B gutgläubig lastenfrei (bzw. gutgläubig hinsichtlich des Rangs der Vormerkung) erworben hätte. Dabei stellt sich – genau so wie sonst auch im Rahmen des gutgläubigen Ersterwerbs einer Vormerkung – die Frage nach der dogmatischen Grundlage des gutgläubigen Ersterwerbs einer Vormerkung. Der entsprechende Streit wurde hier hier nicht thematisiert, da aufgrund der Eintragung der Auflassungsvormerkung zugunsten des B zum Zeitpunkt des Vormerkungserwerbs evident kein gutgläubig lastenfreier Erwerb vorlag. Dennoch sollen hier die einzelnen Ansichten einmal in Kürze dargestellt werden:

Fraglich ist insofern die Rechtsnatur der Vormerkung: Ist die Vormerkung als dingliches Recht i.S.d. §§ 892, 893 BGB anzusehen?

h.M.: Bei der Vormerkung handelt es sich um ein Sicherungsmittel eigener Art, auf welches die Vorschriften der §§ 893, 892 BGB (analog) anzuwenden sind.[27]So statt vieler Lettmaier in MüKo BGB, 9. Aufl. 2023, § 885 BGB, Rn.45 mwN.

Eine Unteransicht: Bewilligung und Eintragung einer Vormerkung sind als Verfügung anzusehen, sodass eine direkte Anwendung der §§ 893, 892 BGB.[28]So insbesondere Assmann in BeckOGK BGB, Stand 01.02.2023, § 883 BGB, Rn. 129.1.

Herrschende Unteransicht: Bewilligung und Eintragung einer Vormerkung sind nur verfügungsähnlich, sodass §§ 893, 892 BGB analog anzuwenden sind.[29]Lettmaier in MüKo BGB, 9. Aufl. 2023,§ 885 BGB Rn. 45.

a.A.: Die Vormerkung ist ein selbständiges dingliches Recht, auf welches 892 BGB direkt Anwendung findet.[30]zwar ablehnend aber diese Ansicht jedenfalls kurz darstellend: Assmann in BeckOGK BGB, Stand 01.02.2023, § 885 BGB Rn. 128.1.

w.A.: Teile der älteren Literatur vertraten darüber hinaus, die Ansicht, dass es sich bei der Vormerkung lediglich um einen Grundbuchvermerk ohne Rechtscharakter[31]Biermann, Widerspruch und Vormerkung, Jena 1901, 184. bzw. um eine qualifizierte Verfügungsbeschränkung[32]Knöpfle, Die Vormerkung, JuS 1981, 157 (158 f.). handelt. Dies hätte beides zur Folge, dass eine Anwendung der §§ 893, 892 BGB (bzw. ein gutgläubiger Erwerb generell) ausscheiden würde. Diese Ansichten können mE (außerhalb von Hausarbeiten) jedoch dahinstehen, da sie schon seit geraumer Zeit nicht mehr vertreten werden.

(3) Gutgläubiger lastenfreier Erwerb

Fraglich ist allerdings, ob die K die Auflassungsvormerkung auch gutgläubig lastenfrei hinsichtlich der zugunsten des B bestehenden Auflassungsvormerkung erworben hat.

(a) Möglichkeit des gutgläubigen lastenfreien Erwerbs einer Vormerkung

Dies würde zunächst voraussetzen, dass ein gutgläubig lastenfreier Zweiterwerb einer Vormerkung überhaupt möglich ist. Die Möglichkeit eines gutgläubigen Zweiterwerbs einer Vormerkung ist allerdings insgesamt umstritten.

(aa) e.A.: Gutgläubiger Zweiterwerb einer Vormerkung ist nicht möglich

Teilweise wird die Möglichkeit des gutgläubigen Zweiterwerbs einer Vormerkung abgelehnt. Diese Ablehnung wird unter anderem darauf gestützt, dass die Vormerkung im Rahmen des Zweiterwerbs nur übertragen werden kann, indem die vormerkungsgesicherte Forderung abgetreten wird und die Vormerkung daraufhin lediglich gem. § 401 BGB analog per Gesetz übergeht. Daher fehle es an einem für einen gutgläubigen Erwerb erforderlichen Rechtsgeschäft im Sinne eines Verkehrsgeschäfts.[33]vgl. entsprechende Zusammenfassung in BGH, Urteil vom 09.12.2022 – V ZR 91/21, BeckRS 2022, 40727, Rn. 26. Außerdem fehle es an der für den Schutz des guten Glaubens aus §§ 892 ff. BGB erforderlichen sachenrechtlichen Übertragungsform.[34]ebenfalls im Rahmen der Zusammenfassung in BGH, Urteil vom 09.12.2022 – V ZR 91/21, BeckRS 2022, 40727, Rn. 26; H.-W. Eckert in BeckOK BGB, 64. Edition, Stand 01.11.2022, § 885 BGB Rn.27. Darüber hinaus wird angeführt, dass der Umstand, dass eine Vormerkung aufgrund ihrer Akzessorietät jederzeit außerhalb des Grundbuchs übertragen werden kann,[35]Da die Vormerkung bei jeder Abtretung des Anspruchs gem. § 401 BGB analog mit übergeht, sofern der Übertragung nicht ausdrücklich widersprochen wird, wird im Falle der Abtretung ohne … Continue reading dazu führe, dass die bloße Eintragung schon keine dahingehende Vermutung begründen könne, dass der eingetragene Berechtigte auch Inhaber der Vormerkung sei.[36]ebenfalls im Rahmen der Zusammenfassung in BGH, Urteil vom 09.12.2022 – V ZR 91/21, BeckRS 2022, 40727, Rn. 26. Schließlich kontrahiere ein Zweiterwerber mangels Aussagekraft der Eintragung ins Grundbuch stets mit einer Person, die schlicht behauptet Inhaber einer Forderung zu sein. Der Gute Glaube in die Inhaberschaft und das Bestehen eines Anspruchs würde von der Rechtsordnung jedoch nicht geschützt.[37]H.-W. Eckert in BeckOK BGB, § 885 BGB, Rn.28; Assmann in BeckOGK BGB, § 885 BGB, Rn. 161.

