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Der missglückte Drogenhandel und eine gebrochene Nase

BGH, Urteil vom 1.8.2018 – 3 StR 651/17, NStZ 2019, 511

Sachverhalt

Der C schlägt dem E im Zuge seiner Geburtstagsfeier vor, einen ihnen unbekanntem Drogenhändler Ecstasy-Pillen notfalls mit Gewalt abzunehmen. Anschließend wollen sie die Pillen verkaufen und den Erlös für sich behalten. E stimmt seinem Vorschlag zu. E wollte C unterstützen, weil er sich wegen der Einladung zur Feier und des großzügigen Versorgens mit Drogen dazu verpflichtet fühlte. Der C ruft den Drogenhändler an und fordert ihn auf, zur Wohnung zu kommen. Der C gibt dem E einen Baseballschläger und begibt sich in den Innenhof. E versteckt sich im dunklen Erdgeschoss des Hauses.

Zunächst erscheint indes S, mit dem beide befreundet sind. Der C begrüßt S und sagte ihm, er könne sich zu den anderen Gästen in die Wohnung begeben. Für den C ist dabei vorhersehbar, dass E den S mit dem Drogenhändler verwechseln könnte. Er geht jedoch davon aus, dass E den S rechtzeitig erkennen würde. Er unterlässt es daher, E oder S zu warnen. E hält allerdings in der Dunkelheit S für den herbeigerufenen Drogenhändler. Der E schlägt daher wie geplant dem S, der mit keinem Angriff rechnet, mit dem Baseballschläger auf die Nase, die dadurch bricht. Erst jetzt erkennt E seinen Irrtum.

Wie haben sich C und E strafbar gemacht?

Skizze

Gutachten

A. Strafbarkeit des E

I. Strafbarkeit gemäß §§ 253 Abs. 1, 255, 250 Abs. 2 Nr. 1, 22, 23 Abs. 1 StGB

E könnte sich wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung gemäß §§ 253 Abs. 1, 255, 250 Abs. 2 Nr. 1, 22, 23 Abs. 1 StGB strafbar gemacht haben, indem er S mit dem Baseballschläger ins Gesicht schlug, um den Besitz der Ecstasy-Pillen zu erlangen.

1. Vorprüfung

S besaß keine Ecstasy-Tabletten, weshalb keine Vermögensminderung bei ihm eintreten konnte. Die Tat ist damit nicht vollendet. Der Versuch ist gemäß § 23 Abs. 1 StGB aufgrund des Verbrechenscharakters (§ 12 Abs. 1 StGB) der räuberischen Erpressung strafbar.

2. Tatentschluss

Hierzu müsste E den Tatentschluss zur Begehung der räuberischen Erpressung gefasst haben. Dieser umfasst den Vorsatz, also den Willen zur Verwirklichung des Tatbestandes in Kenntnis aller objektiven Tatbestandsmerkmale zum Tatzeitpunkt, und das Vorliegen aller sonstigen subjektiven Tatbestandsmerkmale.

a) Qualifiziertes Nötigungsmittel

E müsste Vorsatz bezüglich der Anwendung eines qualifizierten Nötigungsmittels, also der Anwendung von Gewalt gegen eine Person oder der Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben gehabt haben, §§ 253, 255 StGB. Gewalt gegen eine Person liegt vor, wenn der Täter einen körperlich wirkenden Zwang durch eine mittelbare oder unmittelbare Einwirkung auf eine Person ausübt, der dazu bestimmt und geeignet ist, einen tatsächlich geleisteten oder erwarteten Widerstand zu brechen.[1]Rengier, Strafrecht BT II, 22. Auflage 2021, § 23 Rn. 2ff., 23. E wollte die Person, die das Treppenhaus betrat, mit dem Baseballschläger ins Gesicht schlagen, und dadurch erreichen, dass diese Person Ecstasy-Pillen herausgibt, mithin Gewalt gegen eine Person anwenden. Hinsichtlich der Anwendung eines qualifizierten Nötigungsmittels hatte E Vorsatz.

