highlight_off
Gebietsverträglichkeit einer Schank- und Speisewirtschaft

BVerwG, Urteil vom 20.03.2019 – 4 C 5.18

Sachverhalt

(abgewandelt und gekürzt)

Der A ist Eigentümer eines Wohnhauses in der Stadt X in Niedersachsen. Unmittelbar an das Wohnhaus des A grenzt ein seit längerem leerstehendes Gebäude. Die B kaufte das Gebäude samt Grundstück und baute das Gebäude zu einer Gaststätte im Brauhausstil um. Bei der zuständigen Behörde beantragte die B für das Vorhaben eine Genehmigung. Die formell rechtmäßige Genehmigung enthielt die Erlaubnis zum Betrieb einer Gaststätte mit 74 Plätzen im Thekenbereich und einen angrenzenden Speisesaal mit 246 Sitzplätzen. Die Betriebszeit beginnt um 9 Uhr morgens und endet um 1:00 Uhr nachts. Die Gaststätte wird bzgl. des bewirteten Umfangs zur Versorgung des Gebiets dienen. Zudem plant die B nicht mit der Bewirtung von Gästen außerhalb des Gebiets. Für das Gebiet setzt der bekannt gemachte Bebauungsplan ein allgemeines Wohngebiet fest. Eine wesentliche Lärmbelästigung der Nachbarn ist nicht zu erwarten.

Der A wendet sich gegen die Baugenehmigung der B. A ist der Meinung, dass eine Gaststätte dieser Größe und mit den Betriebszeiten bei typisierender Betrachtung mit dem Charakter eines allgemeinen Wohngebiets nicht zu vereinbaren sei.

Nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens erhebt der A form- und fristgerecht Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht.

Hat die Klage des A Aussicht auf Erfolg?


Skizze


Gutachten

Die Klage des A hat Aussicht auf Erfolg, wenn sie zulässig und soweit sie begründet ist.

A. Zulässigkeit

Die Klage müsste zulässig sein.

I. Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges

Die Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges richtet sich mangels aufdrängender Sonderzuweisung nach § 40 I 1 VwGO. Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit ist dabei nach der modifizierten Subjektstheorie eine solche, bei der die streitentscheidenden Normen einseitig einen Träger öffentlicher Gewalt berechtigen oder verpflichten. [1]BeckOK VwGO/Reimer, 56. Ed. 1.4.2020, VwGO § 40 Rn. 45.4. Streitentscheidend für die Baugenehmigung sind Normen des öffentlichen Baurechts, welche die zuständige Behörde als Träger öffentlicher Gewalt einseitig berechtigen. Da die Streitigkeit auch nichtverfassungsrechtlicher Art ist und keine abdrängende Sonderzuweisung einschlägig ist, ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet.

II. Statthafte Klageart

Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Begehren des Klägers, § 88 VwGO. Der A wendet sich gegen eine Baugenehmigung. Die Baugenehmigung wurde aber weder ihm verwehrt oder erteilt, sondern seiner Nachbarin der B erteilt. Mithin wäre eine Drittanfechtungsklage statthaft, wenn die Baugenehmigung einen Verwaltungsakt iSd § 35 VwVfG darstellen würde. Eine Baugenehmigung stellt einen Verwaltungsakt dar. Mithin ist die Drittanfechtungsklage statthaft.

III. Klagebefugnis (P)

Der A müsste klagebefugt sein. Dafür muss dieser geltend machen, dass die Möglichkeit besteht in eigenen Rechten verletzt zu sein. Der A ist nur der Nachbar und im Gegensatz zur Bauherrin B nicht Erklärungsadressat der Baugenehmigung. Dementsprechend kann hier nicht auf den Adressatengedanken abgestellt werden. [2]Schoch/Schneider VwGO, VwGO vor § 42 Abs. 2, Rn. 95.