(bb) h.M.: Gutgläubiger Zweiterwerb einer Vormerkung ist möglich

Überwiegend wird jedoch vertreten, dass der gutgläubige Zweiterwerb einer Vormerkung möglich ist, sofern jedenfalls der gesicherte Anspruch besteht.[38]Besteht der in Frage stehende Anspruch nicht, kann auch die Vormerkung nicht gutgläubig erworben werden, da dies dem gutgläubigen Erwerb einer Forderung entsprechen würde, den das deutsche Recht … Continue reading

Den dogmatischen Bedenken der erstgenannten Ansicht hinsichtlich des fehlenden Rechtsgeschäfts im Sinne eines Verkehrsgeschäfts in Folge der Anwendbarkeit von § 401 BGB (analog) begegnet diese Ansicht damit, dass die Vormerkung zwar per Gesetz jedoch aufgrund der Abtretung des vormerkungsgesicherten Anspruchs und somit aufgrund eines Rechtsgeschäfts übergeht.[39]vgl. BGH, Urteil vom 09.12.2022 – V ZR 91/21, BeckRS 2022, 40727, Rn. 32.

Weiter führt diese Ansicht hinsichtlich der Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs nach §§ 892, 893 BGB analog aus, dass die Vormerkung zwar kein dingliches Recht an einem Grundstück sei, als besonders geartetes Sicherungsmittel jedoch geeignet sei, dem geschützten Anspruch in gewissem Rahmen eine dingliche Wirkung zu verleihen.[40]BGH, Urteil vom 09.12.2022 – V ZR 91/21, BeckRS 2022, 40727, Rn.25; BGH, Beschluss vom 21.06.1957 – V ZB 6/57, NJW 1957, 1229.

Anmerkung: Parallelen zur Frage nach dem gutgläubigen Ersterwerb einer Vormerkung

Hier wird deutlich, dass der im Rahmen des gutgläubigen Ersterwerbs einer Vormerkung zu führende Streit hinsichtlich der Rechtsnatur einer Vormerkung auch im Rahmen des Streits nach der Möglichkeit eines gutgläubigen Zweiterwerbs der Vormerkung eine tragende Rolle spielt. Dies ist wenig erstaunlich, wenn man sich vor Augen führt, dass die Frage nach der Rechtsnatur der Vormerkung entscheidend für die (analoge) Anwendbarkeit der §§ 892, 893 BGB ist. Gleichzeitig bedeutet dies auch, dass in Klausuren, in denen zuvor der gutgläubige Ersterwerb einer Vormerkung zu prüfen war, hinsichtlich dieses Teils des Streits schlicht nach oben verwiesen werden kann. Auch wenn der gutgläubige Ersterwerb noch nicht zu prüfen war, kann der hiesige Meinungsstreit anders untergliedert werden:

1. Rechtsnatur der Vormerkung (wie im Rahmen der Frage nach dem gutgläubigen Ersterwerb einer Vormerkung; zur Klärung der Frage, ob die §§ 893, 892 BGB auf die Vormerkung überhaupt angewendet werden können)

2. Entsprechende Anwendbarkeit auch auf den gutgläubigen Zweiterwerb (hier wären dann die anderen Argumente anzubringen, die an die Besonderheit der Übertragung der Vormerkung um Zweiterwerb anschließen)

Diese dingliche Wirkung in Form der Gebundenheit des Grundstücks zeige sich insbesondere in der relativen Unwirksamkeit von Zwischenrechten (§ 883 II BGB) und der Rangsicherung (§ 883 III BGB) in Folge der Vormerkung. Darüber hinaus bestünde auch ein praktisches Bedürfnis für die Verkehrsfähigkeit der Vormerkung (insbesondere in Fällen der Kettenauflassung) bei einer vergleichbaren Schutzbedürftigkeit des Erwerbers, sodass bzgl. des gutgläubigen Vormerkungserwerbs auch eine vergleichbare Interessenlage im Vergleich zu dem gutgläubigen Erwerb dinglicher Rechte bestünde.[41]Vgl. BGH, Urteil vom 09.12.2022 – V ZR 91/21, BeckRS 2022, 40727, Rn.25, 30

(cc) Streitentscheid

Da die beiden Ansichten zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, ist ein Streitentscheid erforderlich.

Dabei ist der erstgenannten Ansicht zwar grundsätzlich zuzugeben, dass die Vormerkung kein dingliches Recht i.S.d. § 892 I 1 BGB ist, jedoch überzeugt die Argumentation, dass es sich bei der Vormerkung um ein Sicherungsmittel eigener Art handelt, durch welches der gesicherte schuldrechtliche Anspruch mit einer hinreichenden dinglichen Wirkung versehen wird, um eine analoge Anwendung der §§ 893, 892 I 1 BGB zu bejahen.[42]vgl. BGH, Urteil vom 09.12.2022 – V ZR 91/21, BeckRS 2022, 40727, Rn.28. Schließlich führen die relative Unwirksamkeit von Rechten, welche die Vormerkung beeinträchtigen (§ 883 II BGB) sowie die Rangwirkung der Vormerkung (§ 883 III BGB) zu einer dinglichen Gebundenheit des Grundstücks. Die bloße Feststellung, dass die Vormerkung kein dingliches Recht im eigentlichen Sinn ist, wird dieser Annäherung an ein dingliches Recht nicht gerecht.[43]vgl. BGH, Urteil vom 09.12.2022 – V ZR 91/21, BeckRS 2022, 40727, Rn.28. Aufgrund dieser Annäherung an ein dingliches Recht vermag auch das Argument der erstgenannten Ansicht, dass im Rahmen des Zweiterwerbs einer Vormerkung lediglich ein schuldrechtlicher Anspruch abgetreten würde, wohingegen § 892 I 1 BGB ein dingliches Recht verlangt, nicht zu überzeugen. 