Anmerkung
Hinsichtlich des Nötigungsmittels Gewalt ist i.R.d. §§ 253, 255 StGB stark umstritten, ob nur willensbeugende Gewalt oder auch willensbrechende Gewalt sein kann.[2]Für nur willensbeugende Gewalt: Fischer StGB, 68 Auflage 2021, § 253 Rn. 4; MüKoStGB/Sander, 4. Auflage 2021, § 253 Rn. 8; SK-StGB/Sinn, 9. Auflage 2017, § 253 Rn. 8; mit anderer Ansicht: SSW … Continue reading Im Rahmen dieser Prüfung kommt es allerdings nicht darauf an, da nach dem Plan von C und E der Schlag mit dem Baseballschläger eine willensbeugende Gewalt darstellt, und somit beide Ansichten zum gleichen Ergebnis kommen würden.
b) Nötigungserfolg

Der Schlag diente nach Willen des S dazu den Angegriffenen zur Herausgabe von Pillen zu zwingen. Nötigungsgegenstand ist mithin aus Sicht des E ein „Handeln“ des Opfers und damit eine tatbestandsmäßige Opferreaktion i.S.d. § 253 StGB. Welche Anforderungen an das tatbestandsmäßige Opferverhalten zu stellen sind, ist strittig. Nach der Vorstellung des E erfüllt diese Opferreaktion bereits die strengen Anforderungen, die nach der h.L. i.R.d. §§ 253, 255 StGB erfüllt sein müssen (freiwillige Vermögensverfügung).[3]statt vieler: Rengier, Strafrecht BT I, 22. Auflage 2020, § 11 Rn. 13; MüKoStGB/Sander, 4. Auflage 2021, § 253 Rn. 13ff. Auch nach dem angestrebten äußeren Erscheinungsbild, das nach Ansicht des BGH und Teilen der Lehre zufolge den Ausschlag gibt,[4]BGHSt 14, 386; BGHSt 25, 224; BGH NStZ 2002, 31 (32); Kindhäuser/Böse, Strafrecht BT II, 11. Auflage 2020, § 17 Rn. 20ff.; Erb in FS Herzberg, 2008, 711ff. ist der Tatbestand erfüllt, denn E wollte S zur Vornahme einer vermögensschädigenden Handlung („Geben“) zwingen.

Vernetztes Lernen: Wie lassen sich Raub und räuberische Erpressung nach den unterschiedlichen Ansätzen abgrenzen?
Im Lager der Verfügungslehre grenzt man nach der inneren Willensrichtung des Opfers ab. Die genauen Kriterien sind auch innerhalb dieses Lagers noch weiter umstritten. Mindestvoraussetzung ist jedoch ein willensgesteuerten (= willentlichen) Verhalten, das bewusst eine Vermögensminderung herbeiführt.[5]Vertreter der Lehre: Schönke/Schröder/Bosch, StGB, 30. Auflage 2019, § 253 Rn. 8, 31; Lackner Kühl, StGB, 29. Auflage 2018, § 253 Rn. 3 und § 255 Rn. 2; Küper, NJW 1978, 956; Mohrbotter, GA … Continue reading

Die Rechtsprechung stellt ausschließlich auf das äußere Erscheinungsbild ab. Handelt es sich erkennbar um ein Nehmen liegt ein Raub gemäß § 249 StGB, bei einem Geben eine räuberische Erpressung gemäß §§ 253, 255 StGB.
[6]Für die Rspr.: RGSt 25, 435 (439); BGHSt 14, 386 (390); BGHSt 34, 394; BGH NStZ 1999, 350; BGH NStZ-RR 1997, 321.