1. Drittschützende Norm

Vielmehr müsste A geltend machen, dass eine drittschützende Norm verletzt ist. Nach der Schutznormtheorie entfaltet eine Rechtsnorm Drittschutz, wenn diese nicht nur dem Schutz der öffentlichen Interessen dient, sondern auch dem Schutz eines erkennbar abgrenzbaren oder abgegrenzten Personenkreises, also den Schutz privater Interessen, dient. [3]Schoch/Schneider VwGO, VwGO vor § 42 Abs. 2, Rn. 96.

a) Gebietserhaltungsanspruch

Durch die Festsetzung der in § 1 II BauNVO genannten Baugebiete in einem Bebauungsplan, werden die diesbezüglichen Vorschriften der §§ 2 ff. BauNVO kraft Gesetzes gem. § 1 III 2 BauNVO Bestandteil des B-Plans. Die Vorhaben in einem Baugebiet sind hinsichtlich des Zwecks und Charakters jeweils gleich strukturiert. Daraus ergibt sich eine bodenrechtliche Schicksalsgemeinschaft. Diese berechtigt den Eigentümer innerhalb des von ihm bewohnten Baugebiets sich gegen jede artfremde Bebauung zu wehren und den sog. Gebietserhaltungsanspruch geltend zu machen, ohne das eine unzumutbare Beeinträchtigung vorliegen muss. Insofern könnte sich hier der Drittschutz aus den Festsetzungen des B-Plans ergeben. [4]BeckOK BauNVO/Spannowsky, 25. Ed. 15.12.2020, BauNVO § 1 Rn. 144

b) Gebietsprägungserhaltungsanspruch

Darüber hinaus könnte sich der A auf einen Gebietsprägungserhaltungsanspruch berufen. Im Unterschied zum Gebietserhaltungsanspruch ist der Gebietsprägungserhaltungsanspruch einschlägig, wenn das Vorhaben an sich unter die Regel- oder Ausnahmebebauung der §§ 2 ff. BauNVO subsumiert werden kann, jedoch als gebietsunverträglich eingestuft wird, weil es der allgemeinen Zweckbestimmung des maßgeblichen Baugebietstyps widerspricht. [5]Decker, Der spezielle Gebietsprägungserhaltungsanspruch, JA 2007, 55, 57. A ist der Meinung, dass eine Gaststätte dieser Größe und mit den Betriebszeiten bei typisierender Betrachtung mit dem Charakter eines allgemeinen Wohngebiets nicht zu vereinbaren ist. Insofern könnte hier der Gebietsprägungserhaltungsanspruch einschlägig sein, wenn das Vorhaben grds. in dem Gebiet zulässig wäre.

2. Zwischenergebnis

Mithin besteht die Möglichkeit, dass eine drittschützende Norm verletzt ist. Der A ist damit klagebefugt.

Vernetztes Lernen: Drittschutz im Bauplanungsrecht

Ein weiteres examensrelevantes Problem ist der Drittschutz. Also wenn der Klagende nicht Adressat des Verwaltungsaktes war oder den Erlass eines Verwaltungsaktes an einen Dritten begehrt. Auch in diesen Konstellationen hilft der Adressatengedanke nicht weiter. Vielmehr muss für den Kläger die Verletzung einer drittschützenden Norm vorliegen und dieser davon betroffen sein.
Nach der Schutznormtheorie entfaltet eine Rechtsnorm Drittschutz, wenn diese nicht nur dem Schutz der öffentlichen Interessen zu dienen bestimmt ist, sondern (auch) dem Schutz eines erkennbar abgrenzbaren oder abgegrenzten Personenkreises dient. [6]Schoch/Schneider VwGO, VwGO vor § 42 Abs. 2, Rn. 96.

Eine bekannte Klausurkonstellation ist dabei, wenn der Kläger sich gegen eine rechtswidrige Bebauung durch den Nachbarn wehrt. Dann kann aus dem Bebauungsplan und ggf. dessen Festsetzungen der Drittschutz sich ergeben.
Die Vorhaben in einem Baugebiet sind nämlich durch die Festsetzungen hinsichtlich des Zwecks und Charakters jeweils gleich strukturiert. Daraus ergibt sich eine bodenrechtliche Schicksalsgemeinschaft. Diese berechtigt den Eigentümer innerhalb des von ihm bewohnten Baugebiets sich gegen jede artfremde Bebauung zu wehren und den sog. Gebietserhaltungsanspruch geltend zu machen. [7]BeckOK BauNVO/Spannowsky, 25. Ed. 15.12.2020, BauNVO § 1 Rn. 144.