Die Argumentation, wonach ein gutgläubiger Zweiterwerb jedenfalls an der fehlenden vergleichbaren Interessenlage zu anderen Fällen des § 892 I 1 BGB scheitere, ist hier jedenfalls entgegenzuhalten, dass ihr im Falle des gutgläubigen lastenfreien Vormerkungserwerbs jegliche Grundlage fehlt. Zwar ist das Argument, dass die Übertragungsform der Vormerkung dazu führt, dass die Wahrscheinlichkeit der unrichtigen Eintragung des Berechtigten aus dem vormerkungsgesicherten Anspruch erhöht ist und dementsprechend eine solche Eintragung keinen guten Glauben zu begründen vermag, nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Allerdings besteht die Gutgläubigkeit im Rahmen des gutgläubigen lastenfreien Erwerbs gerade nicht hinsichtlich der Inhaberschaft der Vormerkung, da Inhaberschaft ja gerade korrekt eingetragen ist. Vielmehr besteht der gute Glaube im Fall des gutgläubigen lastenfreien Erwerbs hinsichtlich des Fehlens anderer eintragungsfähiger Tatsachen, welche die Vormerkung bzw. das im Rahmen des vormerkungsgesicherten Anspruchs erworbene Recht beeinträchtigen würden – beim Vorliegen zweier Vormerkungen also hinsichtlich des Ranges der Vormerkung. Hinsichtlich dieser Aspekte kann das Grundbuch aber auch in Ansehung obiger Argumentation einen guten Glauben erzeugen, da insofern die Eintragung der Vormerkung in einem bestimmten Rang unabhängig von der Person des Berechtigten ein Vertrauen erzeugen kann.

Aus ebendiesem Grund bezieht sich der gute Glaube beim gutgläubigen lastenfreien Zweiterwerb einer Vormerkung auch keinesfalls lediglich auf die Inhaberschaft hinsichtlich einer Forderung, so dass auch das Argument, dass ein solcher Glaube im Rechtsverkehr nicht schützenswert sei, in diesem Kontext keine Wirkung entfaltet.

Zu dem genannten tritt außerdem hinzu, dass im Rechtsverkehr ein praktisches Bedürfnis für die Verkehrsfähigkeit der Vormerkung besteht. Schließlich führt erst die hinreichende Absicherung des Erwerbers (insbesondere in Form der Vormerkung) zur Fälligkeit des Zahlungsanspruchs.[44]BGH, Urteil vom 09.12.2022 – V ZR 91/21, BeckRS 2022, 40727, Rn.30. Eine solche Vormerkung kann allerdings gem. § 885 I BGB erst dann eingeräumt werden, wenn der Veräußerer selbst im Grundbuch eingetragen ist. Gerade in Fällen des Zwischenerwerbs in Form der Kettenauflassung ist die Verkehrsfähigkeit der Vormerkung also höchst relevant, um Zeit und Kosten zu sparen.[45]Ebd. Würde der gutgläubige Zweiterwerb einer Vormerkung jedoch nicht zugelassen, würde dies die Verkehrsfähigkeit der Vormerkung erheblich einschränken, da dies dazu führen würde, dass ein Erwerber einer Vormerkung gerade nicht darauf vertrauen könnte, dass er die Vormerkung auch erworben hätte, nur weil dies den Eintragungen des Grundbuchs entspricht.

Dem steht auch nicht entgegen, dass die Vormerkung nur über § 401 BGB (analog) in Folge der Abtretung des vormerkungsgesicherten Anspruchs übergeht. Dies widerspricht werrtungsmäßig nicht der Einordnung des Übergangs der Vormerkung als Rechtsgeschäft (im Sinne eines Verkehrsgeschäfts), weil der Vormerkungsübergang jedenfalls in funktioneller Hinsicht eine Einheit mit der zugrundeliegenden Abtretung – also einem Rechtsgeschäft – bildet.[46]BGH, Urteil vom 09.12.2022 – V ZR 91/21, BeckRS 2022, 40727, Rn.32.

Im Ergebnis ist daher von der Möglichkeit des gutgläubigen Zweiterwerbs einer Vormerkung auszugehen. Dies gilt nicht auch – sondern ausweislich vorangegangener Ausführungen erst Recht – für den Fall des gutgläubigen lastenfreien Zweiterwerbs einer Vormerkung.[47]ebenfalls mit dem Erst-Recht-Schluss argumentierend: BGH, Urteil vom 09.12.2022 – V ZR 91/21, BeckRS 2022, 40727, Rn.24.