c) Vermögensverfügung

Dadurch müsste, nach Vorstellung des E, der vermeintliche Drogenhändler die Ecstasy-Tabletten herausgeben und so auch einen Vermögensschaden erleiden. Ein Vermögensschaden ist ein negatives Saldo zwischen dem Wert des Vermögens vor und nach der irrtumsbedingten Verfügung, wobei auch erlangte wirtschaftliche Äquivalente zu berücksichtigen sind (sog. Prinzip der Gesamtsaldierung).[7]Fischer StGB, 68. Aufl. 2021, § 263 Rn. 110. Auch von der Rechtsordnung missbilligte Gegenstände, wie Betäubungsmittel, sind nach der h.M. vom Vermögensstrafrecht geschützt, solange sie einen Vermögenswert haben.[8]BGHSt 48, 322 (326); BGH NStZ 2005, 155; BGH NStZ-RR 2017, 44, 110, 112; BGH NStZ-RR 2017, 111. Die Ecstasy-Pillen sind als Betäubungsmittel von der Rechtsordnung missbilligte Gegenstände. Diese sollten von dem Drogenhändler herausgegeben werden, sodass bei diesem in einer Gesamtsaldierung ein negativer Saldo des Vermögens entstehen würde. Mithin sollte nach Vorstellung des E auch ein Vermögensschaden entstehen.

Vernetztes Lernen: Sind Betäubungsmittel durch die Vermögensbegriffe geschütztes Vermögen?
Ob der strafbare Besitz von Betäubungsmitteln ein Vermögenswert ist, ist fraglich. Betäubungsmittel werden von der h.M. – insbesondere der Rspr. – dem schutzwürdigen Vermögen zugeschrieben.[9]BGHSt 48, 322 (326); BGH NStZ 2005, 155.. In 2016 fasste der 2. Strafsenat einen Anfragebeschluss mit dem Ziel, diese Rspr. aufzugeben und den illegalen Besitz von Betäubungsmitteln nicht mehr als geschützten Vermögensbestandteil anzusehen.[10]BGH NStZ 2016, 596; Anmerkungen aus der Lehre: Jäger JA 2016, 760; Krell NStZ 2016, 599; Ladiges wistra 2016, 479. Insbesondere federführend war der vorsitzenden Richter Fischer, der diese kritische Ansicht gegenüber der bisherigen Rspr. bereits in seinem Kommentar vertrat.[11]Fischer StGB, 63. Aufl. 2016, § 263 Rn. 102, 108f. Die angedachte Rechtsprechungsänderung hatte keinen Erfolg, da die anderen Strafsenate an ihrer bisherigen Rspr. festhalten wollen[12]BGH NStZ-RR 2017, 44, 110, 112. und auch der 2. Strafsenat – wenngleich durch eine andere Sitzgruppe – mittlerweile in zwei Entscheidungen auf Grundlage der bisherigen Rspr. entschieden und von einer Vorlage an den Großen Senat für Strafsachen abgesehen hat.[13]BGH NStZ-RR 2017, 111; BGH NStZ-RR 2017, 341; mit krit. Betrachtung: Bechtel wistra 2018, 154.
Gegen die Auffassung, illegale Betäubungsmittel seien keine Vermögensbestandteile, wird insbesondere vorgetragen, dass die Rechtsordnung „im Bereich der Vermögensdelikte“ kein schlechthin schutzunwürdiges Vermögen kenne[14]BGH NStZ-RR 2017, 341 mAnm Müller-Metz. und dass im Falle der Wegnahme von Betäubungsmitteln Wertungswidersprüche zu den Eigentumsdelikten drohten, da auch Betäubungsmittel, deren Besitz illegal ist, nach der Rspr. des BGH taugliche Tatobjekte der Eigentumsdelikte bleiben.[15]BGH NStZ-RR 2017, 110; BeckOK StGB/Wittig, § 242 Rn. 9.2. Allerdings werden zum einen Divergenzen zwischen Eigentums- und Vermögensschutz auch an anderer Stelle hingenommen, zum anderen können gegen den Schutz des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln gegen Wegnahme durch Eigentumsdelikte ebenfalls gewichtige Gründe angeführt werden.[16]vgl. hierzu den Anfragebeschluss des 2. Strafsenats NStZ 2016, 596 (599).
Zur Problematik der Erpressung bei Rauschgiftgeschäften insgesamt vgl. Fischer § 253 Rn. 25ff.; Kindhäuser/Wallau NStZ 2003, 152; Kühl NStZ 2004, 387 (388).
d) Qualifikation, § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB

Nach dem Willen des E wollte er den Baseballschläger gerade zweckgerichtet zur Verwirklichung der raubspezifischen Nötigung gebrauchen und damit ein gefährliches Werkzeug i.S.d. § 250 Abs. 2 Nr.  1 StGB verwenden.[17]BGHSt 45, 92; BGH BeckRS 2020, 10603 mAnm Jäger JA 2021, 77; BGH NStZ 1999, 301; BGH NStZ 2002, 31 (33); BGH NStZ 2013, 37; Fischer StGB, 68. Auflage 2021, § 250 Rn. 18. Durch das Verwenden im konkreten Einzelfall kommt es anders als bei § 250 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 StGB nicht auf die Abgrenzung zwischen gefährlichem und sonstigem Werkzeug an. E wollte mithin auch qualifiziert handeln.

Die Kombination der Merkmale „Waffe“ und „anderes gefährliches Werkzeug“ findet sich neben § 244 Abs. 1 Nr. 1a StGB auch in § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Der Unterschied – und auch der Grund für diesen Streitstand – findet sich darin, dass in der Qualifikation des Diebstahls bzw. des Raubes das Beisichführen eines gefährlichen Werkzeuges für die Qualifikation ausreicht, während es bei der Qualifikation der Körperverletzung in der Definition auf den Einsatz des Werkzeuges im konkreten Fall ankommt.
Für die Lösung des Problems haben sich zwei Meinungsblöcke (abstrakt-objektive und konkret-subjektive Betrachtungsweise) aufgetan, die sich jeweils noch in ihren Nuancen unterscheiden.

Rein abstrakt-objektive Betrachtungsweise
Ein Teil der Literatur und vor allem die Rechtsprechung[18]BGHSt 52, 257; OLG München NStZ-RR 2006, 342; KG StV 2008, 361. befürworten eine rein abstrakt-objektive Betrachtungsweise. Die Gegenstände müssen zumindest eine annähernde abstrakte Gefährlichkeit, die vergleichbar mit der Gefahr durch Waffen, aufweisen.[19]Rönnau, JuS 2012, 118; Streng, GA 2001, 359; Fischer StGB, 68. Auflage 2021, Rn. 23. Zugleich sollen dadurch Alltagsgegenstände wie Schlüssel, Kugelschreiber oder Gürtel abgegrenzt werden.[20]Fischer StGB, 68. Auflage 2021, § 244 Rn. 23.

Situationsabhängige abstrakt-objektive Betrachtungsweise
Eine ebenfalls auf die objektive Gefährlichkeit abstellende Ansicht begrenzt die Reichweite durch ein zusätzliches subjektives Element. Der Täter müsse dem Werkzeug eine gefährliche Verwendung angedacht haben. Die Ansichten ziehen hierbei verschiedene subjektive Elemente heran: ein innerer Verwendungsvorbehalt[21]Wessels/Hillenkamp, Strafrecht BT 2, 35. Auflage 2012, Rn. 275., eine „konkrete Gebrauchsabsicht“[22]SK-StGB/Sinn, 9. Auflage 2017, § 250 Rn. 7. oder eine Verwendungsabsicht des Täters[23]Rengier, Strafrecht BT I, 22. Auflage 2020, § 4 Rn. 31ff.; Küper, JZ 1999, 194; Geppert, Jura 1999, 602..