Weitere Nachbarschützende Normen:
§ 30 BauGB vermittelt in Verbindung mit den Festsetzungen eines Bebauungsplans über die Art der baulichen Nutzung Nachbarschutz zugunsten aller Eigentümer in dem jeweiligen Plangebiet (Gebietserhaltungsanspruch). Dafür muss der Nachbar selbst nicht unzumutbar beeinträchtigt sein.

§ 34 I BauGB vermittelt im Einzelfall Nachbarschutz über das Gebot der Rücksichtnahme, das im Tatbestandsmerkmal „Einfügen“ verankert ist.

§ 34 II BauGB vermittelt aufgrund seiner Verweisung auf die Baugebiete der BauNVO auch ein Gebietserhaltungsanspruch. Bei gebietskonformen Vorhaben kommt Nachbarschutz im Einzelfall über § 15 Abs. 1 BauNVO in Betracht, in welchem das Gebot der Rücksichtnahme verankert ist.

– Der drittschützende Charakter des § 35 BauGB kann mithilfe des Rücksichtnahmegebots insbesondere aus § 35 III 1 Nr.3 anhand des Merkmals der „schädlichen Umwelteinwirkungen“ entnommen werden. [8]Battis/Krautzberger/Löhr, § 31 Rn. 80

IV. Vorverfahren

A hat erfolglos das erforderliche Vorverfahren durchgeführt.

V. Klagegegner

Die Klage ist gemäß § 78 I Nr. 1 VwGgegen den Rechtsträger der zuständigen Behörde zu richten.

VI. Beteiligten- und Prozessfähigkeit

Der A ist nach §§ 61 Nr. 1 Alt. 263 Nr. 1 VwGO beteiligten- und gem. § 62 I Nr.1  VwGO prozessfähig. Der Klagegegner ist gem. §§ 61 Nr. 163 Nr. 2 VwGO beteiligten- und gem. § 62 III VwGO prozessfähig, wenn er sich entsprechend vertreten lässt.

VIII. Zwischenergebnis

Die Drittanfechtungsklage des A ist zulässig.

B. Beiladung

Im Falle einer Anfechtungsklage des Nachbarn in baurechtlichen Streitigkeiten ist der Bauherr des Vorhabens als Adressat der Baugenehmigung notwendig beizuladen, § 65 II VwGO.

C. Begründetheit

Die Klage des A müsste begründet sein. Die Anfechtungsklage ist begründet, soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, § 113 I 1 VwGO.

I. Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung

Die Rechtsgrundlage für die Erteilung der Baugenehmigung ist § 70 I NBauO.

II. Formelle Rechtmäßigkeit

Laut Sachverhalt ist die Baugenehmigung formell rechtmäßig.

III. Materielle Rechtmäßigkeit

Die Baugenehmigung müsste materiell rechtmäßig sein. Die Baugenehmigung ist materiell rechtmäßig, wenn das Vorhaben genehmigungsfrei oder genehmigungspflichtig und genehmigungsfähig ist.

1. Genehmigungspflichtigkeit

Nach § 68 I NBauO bedürfen Baumaßnahmen der Genehmigung durch die Bauaufsichtsbehörde. Gemäß § 2 V NBauO zählt zu den Baumaßnahmen u.a. die Nutzungsänderung einer baulichen Anlage. Laut § 2 I 1 NBauO sind bauliche Anlagen mit dem Erdboden verbundene oder auf ihm ruhende, aus Bauprodukten hergestellte Anlagen. Dies trifft auf das Vorhaben der B zu. Zudem ist keine Ausnahme für die Genehmigungspflichtigkeit ersichtlich (zB § 62 NBauO).

2. Genehmigungsfähigkeit

Ferner müsste das Vorhaben der B auch genehmigungsfähig sein. Diese ergibt sich aus § 70 I 1 NBauO. Hiernach ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Es gilt jedoch zu beachten, dass § 63 NBauOein vereinfachtes Verfahren normiert. Das Vorhaben der B stellt keinen Sonderbau iSd § 2 V NBauO dar, sodass der Maßstab des § 63 I NBauO anzuwenden ist.

a) Bauplanungsrechtliche Zulässigkeit

Das Vorhaben der B müsste bauplanungsrechtlich zulässig sein.

aa) Anwendbarkeit der §§ 30 ff. BauGB

Das Vorhaben der B ist in einer auf Dauer gedachten Weise künstlich mit dem Erdboden verbunden und weist bodenrechtliche Relevanz auf. Es ist somit bauliche Anlage i.S.d. § 29 I BauGB und die Zulässigkeit nach §§ 30 ff. BauGB eröffnet.