Anmerkung: Zusammenfassung der Argumentation

Der BGH gliedert die Darlegung seiner Ansicht im Rahmen des hier thematisierten Urteils (Rn. 27-33) in Ansehung der Thematik grds. recht übersichtlich, sodass die Struktur des Urteils hier zumindest partiell übernommen worden ist. Dabei ist es natürlich illusorisch, einen derart umfassenden Streitstand in einer Klausur auch nur annähernd so umfassend zu lösen, wie es der BGH tut. Dennoch lohnt es sich möglichst viele der folgenden Schwerpunkte des Streits einzeln zu thematisieren und die folgenden Argumente anzubringen:
1. §§ 892, 893 BGB (analog) setzen ein Rechtsgeschäft im Sinne eines Verkehrsgeschäfts voraus:
Argument der ersten Ansicht: Die Vormerkung folgt gem. § 401 BGB der Forderung und geht somit per Gesetz, nicht im Rahmen eines Rechtsgeschäfts über.
Argument der herrschenden Meinung: Auch dem Übergang einer Vormerkung nach § 401 BGB liegt die Abtretung einer Forderung zugrunde – da der Vorgang ganzheitlich zu betrachten ist, ist auch der Übergang einer Vormerkung funktionell als Rechtsgeschäft anzusehen.[48]BGH, Urteil vom 09.12.2022 – V ZR 91/21, BeckRS 2022, 40727, Rn.32.
2. Hinsichtlich der ausschließlichen Anwendung des § 892 I 1 BGB auf dingliche Rechte
Argument der ersten Ansicht: Im Rahmen des Zweiterwerbs einer Vormerkung wird lediglich ein schuldrechtlicher Anspruch abgetreten, wohingegen § 892 I 1 BGB jedenfalls ein dingliches Recht voraussetzt.
Argument der herrschenden Meinung: Die Vormerkung ist ein Sicherungsmittel eigener Art, welches dem gesicherten schuldrechtlichen Anspruch aufgrund der Wirkungen des § 883 II, III BGB eine beträchtliche dingliche Wirkung zukommen lässt.[49]BGH, Urteil vom 09.12.2022 – V ZR 91/21, BeckRS 2022, 40727, Rn.28.
3. Hinsichtlich der vergleichbaren Interessenlage der Gutgläubigkeit im Rahmen des gutgläubigen Zweiterwerbs der Vormerkung zu § 892 I 1 BGB:
Argument der ersten Ansicht: Aufgrund der strengen Akzessorietät der Vormerkung geht bei einer Übertragung der gesicherten Forderung im Regelfall auch die Vormerkung mit, wodurch das Grundstück unrichtig wird, so dass auf die Eintragungen des Grundbuchs hinsichtlich der Vormerkung nicht vertraut werden kann. Eine vergleichbare Interessenlage zu den nach § 892 I 1 BGB gutgläubig zu erwerbenden Rechten kann aber nur dann vorliegen, wenn dem Grundbuch bzgl. der Eintragungen hinsichtlich dieser Rechte auch eine den guten Glauben begründende Aussagekraft zukommt.
Argument der herrschenden Meinung: Trotz dieses Umstandes kann dem Grundbuch jedenfalls die dingliche Gebundenheit des gesicherten Rechts sowie die Rangstellung der Vormerkung entnommen werden – dadurch entsteht jedenfalls bezüglich diesen sachenrechtlichen Auswirkungen der Vormerkung ein Rechtsschein, auf den der Zessionar vertraut.[50]BGH, Urteil vom 09.12.2022 – V ZR 91/21, BeckRS 2022, 40727, Rn.29 Der gute Glaube an den aus dem Grundbuch ersichtlichen sachenrechtlichen Teil der Vormerkung ist nicht deswegen weniger schutzwürdig, weil sich die von der Forderung abhängigen Elemente der Vormerkung nicht aus dem Grundbuch ergeben. [51]BGH, Urteil vom 09.12.2022 – V ZR 91/21, BeckRS 2022, 40727, Rn.32. Dies gilt erst Recht im Falle des gutgläubigen lastenfreien Zweiterwerbs.
4. Hinsichtlich des schützenswerten Interesses des Erwerbers:
Argument der ersten Ansicht: Letztlich vertraut der Erwerber beim Zweiterwerb einer Vormerkung lediglich auf die Inhaberschaft hinsichtlich einer Forderung. Ein solcher guter Glaube ist jedoch im Rechtsverkehr nicht schützenswert.
Argumente der herrschenden Meinung: Der Rechtsverkehr hat auch beim gesetzlichen Übergang der Vormerkung ein Interesse daran, dass auf das Grundbuch verlass ist, da die Eintragung der Vormerkung Grundlage für das Vertrauen des Erwerbers ist, das Eigentum ohne die zu diesem Zeitpunkt nicht eingetragenen Belastungen zu erwerben. Insbesondere besteht ein praktisches Bedürfnis des Rechtsverkehrs an der Verkehrsfähigkeit der Vormerkung, da erst die hinreichende Absicherung des Erwerbers die Fälligkeit des Zahlungsanspruchs auslöst.[52]BGH, Urteil vom 09.12.2022 – V ZR 91/21, BeckRS 2022, 40727, Rn.30. Auch ein schutzwürdiges Interesse desjenigen, der auf die Eintragungen des Grundbuchs vertraut, ist insofern gegeben.

(b) Auswirkungen der zwischenzeitlichen Eintragung der Widersprüche

Dementsprechend ist ein gutgläubiger (lastenfreier) Zweiterwerb der Vormerkung jedenfalls in Bezug auf etwaige Zwischenverfügungen möglich. Fraglich ist jedoch, ob ein solcher Vormerkungserwerb auch dann möglich ist, wenn – wie hier durch zwischenzeitliche Eintragung der Vormerkung – zwischen gutgläubigem Vormerkungserwerb und Eigentumserwerb die Voraussetzungen des gutgläubigen Erwerbs entfallen. Diesbezüglich bestehen unterschiedliche Ansichten.

Anmerkung: Aufbau und Gliederung des Streits

Diese Frage stellt sich vornehmlich in allen Fällen, in denen eine Vormerkung gutgläubig oder gutgläubig lastenfrei erworben worden ist und für das Recht, hinsichtlich dessen der Erwerber der Vormerkung gutgläubig war, zwischen Erwerb und Eintragung ein Widerruf i.S.d. §§ 899 I BGB, 53 I 1 GBO eingetragen wird. Hier ist letztlich danach zu fragen, ob der Schutz einer Vormerkung nur hinsichtlich Zwischenverfügungen bestehen soll oder ob der Schutz der Vormerkung so weitgehend sein soll, dass diese auch vor der eigenen Bösgläubigkeit des Erwerbers und somit im Ergebnis vor dem Risiko der Unrichtigkeit des Grundbuchs zum Zeitpunkt des Vormerkungserwerbs schützen soll.

(aa) h.M.: Große Lösung

Nach der sog. großen Lösung soll die Gutgläubigkeit zum Zeitpunkt des Vormerkungserwerbs ausreichen, um einen gutgläubigen Vollrechtserwerb annehmen zu können.[53]Zwar ablehnend aber ausführlich: Assmann in BeckOGK BGB, § 885 BGB, Rn. 139 mwN. Dies wird insbesondere damit begründet, dass der gutgläubige Erwerb einer Vormerkung in seiner Sinnhaftigkeit jedenfalls stark eingeschränkt wäre, wenn er nicht vor dem Wegfall der Voraussetzungen des gutgläubigen Erwerbs selbst schützen sollte.[54]vgl. insbesondere Assmann in BeckOGK, § 885 BGB, 139.2. 