Konkret-subjektive Betrachtungsweise
In Anlehnung an den ursprünglichen gesetzgeberischen Willen[24]6. StRG 1998; bestätigt durch das 44. StRÄG 2011 unter Bezugnahme auf BGHSt 52, 257. orientiert sich eine konrekt-subjektive Betrachtungsweise ausschließlich an § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB und dessen Leitgedanken auf die Vorstufe des Beisichführens überträgt.[25]Rengier, Strafrecht BT I, 22. Auflage 2020, § 4 Rn. 38; Graul, Jura 2000, 205f.; Hilgendorf, ZStW 2000, 832; Schramm, JuS 2008, 777f.; Bachmann/Goeck, Jura 2010, 924ff. Folglich gibt es gar keine gefährlichen Werkzeuge, wenn nicht der Täter durch einen individuellen Widmungsakt dem Mittel die Qualität beimisst.[26]Rengier, Strafrecht BT I, 22. Auflage 2020, § 4 Rn. 38

e) Irrtum

E könnte aber einem Irrtum i.S.d. § 16 Abs. 1 StGB unterliegen, indem er S in dem dunklen Hausflur für den Drogenhändler hielt. In Betracht kommt eine Personenverwechslung, ein Irrtum hinsichtlich des „richtigen“ Tatopfers. Diese werden nach den Grundsätzen des error in persona vel obiecto behandelt.[27]statt vieler BGH NStZ 1998, 294 (295). Der Irrtum ist ein unbeachtlicher Motivirrtum, wenn das vermeintlich angegriffene Objekt nach der (richtigen oder unrichtigen) Vorstellung des Täters dem tatsächlich getroffenen Objekt tatbestandlich gleichwertig ist. Der Vorsatz wird davon nicht ausgeschlossen.[28]BGHSt 11, 270; BGHSt 37, 218; Fischer StGB, § 16 Rn. 5; MüKoStGB/Kudlich, § 16 Rn. 6. E ging davon aus, dass die Person, die den dunklen Hausflur betrat, das vermeintliche Opfer des Angriffs der Drogenhändler sei. Dabei handelte es sich bei dem tatsächlich getroffenen Objekt um S. Beide sind Menschen und als tatbestandlich gleichwertige Tatopfer anzusehen. Mithin unterlag E einem unbeachtlichen Motivirrtum hinsichtlich der Person des Tatopfers und handelte trotz des Irrtums mit Vorsatz hinsichtlich der objektiven Tatbestandsmerkmale.

f) Absicht rechtswidriger Bereicherung

Weiterhin müsste E mit Absicht rechtswidriger Bereicherung gehandelt haben. Dafür muss es dem Täter gerade darauf ankommen, seine Vermögenslage auf eine von der Rechtsordnung nicht gebilligte Art und Weise zu mehren.[29]Rengier, Strafrecht BT I, 22. Auflage 2020, § 13 Rn. 237ff. E hatte das Ziel, Betäubungsmittel für den eigenen Konsum und zur wirtschaftlichen Verwertung zu erlangen, obwohl er – wie er auch wusste – keinen Anspruch auf die Herausgabe der Ecstasy-Tabletten hatte. Er wollte seine Vermögenslage auf eine nicht von der Rechtsordnung gebilligte Art und Weise verbessern. Somit handelte er mit der Absicht rechtswidriger Bereicherung. Die auf Ebene des Vorsatzes geltenden Grundsätze des error in persona gelten auch hinsichtlich der überschießenden Innentendenz der Bereicherungsabsicht, da E im Moment des Angriffs den S zur Herausgabe der Pillen zwingen wollte.

2. Unmittelbares Ansetzen

Durch den Schlag mit einem Baseballschläger hat der E auch bereits Gewalt gegen eine Person angewendet, also bereits eine qualifizierte Nötigung begangen (sogenannte Teilverwirklichung des objektiven Tatbestandes). Somit hat er gemäß § 22 StGB nach seiner Vorstellung von der Tat unmittelbar zu dieser angesetzt.

3. Rechtswidrigkeit und Schuld

E handelte auch rechtswidrig und schuldhaft.