(1) Zulässigkeit gem. § 30 I BauGB

Das Vorhaben liegt im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans gem. § 30 I BauGB. Nach der Festsetzung des B-Plan ist das Gebiet als allgemeines Wohngebiet nach § 4 BauNVO ausgewiesen. In einem allgemeinen Wohngebiet sind nach § 4 II Nr.2 BauNVO auch Schank- und Speisewirtschaften die der Versorgung des Gebiets dienen zulässig.

(a) Generelle Gebietsunverträglichkeit (P)

Zunächst könnte das Vorhaben der B gebietsunverträglich sein. A ist der Meinung, dass eine Gaststätte dieser Größe und mit den Betriebszeiten bei typisierender Betrachtung mit dem Charakter eines allgemeinen Wohngebiets nicht zu vereinbaren sei. Das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der Gebietsverträglichkeit ist eine Zulässigkeitsvoraussetzung, die in allen Baugebietstypen anzuwenden ist. [9]König/Roeser/Stock/Stock, 4. Aufl. 2019, BauNVO § 8 Rn. 19

Die Zulässigkeit eines bestimmten Vorhabens innerhalb eines Baugebiets richtet sich danach nicht allein nach der Einordnung des Vorhabens in eine bestimmte Begriffskategorie (Nutzungs- oder Anlagenart), sondern auch nach der Zweckbestimmung des jeweiligen Baugebiets. [10]BVerwG, NVwZ 2020, 404, 406. Gebietsunverträglich wäre demnach, wenn Anlagen zugelassen würden, die hinsichtlich ihrer Nutzung zwar per se nach der BauNVO zulässig wären, gleichwohl den Zweck des Baugebietes konterkarieren. Demnach ist die Gebietsverträglichkeit der Einzelfallprüfung nach § 15 I BauNVO vorgelagert. [11]König/Roeser/Stock/Stock, 4. Aufl. 2019, BauNVO § 8 Rn. 19

Notwendig ist eine doppelte, typisierende Betrachtung, nämlich hinsichtlich der typischen Nutzungsweise des Vorhabens und der typischerweise vorherrschenden Nutzungsart des jeweiligen Gebiets. In Bezug auf gebietsversorgende Schank- und Speisewirtschaft ist zunächst festzustellen, dass die Baunutzungsverordnung diese eher tatbestandlich eng in Kleinsiedlungsgebieten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO) und allgemeinen Wohngebieten (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO) für allgemein zulässig erklärt und ordnet diesen Gebieten sie funktional zu. Die von ihnen bei typisierender Betrachtung ausgehenden Störungen hält der Verordnungsgeber für gebietsverträglich. [12]BVerwG, NVwZ 2020, 404, 406.

Mithin muss unabhängig von der Größe und der Störung der Bewirtung zunächst geprüft werden, ob die Schank- und Speisewirtschaft der Versorgung des Gebiets dient und dem Zweck des Baugebiets nicht konterkariert. Wenn das der Fall ist, kann weiter auf die Umstände des Einzelfalls abgestellt werden (auf die sich der A insbesondere beruft) und ein eventueller Verstoß gegen § 15 I BauNVO geprüft werden, zB weil das Vorhaben wegen der von dem Betrieb ausgehenden Störungen für die Nachbarn eine unzumutbare Belästigung darstellt.

(b) Der Versorgung dienenden Schank- und Speisewirtschaft

Dementsprechend müsste die Gaststätte der B der Versorgung des Gebiets dienen.