Dogmatisch begründet wird dies ferner damit, dass die in §§ 883 II, 884 BGB, 106 InsO, 48 ZVG geregelten Wirkungen der Vormerkung auf einen vollumfänglichen Schutz des Vormerkungserwerbers schließen ließen. Mithin sei auch ein Schutz vor der eigenen Unredlichkeit des Inhabers der Vormerkung beim Vollrechtserwerb anzunehmen.[55]Canaris, Der redliche Vormerkungserwerb, JuS 1969, 80 (82); Reinicke, Auflassungsvormerkung und guter Glaube, NJW 1964, 2373 (2375). Zwischen den gesetzlich angeführten Erwerbshindernissen und dem Fall der nachträglichen Unrichtigkeit bestünde nämlich die Vergleichbarkeit, dass der Vormerkungsberechtigte auf den Eintritt des Erwerbshindernisses keinen Einfluss habe.[56]Schönewerk, die gutgläubig erworbene Vormerkung und ihre Wirkungen, 1985, S. 129 ff. Folgt man der großen Lösung, könnte ein etwaiger gutgläubiger lastenfreier Vormerkungserwerb auf den Eigentumserwerb durchschlagen. Ein gutgläubiger lastenfreier Eigentumserwerb der K wäre somit möglich.

(bb) e.A.: Kleine Lösung

Demgegenüber geht die sog. kleine Lösung davon aus, dass die Gutgläubigkeit des Erwerbers auch zum Zeitpunkt des Vollrechtserwerbs fortbestehen muss.[57]Assmann in BeckOGK, Stand 01.02.2023, § 885 BGB, Rn.141 mwN. Diese Lösung lehnt den Schutz des Vormerkungserwerbers hinsichtlich des Fortbestands seiner Redlichkeit i.S.d. §§ 892, 893 BGB (analog) ab, da die Vormerkung allein die Erfüllbarkeit des entstandenen Anspruchs sichere, der im Falle des gutgläubigen Vormerkungserwerbs aber schon von Anfang an mit dem Mangel des übertragenen Rechts behaftet gewesen sei.[58]Assmann in BeckOGK BGB, § 885 BGB, Rn.141. Daher sei der berechtigte Rechtsinhaber schützenswerter, da ansonsten ein dingliches Recht durch einen bloß obligatorischen Anspruch verdrängt würde.[59]Assmann in BeckOGK BGB, § 885, Rn. 141, 141.1. Eine Vergleichbarkeit mit den in §§ 883 II, 884 BGB, 106 InsO, 48 ZVG geregelten Erwerbshindernissen erkennt diese Ansicht überdies nicht an, da letztere anders als die eigene Unredlichkeit des Vormerkungsgläubigers nicht aus dessen Sphäre, sondern aus der Sphäre des Vormerkungsschuldners stammen würden.[60]Assmann in BeckOGK BGB, § 885, Rn. 139.1. Folgt man der kleinen Lösung wäre ein gutgläubiger lastenfreier Eigentumserwerb der K ausgeschlossen.

(cc) Streitentscheid

Da die Ansichten zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, ist ein Streitentscheid erforderlich.

Unabhängig davon, wie sehr der Ansatz der Herleitung über den umfassenden Schutz der §§ 883 II, 884 BGB, 106 InsO, 48 ZVG zu überzeugen vermag, ist doch zumindest nicht von der Hand zu weisen, dass es der Sicherheit der Vormerkung allgemein schaden würde, wenn sie nicht auch vor einer nachträglichen Grundbuchberichtigung schützen würde. Der bloße Schutz vor Zwischenverfügungen mag zwar der Intention der Vormerkung als solcher grds. gerecht werden, allerdings bleibt das unter (a) (cc) dargestellte gewichtige Interesse des Rechtsverkehrs an einer Vormerkung, deren gutgläubiger Erwerb im Ergebnis dem des Eigentumserwerbs möglichst gleichgestellt ist.[61]Dazu Wacke, Gutgläubiger Vormerkungserwerb und Konfusion, NJW 1981, 1577 (1578): Vormerkung sei sonst ein stumpfes Schwert. Letztlich spricht außerdem das Vertrauen des Rechtsverkehrs auf die gefestigte BGH-Rechtsprechung zum umfassenden Schutz der Vormerkung für die große Lösung. Dieses Vertrauen zeigt sich darin, dass im Regelfall die Zahlung des Kaufpreises unmittelbar auf die Eintragung der Vormerkung folgt, was ein gesteigertes Bedürfnis für den Verkehrsschutz der Vormerkung mit sich bringt.[62]Kohler in MüKo BGB, § 893 Rn. 13. Es ist folglich der großen Lösung zu folgen, so dass die K im Falle ihrer Gutgläubigkeit zum Zeitpunkt des Vormerkungserwerbs auch das Eigentum am Grundstück gutgläubig erwerben könnte, obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits Widersprüche im Grundbuch eingetragen waren.

(c) Voraussetzungen der §§ 893, 892 BGB analog

Zum Zeitpunkt des Vormerkungserwerbs der K war die Auflassungsvormerkung zugunsten des B aus dem Grundbuch gelöscht und die K hatte keine positive Kenntnis hinsichtlich des Bestehens der Vormerkung, sodass gem. §§ 893, 892 BGB analog i.V.m. § 891 II BGB zu ihren Gunsten davon auszugehen ist, dass die Vormerkung zugunsten des B nicht besteht. Dem stand zum Zeitpunkt des Vormerkungserwerbs auch noch kein eingetragener Widerspruch gegen die Löschung dieser Vormerkung entgegen. Somit liegen die Voraussetzungen der §§ 893, 892 BGB analog vor.

(4) Zwischenergebnis

K hat die Vormerkung gutgläubig lastenfrei hinsichtlich der Vormerkung zugunsten des B von der S erworben. Dies wirkt sich entsprechend auf den Vollrechtserwerb aus.