4. Kein Rücktritt

E ist auch nicht vom Versuch zurückgetreten.

5. Ergebnis

E hat sich somit wegen versuchter räuberischer Erpressung gemäß §§ 253 Abs. 1, 255, 250 Abs. 2 Nr. 1, 22, 23 Abs. 1 StGB strafbar gemacht.

II. Strafbarkeit gemäß §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2, 2. Alt. StGB

E könnte sich ebenfalls wegen gefährlicher Körperverletzung gemäß §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2, 2. Alt. StGB strafbar gemacht haben, indem er S mit dem Baseballschläger ins Gesicht schlug.

1. Tatbestand

a) Objektiver Tatbestand

Ein Schlag mit dem Baseballschläger ins Gesicht, der Schmerzen und körperliche Folgen verursacht, ist eine üble und unangemessene Behandlung, die das körperliche Wohlbefinden mehr als nur unerheblich beeinträchtigt, sodass E den S körperlich misshandelt hat. Aufgrund der gebrochenen Nase weicht der körperliche Zustand des S vom Normalzustand ab. Mithin stellt dies auch eine Gesundheitsschädigung des S dar. Die Handlung des E kann auch nicht hinweggedacht werden, ohne dass die gebrochene Nase oder die Schmerzen des S entfielen und ist somit auch kausal für den Taterfolg. Mit dem Schlag mit dem Baseballschläger in das Gesicht des S hat E auch eine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen, die sich in einer körperlichen Misshandlung und Gesundheitsschädigung niedergeschlagen hat und dem E deshalb auch objektiv zurechenbar ist.

b) Qualifikation, § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB

Ein Baseballschläger ist ein beweglicher Gegenstand, der, als Mittel zur Herbeiführung einer Körperverletzung eingesetzt, nach seiner Beschaffenheit[30]BGH NStZ 2012, 563. und nach der Art seiner Benutzung geeignet ist, erhebliche Körperverletzungen herbeizuführen.[31]BGH NStZ 2008, 95; BGH NStZ 2010, 512 (513). E nutzte für den Schlag ins Gesicht des S einen Baseballschläger. Mithin liegt eine qualifizierte Körperverletzung vor.

c) Subjektiver Tatbestand

Im Moment des Schlages wollte E die Person, die er im Treppenhaus vor sich sah, also S, auch mit dem Baseballschläger treffen und handelte mithin vorsätzlich. Es liegt auch hierbei ein error in persona vor, welcher den Vorsatz als unbeachtlichen Motivirrtum nicht ausschließt.

3. Rechtswidrigkeit und Schuld

E handelte rechtswidrig und schuldhaft.

4. Ergebnis

E hat sich wegen gefährlicher Körperverletzung gemäß §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2, 2. Alt. StGB strafbar gemacht.

B. Strafbarkeit des C

I. Strafbarkeit gemäß §§ 253 Abs. 1, 255, 250 Abs. 2 Nr. 1, 22, 23 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB

C könnte sich wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung in Mittäterschaft gemäß §§ 253 Abs. 1, 255, 250 Abs. 2 Nr. 1, 22, 23 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB strafbar gemacht haben, indem C und E gemeinsam verabredeten, den herbeigerufenen Drogenhändler mittels eines Baseballschlägers zur Herausgabe von Ecstasy-Pillen zu bewegen.

1. Vorprüfung

S besaß keine Ecstasy-Tabletten, weshalb keine Vermögensminderung bei ihm eintreten konnte. Die Tat ist damit nicht vollendet. Der Versuch ist gemäß § 23 Abs. 1 StGB aufgrund des Verbrechenscharakters (§ 12 Abs. 1 StGB) der räuberischen Erpressung strafbar.