Eine Schank- und Speisewirtschaft dient der Versorgung des Gebiets, wenn sie sich dem allgemeinen Wohngebiet, in dem sie liegt, funktional zuordnen lässt. [13]BverwG, NVwZ-RR 1993, 455, 456.  Ein solcher Bezug kann insbesondere fehlen, wenn die Gaststätte auf einen Personenkreis ausgerichtet ist, der nahezu zwangsläufig An- und Abfahrtverkehr mit den damit verbundenen gebietsinadäquaten Begleiterscheinungen verursacht, zB extremer Lärm oder unüblicher Personenverkehr. Die Schank- und Speisewirtschaft muss also auf die Deckung eines gastronomischen Bedarfs ausgerichtet sein, der in dem so abgegrenzten Gebiet und nach den dortigen demographischen und sozialen Gegebenheiten tatsächlich zu erwarten ist. [14]BVerwG, NVwZ 2020, 404, 405.

Die Gaststätte der B soll mit ihren 74 Plätzen im Thekenbereich und einen angrenzenden Speisesaal mit 246 Sitzplätzen grds. der Versorgung des Gebiets dienen. Zudem sind keine Gäste außerhalb des Gebiets zu erwarten und die B plant auch nicht mit der Bewirtung von auswärtigen Gästen. Mithin dient die Gaststätte der Versorgung des Gebiets und ist nicht als Gebietsunverträglich einzustufen.

(c) Verstoß des Vorhabens gegen das Rücksichtnahmegebot

Obwohl das Vorhaben sich in jeder Hinsicht (Art, Maß, Bauweise, überbaubare Grundstücksfläche) innerhalb des durch die Bebauung seiner Umgebung geprägten Rahmens hält, kann ausnahmsweise das Rücksichtnahmegebot verletzt sein. Eine wesentliche Lärmbelästigung der Nachbarn ist nicht zu erwarten. Im Rahmen der Einzelfallbetrachtung ist mangels entgegenstehender Informationen das Rücksichtnahmegebot nicht verletzt.

(2) Zwischenergebnis

Das Vorhaben des A ist bauplanungsrechtlich zulässig.

D. Ergebnis

Die Klage des A ist zulässig, aber unbegründet


Zusatzfrage

Seit einigen Jahren betreibt die B ohne Baugenehmigung ihre Gaststätte in dem allgemeinen Wohngebiet. Die zuständige Behörde möchte nun eine aufs Bauordnungsrecht gestützte Nutzungsuntersagung erlassen. Der zuständige Mitarbeiter stellt sich dabei die Frage, ob die Nutzung ohne Baugenehmigung dafür reicht oder weitere Voraussetzungen geprüft werden müssen.

Die Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung werden unterschiedlich beurteilt.
Einerseits wird vertreten, dass die formelle Illegalität (Baurechtswidrigkeit) ausreiche, also zB wie in der Zusatzfrage keine Baugenehmigung für das Vorhaben vorliegt. Dies wird damit begründet, dass bei einer Nutzungsuntersagung keine Substanzeinwirkung erfolge und die Nutzungsuntersagung jederzeit rückgängig gemacht werden könne. Zudem würde der Bauherr, aufgrund der sonst drohenden Konsequenzen, veranlasst rechtmäßig vor Baubeginn eine Baugenehmigung zu beantragen.
Andererseits wird vertreten, dass die Nutzungsuntersagung des Vorhabens sowohl die formelle als auch materielle Illegalität voraussetze. Eine Nutzungsuntersagung kann wirtschaftlich genauso einschneidend wie eine Beseitigungsverfügung sein und deswegen bedarf es auch der gesteigerten Voraussetzungen einer materiellen Illegalität.

Weitere Bauordnungsverfügungen:
Weitere klausurrelevanten Bauordnungsverfügungen sind die Beseitigungsverfügung und die Baueinstellungsverfügung. Als Tatbestandsvoraussetzungen für eine Baueinstellungsverfügung reicht die formelle oder materielle Illegalität aus und für eine Beseitigungsverfügung muss sowohl die formelle als auch die materielle Illegalität vorliegen.

Zusammenfassung:

1. Einer Schank- und Speisewirtschaft, die im Sinne von § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO der Versorgung eines allgemeinen Wohngebiets dient, kann nicht entgegengehalten werden, sie sei wegen der von ihrem Betrieb ausgehenden Störungen gebietsunverträglich.

2. Ein Dritter muss sich bei der Anfechtung einer an den Bauherrn erteilten Baugenehmigung auf eine drittschützende Norm berufen. 


[+]