4. Zwischenergebnis

Mithin hat die K das Grundstück gem. §§ 873, 925, 891 I, 892 I 1 BGB gutgläubig lastenfrei hinsichtlich der zugunsten des B eingetragenen Auflassungsvormerkung erworben, so dass diese Auflassungsvormerkung auch materiell-rechtlich keinen Bestand mehr hat. Dadurch hat der eingetragene Widerspruch nach § 899 BGB seine materiell-rechtliche Voraussetzung der Unrichtigkeit des Grundbuchs hinsichtlich der Löschung dieser Auflassungsvormerkung verloren, so dass das Grundbuch nun hinsichtlich des eingetragenen Widerspruchs gegen die Löschung unrichtig i.S.d. § 894 BGB (analog) ist.

II. Widerspruch nach § 53 I 1 GBO

Die Eintragung eines Widerspruchs nach § 53 I 1 GBO setzt – ebenso wie die Erwirkung eines Widerspruchs nach § 899 BGB – die materielle Unrichtigkeit des Grundbuchs i.S.d. § 894 BGB voraus.[63]Holzer in BeckOK GBO, 48. Edition, Stand 02.01.2023, § 53 GBO, Rn.25 mwN. Da eine solche Unrichtigkeit des Grundbuchs hinsichtlich der Löschung der Auflassungsvormerkung, gegen welche sich auch der hier in Frage stehende Amtswiderspruch richtet, allerdings nicht (mehr) gegeben ist (siehe I.), ist auch der nach § 53 I 1 GBO eingetragene Amtswiderspruch materiell unrichtig i.S.d. § 894 BGB (analog). 

III. Zwischenergebnis

Die gegen die Löschung der Auflassungsvormerkung zugunsten des B eingetragenen Widersprüche sind seit dem gutgläubigen lastenfreien Eigentumserwerb durch die K nunmehr materiell unrichtig. Eine Unrichtigkeit des Grundbuchs i.S.d. § 894 BGB analog ist also gegeben.

C. Unmittelbare Beeinträchtigung des K

Als durch die eingetragenen Widersprüche faktisch beeinträchtigte Eigentümerin des Grundstücks ist die K Anspruchsberechtigte des Anspruchs aus § 894 BGB analog.

D. Recht des B durch Berichtigung betroffen

B müsste außerdem hinsichtlich beider Widersprüche Gegner des Anspruchs aus § 894 BGB analog sein.

I. Bzgl. Widerspruch aus § 899 BGB

Verpflichteter hinsichtlich des Widerspruchs aus § 899 BGB ist der B, da sich der eingetragene Widerspruch gegen die Löschung eines vormals zu seinen Gunsten eingetragenen Rechts richtet. Folglich ist durch die Berichtigung ein Recht des B betroffen.

II. Bzgl. Amtswiderspruch aus § 53 I 1 GBO

Da § 894 BGB auf die Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs i.S.d. § 19 GBO gerichtet ist, ist B auch hinsichtlich des Amtswiderspruchs i.S.d. § 53 I 1 GBO Verpflichteter, weil der Amtswiderspruch zu seinen Gunsten eingetragen ist.[64]So auch BGH, Urteil vom 09.12.2022 – V ZR 91/21, BeckRS 2022, 40727, Rn. 11 f. 

Anmerkung: Argumentation des BGH

Zu dieser Frage führt der BGH in seinem Urteil recht umfassend aus. Demnach ist der Anspruch aus § 894 BGB (analog) ein gesonderter Fall des Eigentumsstörungsanspruchs aus § 1004 BGB.[65]BGH, Urteil vom 09.12.2022 – V ZR 91/21, BeckRS 2022, 40727 unter Verweis auf BGH, Urteil vom 08.02.1952 – V ZR 6/50 sowie BGH, Urteil vom 09.02.2018 – V ZR 299/14, NJW 2019, 71 Rn. … Continue reading Da die Regelung des § 894 BGB insofern auf die Zustimmung zur Änderung des Grundbuchs abzielt, die nach § 19 GBO erforderlich ist, muss hinsichtlich der Störereigenschaft ausreichen, dass eine Änderung nur unter Zustimmung des in Anspruch genommenen möglich ist.[66]BGH, Urteil vom 09.12.2022 – V ZR 91/21, BeckRS 2022, 40727, Rn.10 f. mwN. Auf die Form des eingetragenen Widerspruchs und dessen Entstehung ist demnach nicht abzustellen. Um dies zu untermauern stellt der BGH insbesondere auf die Kostentragungsregelung des § 897 BGB ab, nach welcher die Kosten der Berichtigung grds. dem zur Berichtigung Berechtigten auferlegt werden, was für Ansprüche auf Beseitigung einer Eigentumsstörung sehr unüblich ist und sich nur dadurch erklären lässt, dass nicht vorausgesetzt wird, dass der Anspruchsgegner die Unrichtigkeit des Grundbuchs zu verantworten hat.[67]Vgl. BGH, Urteil vom 09.12.2022 – V ZR 91/21, BeckRS 2022, 40727, Rn.11 mwN.

E. Keine Einreden des B

Einreden des B sind nicht ersichtlich.

F. Ergebnis

Folglich hat K gegen B einen Anspruch aus § 894 BGB (analog) auf Zustimmung zur Löschung (i.S.d. § 19 GBO) der gegen die Löschung der ursprünglich zu Gunsten des B eingetragenen Vormerkung eingetragenen Widersprüche.

Aufgabe 2: Anspruch aus § 894 BGB analog

K könnte gegen B einen Anspruch aus § 894 BGB analog auf Zustimmung zur Löschung (i.S.d. § 19 GBO) der gegen die Löschung der ursprünglich zu Gunsten des B eingetragenen Vormerkung eingetragenen Widersprüche haben.[68]zur analogen Anwendung: Aufgabe 1 A.II.