2. Tatentschluss

C müsste den entsprechenden Tatentschluss gefasst haben.

a) Hinsichtlich aller objektiven Merkmale

C wollte zusammen mit D und E den Drogenhändler überfallen, um ihn durch Schläge zur Herausgabe der Ecstasy-Tabletten zu zwingen. Er übergab E einen Baseballschläger, den dieser nach Willen des C für die Schläge einsetzen sollte. Er stellte sich also eine qualifizierte Gewaltanwendung gegen einen anderen Menschen vor, die diesen nötigen und dadurch einen Vermögensschaden herbeiführen sollte. Dabei wollte er die Tat auch gemeinschaftlich i.S.v. § 25 Abs. 2 StGB begehen. Zwar sollte nach dem Tatplan nur E eigenhändig Gewalt anwenden, jedoch wollte C durch den Anruf bei dem Drogenhändler und die Absicherung des Tatortes ebenfalls einen wesentliche Tatbeitrag erbringen.

Anmerkung

Zur Abgrenzung von Mittäterschaft und Teilnahme siehe die Entscheidungsbesprechung „Einbruch bei Toten“ von Antonia Cohrs vom 04.08.2020 https://staging.examensgerecht.de/einbruch-bei-toten/

b) Irrtum

Fraglich erscheint allerdings, ob der Schlag des E mit dem Baseballschläger auf S sich noch im Rahmen des gemeinsamen Tatentschlusses bewegt. Das hängt davon ab, ob und wie sich ein error in persona vel obiecto eines Mittäters auf die anderen Mittäter auswirkt. Dies wird unterschiedlich beantwortet.

aa) Eine Ansicht

Eine Ansicht hält eine Personenverwechslung eines Mittäters für die anderen Mittäter für beachtlich.[32]Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, 9. Auflage, S. 100 f., 286 f., 311 f.; Hillenkamp, Die Bedeutung von Vorsatzkonkretisierungen bei abweichendem Tatverlauf, S. 77; LK-StGB/Schünemann … Continue reading Es mache keinen Unterschied, ob der handelnde Mittäter vorsätzlich oder fahrlässig den gemeinsamen Tatentschluss überschreitet. Für den Fall der vorsätzlichen Abweichung eines Mittäters sei der andere Mittäter aber nicht strafrechtlich verantwortlich (sog. Mittäterexzess). Weiterhin wäre es unangemessen, den anderen Mittäter für ein etwaiges „Blutbad“, das der handelnde Mittäter bei wiederholter Personenverwechslung anrichten würde, voll zur Verantwortung zu ziehen. Schlussendlich liege aus Sicht des anderen Mittäters eine wesentliche Abweichung vom vorgestellten Kausalverlauf (also eine aberratio ictus) vor. Nach Vorstellung des C vertraute er darauf, dass E den S, der gerade nicht angegriffen werden sollte, erkenne. Dass E den S mit dem Drogenhändler verwechselte, ist ein wesentliche Abweichung vom vorgestellten Kausalverlauf. Somit würde der Tatentschluss des C nicht den Angriff auf S umfassen.

bb) Andere Ansicht

Nach einer anderen Ansicht bleibt auch eine unbeachtliche Personenverwechslung des handelnden Mittäters für die anderen Mittäter unbeachtlich. Nur eine solche Lösung werde dem Grundsatz gerecht, dass das Eintreten eines Mittäters ins Versuchsstadium für alle Mittäter den Versuchsbeginn darstellt. Entscheidend ist die Vorstellung des Täters von der Tauglichkeit der Handlung, die als unmittelbares Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung i.S.d. § 22 StGB anzusehen ist.[33]BGH NStZ 2019, 511 Rn. 62. Der handelnde Mittäter E unterlag zum Zeitpunkt des Schlages einer unbeachtlichen Personenverwechslung. Als Mittäter ist die Verwechslung auch für C unbeachtlich.

cc) Stellungnahme

Die Ansichten führen zu unterschiedlichen Ergebnissen.