A. Unrichtigkeit der eingetragenen Widersprüche

Wie bereits festgestellt (Aufgabe 1 B) würde ein solcher Anspruch voraussetzen, dass die nach §§ 899 BGB, 53 I 1 GBO eingetragenen Widersprüche gegen die Löschung der zugunsten des B bestellten Auflassungsvormerkung materiell unrichtig sind. Da sich die Grundkonstellation im Vergleich zu Aufgabe 1 nicht verändert hat, käme dies auch hier nur im Falle des Wegerwerbs der Auflassungsvormerkung im Rahmen eines hinsichtlich dieser Vormerkung gutgläubig lastenfreien Eigentumserwerbs in Frage. Hier könnte bereits ein gutgläubiger lastenfreier Eigentumserwerb durch S anzunehmen sein, da S in Folge der Ermächtigung durch K die Leistung (also die Eigentumsübertragung) für die K in Empfang nahm, §§ 362 II, 185 BGB.

I. Einigung über die Rechtsänderung (Auflassung), §§ 873, 925 BGB

E und S haben sich über den Eigentumsübergang des Grundstücks geeinigt und die S wurde als Eigentümerin ins Grundbuch eingetragen. Zum Zeitpunkt der Eintragung waren sich E und S hinsichtlich des Eigentumsübergangs einig. Der Umstand, dass E durch die Leistung an die S eine Verbindlichkeit gegenüber der K erfüllte, ist dabei zunächst unerheblich.[69]Dies ist in dieser Konstellation der Fall, weil die S laut Sachverhalt auch als neue Eigentümerin ins Grundbuch eingetragen worden ist. In der Praxis wird es regelmäßig zu einer Kettenauflassung … Continue reading

II. Berechtigung der E

Die E war zur Auflassung berechtigt (siehe Aufgabe 1 B.I.2.b) ).

III. Gutgläubiger lastenfreier Erwerb hinsichtlich der Auflassungsvormerkung

Die S müsste darüber hinaus gutgläubig i.S.d. §§ 891 II, 892 I 1 BGB hinsichtlich des Nichtbestehens der Auflassungsvormerkung zugunsten des B gewesen sein. 

1. Gutgläubigkeit zum Zeitpunkt des Eigentumserwerbs

Unabhängig davon, dass die S über positive Kenntnis bzgl. der Auflassungsvormerkung verfügte, war sie zum Zeitpunkt des Eigentumserwerbs schon deswegen nicht gutgläubig, weil der entsprechende Erwerb erst nach der Eintragung der Widersprüche ins Grundbuch erfolgte und die S sich schon daher gem. § 892 I 1 BGB a.E. nicht auf ihre Gutgläubigkeit berufen kann.

2. Gutgläubiger lastenfreier Ersterwerb der Auflassungsvormerkung

Auch ein gutgläubiger lastenfreier Ersterwerb der Vormerkung scheitert jedenfalls an der fehlenden Gutgläubigkeit der S (vergleiche dazu: Aufgabe 1 B.I.2.c) cc) (2) (c) ).

3. Zurechnung des guten Glaubens der K im Rahmen des gutgläubigen lastenfreien Zweiterwerbs

Angesichts dessen, dass die Leistung der E an die S eine Leistung der E auf den vormerkungsgesicherten Auflassungsanspruch der K war und die K die S lediglich zur Entgegennahme dieser Leistung nach §§ 362 II, 185 BGB berechtigt hat, käme allerdings in Betracht, dass der gutgläubige lastenfreie Zweiterwerb der Auflassungsvormerkung durch die K (siehe Aufgabe 1 B.I.2.c) cc) ) auch hinsichtlich der Eigentumsübertragung durch die E auf die S maßgeblich ist.

Auch im Falle von durch eine gutgläubig (lastenfrei) erworbene Auflassungsvormerkung gesicherten Ansprüchen kann eine Dritte Person, die aufgrund einer Ermächtigung i.S.d. § 185 I BGB zur Entgegennahme der Leistung berechtigt (verfügungsberechtigt) ist, gutgläubig Eigentum erwerben, sofern die Leistung auf die vormerkungsgesicherte Forderung erfolgte.[70]vgl. BGH, Urteil vom 09.12.2022 – V ZR 91/21, BeckRS 2022, 40727, Rn. 35 ff.

Diesbezüglich kann nichts anderes gelten, wenn diese Person selbst als Zwischenerwerber bösgläubig ist, da die Eigentumsübertragung als Erfüllung des vormerkungsgesicherten Anspruchs schon keine Frage der Gutgläubigkeit ist. Insofern kann es nämlich nur darauf ankommen, welche Wirkung die Vormerkung zugunsten des Gläubigers hatte.[71]BGH, Urteil vom 09.12.2022 – V ZR 91/21, BeckRS 2022, 40727, Rn. 41. Dieser erwirbt durch eine Leistung auf den Anspruch, der durch eine gutgläubig (lastenfrei) erworbene Vormerkung gesichert ist, auch dann gutgläubig (lastenfrei) Eigentum, wenn die Voraussetzungen der Gutgläubigkeit zwischenzeitlich entfallen sind (siehe Aufgabe 1 B.I.2.c) cc) (3) (b) ).[72]So zu verstehen wohl auch BGH, Urteil vom 09.12.2022 – V ZR 91/21, BeckRS 2022, 40727, Rn.41 aE. Würde es bei der Ermächtigung Dritter zum Empfang der Leistung dennoch auf deren Gutgläubigkeit ankommen, würde dies zu Zufallsergebnissen führen, da die Bewertung davon abhinge, ob eine und wenn ja welche dritte Person zum Empfang der Leistung eingesetzt wird. Dies würde auch zu einer Schwächung der Rechtstellung des Vormerkungsinhabers führen.[73]BGH, Urteil vom 09.12.2022 – V ZR 91/21, BeckRS 2022, 40727, Rn.42.

VI. Zwischenergebnis

Die gegen die Löschung der Auflassungsvormerkung zugunsten des B eingetragenen Widersprüche sind seit dem gutgläubigen lastenfreien Eigentumserwerb durch die S nunmehr materiell unrichtig. Eine Unrichtigkeit des Grundbuchs i.S.d. § 894 BGB analog ist mithin gegeben.

B. K als Anspruchsberechtigte

Da die K im weiteren Verlauf von der S gem. §§ 873, 925 BGB (hier war keine Gutgläubigkeit erforderlich, da die K von der berechtigten S Eigentum erwarb) Eigentum an dem Grundstück erwarb, ist sie als faktisch durch die Widersprüche beeinträchtige Verfügungsberechtigte taugliche Anspruchstellerin des Anspruchs aus § 894 BGB (analog).

C. B als Anspruchsgegner ohne Einreden

B ist hinsichtlich beider eingetragenen Widersprüche tauglicher Anspruchsgegner; Einreden des B sind nicht ersichtlich (siehe jeweils Aufgabe 1 D. bzw. E.).

D. Ergebnis

Mithin hat K gegen B einen Anspruch aus § 894 BGB (analog) auf Zustimmung zur Löschung (i.S.d. § 19 GBO) der gegen die Löschung der ursprünglich zu Gunsten des B eingetragenen Vormerkung eingetragenen Widersprüche.


Zusatzfrage

Beschreiben Sie eine sog. Kettenauflassunng am Verhältnis von E, S und K.
Der Grundfall einer sog. „Kettenauflassung“ gleicht der hier dargestellten Konstellation zwischen E, S und K dahingehen, dass ein Erstverkäufer (hier die E), einem Zwischenkäufer (hier der S) ein Grundstück verkauft, welches dieser dann an den letztlichen Käufer (hier die K) weiterverkauft. Anders als im oben dargestellten Regelfall würden E und S im Falle einer Kettenauflassung jedoch nicht den gesamten Erwerbstatbestand (bestehend aus Auflassung und Eintragung, §§ 873, 925 BGB) durchlaufen, bevor S das Grundstück an die K weiterveräußert. Stattdessen würde die S das Grundstück ohne Zwischeneintragung weiterveräußern, so dass die K unmittelbar auf die E im Grundbuch folgen würde.
Dies hätte allerdings zur Folge, dass die S nie wirksam Eigentum an dem Grundstück erworben hätte und über das Eigentum somit nur als Nichtberechtigte verfügen könnte.
Besteht zugunsten des Weiterverkäufers (wie hier zugunsten der S) eine Auflassungsvormerkung oder hat der Weiterverkäufer bereits einen Antrag auf Grundbucheintragung gestellt, ist dies unproblematisch, weil zugunsten des Weiterverkäufers in diesen Fällen ein Anwartschaftsrecht entsteht,[74]näheres dazu: Grün in BeckOK BGB, 64.Edition, Stand 01.11.2022, § 925 BGB, Rn.42. über welches er als Berechtigter verfügen kann.[75]vgl. BGH NJW 1989, 1093 (1094); mit Bedenken hinsichtlich der Lösung mit Hilfe des AWR: Egbert Schneider, Kettenauflassung und Anwartschaft, MDR 1994, 1057.
Besteht kein solches Anwartschaftsrecht kann regelmäßig im Wege der Auslegung eine der Auflassung innewohnende Weiterverfügungsermächtigung i.S.d. § 185 I BGB angenommen werden, da es im Allgemeinen dem Willen des Auflassenden nicht widerspricht, wenn im Falle der Weiterveräußerung keine Zwischeneintragung stattfindet.[76]Grün in BeckOK BGB, § 925 BGB, Rn. 25 mwN. Nur wenn eine solche Auslegung der Auflassungserklärung scheitert und kein Anwartschaftsrecht besteht, ist eine Weiterveräußerung ohne Zwischeneintragung ausgeschlossen.
Im vorliegenden Fall wäre die S Inhaberin eines Anwartschaftsrechts gewesen und hätte dieses allein durch die Auflassung an die K veräußert (§§ 873, 925 BGB). Die K hätte dann als Inhaberin des Anwartschaftsrechts unmittelbar von der E Eigentum erworben – unabhängig davon, ob es zu einer Zwischeneintragung der S gekommen wäre.[77]Vgl. Grün in BeckOK BGB, § 925 BGB Rn.46.

Zusammenfassung

1. Beim gutgläubigen (lastenfreien) Zweiterwerb einer Vormerkung ist hinsichtlich der Gutgläubigkeit der Zeitpunkt der Abtretung des vormerkungsgesicherten Anspruchs entscheidend.

2. Beim Zweiterwerb einer Vormerkung ist § 892 I 1 BGB zugunsten des Zessionars analog anzuwenden. Der Inhalt des Grundbuchs gilt zu seinen Gunsten auch hinsichtlich des Rangs der Vormerkung und der Freiheit des Grundstücks von anderen nicht eingetragenen eintragungsfähigen Lasten als richtig. Bestätigt hat der BGH außerdem, dass der Inhalt des Grundbuchs betreffend der Entstehungsvoraussetzungen (inklusive der wirksamen Bewilligung) der Vormerkung zugunsten des gutgläubigen Erwerbers als richtig gilt, dies jedoch mit Blick auf den Bestand der gesicherten Forderung einzuschränken ist.

3. Wenn der in Ansicht der Lastenfreiheit eines Grundstücks bösgläubige Zedent seine Vormerkung an einen gutgläubigen Zessionar abtritt und der Eigentümer auf die Verbindlichkeit der durch die entsprechende Vormerkung gesicherten Forderung mit Zustimmung des Zessionars an den bösgläubigen Zedenten leistet, so ist dem Zedenten die Gutgläubigkeit des Zessionars zuzurechnen.

4. Ein Anspruch aus § 894 BGB analog kann sich auch gegen einen Amtswiderspruch richten. Tauglicher Anspruchsgegner ist auch in diesem Fall derjenige, zu dessen Gunsten der Amtswiderspruch eingetragen ist.

5. Ist der in Frage stehende vormerkungsgesicherte Anspruch aufschiebend bedingt, kann sich der Inhaber der entsprechenden Vormerkung erst dann auf die Wirkung der Vormerkung berufen, wenn die Bedingung eingetreten ist (dies wurde hier zwar nicht dargestellt, es ergibt sich aber aus dem zugrundeliegenden Urteil).

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