Der zuerst genannten Ansicht ist zunächst das „Blutbad-Argument“ zugute zu halten. Erkenne der handelnde Mittäter seinen Irrtum und greife er weitere Opfer in vermeintlicher Erfüllung des Tatplans an, müssten auch diese Handlungen dem Mittäter zuzurechnen sein.[34]Binding, Die Normen und ihre Übertretung, Band III, S. 214; Bemmann, MDR 1958, 817, 820 f. Die stellt aber aus Sicht des nicht handelnden Mittäters eine wesentliche Abweichung vom Tatplan dar. Bei einer absichtlichen Abweichung sei dies unstreitig ein vorsätzlicher Exzess, der dem nicht handelnden Mittäter nicht zugerechnet würde. Ob aber absichtlich oder nur fahrlässig vom Tatplan abgewichen werde, könne nicht ausschlaggebend sein. Entscheidend sei, dass der Mittäter objektiv den Tatplan nicht einhalte.[35]Roxin, Täterschaft und Teilnahme, 9. Auflage, S. 286 f.

Eine „eingebildete Zurechnungsgrundlage“ könne keine Zurechnung bewirken. Tatsächlich wäre dann die Tatplanfassung im Versuchsstadium steckengeblieben. Der Mittäter habe sich – anders als der Handelnde – bei Fassung des gemeinsamen Tatplans über die in Gang gesetzte Kausalreihe geirrt; damit fehle es an einer Willensübereinstimmung.[36]Dehne-Niemann, ZJS 2007, 351 (354). Für den nicht handelnden Mittäter stelle sich damit der Irrtum beim handelnden Mittäter als wesentliche Abweichung vom Tatverlauf dar und wäre inhaltlich einer aberration ictus-Konstellation näher, als einer Personenverwechslung.

Zudem müsse man andernfalls neben der Vollendung noch einen Versuch annehmen, nämlich einen an dem im Tatplan vorgesehenen Opfer.[37]Roxin in FS Spendel, S. 289 (300f.).

Die Argumente verfangen dennoch nicht und an der zuletzt genannten Ansicht ist festzuhalten. Nur wenn die Unbeachtlichkeit des Irrtums auch auf den nicht handelnden Mittäter durchschlägt, wird das Eintreten eines Mittäters ins Versuchsstadium für alle Mittäter der Versuchsbeginn ausgelöst (§ 22 StGB).[38]BGH NStZ 2019, 511 Rn. 61.

Bei der Mittäterschaft treten alle Mittäter einheitlich in das Versuchsstadium, sobald einer von ihnen zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt, und zwar unabhängig davon, ob einzelne von ihnen ihren Tatbeitrag bereits im Vorbereitungsstadium erbracht haben (sog. Gesamtlösung). Ausschlaggebend ist die Vorstellung des Täters von der Tauglichkeit der Handlung, die als unmittelbares Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung i.S.d. § 22 StGB anzusehen ist. Die Tauglichkeit liegt vor, wenn eine nach dem Täterplan maßgebliche Handlung, die zur unmittelbaren Tatbestandserfüllung führen soll und die nach natürlicher Auffassung auch zur Tatbestandserfüllung führen könnte, wenn sie geeignet wäre, vorliegt.[39]BGH Urt. v. 25.10.1994 – 4 StR 173/94, BGHSt 40, 299 (302); BGH NStZ 2004, 110 (111); BGH Beschl. v. 1.8.1986 – 3 StR 295/86, BGHR StGB § 22 Ansetzen 3.

Im vorliegenden Fall verstärkt der Umstand, dass C, D und E den Drogenhändler nicht kannten. Notwendiger Bestandteil des Tatplans war, daher dessen Identifizierung. Das Risiko einer Personenverwechslung war von vornherein im Tatplan bedacht. Der Tatplan bestand ebenso wie der Vorsatz des C fort und gibt den „normativen Grund“ für die Zurechnung.[40]vgl. Puppe ZIS 2007, 234, 244. Andernfalls käme es zu der absurden Situation, das der Vorsatz zum Zeitpunkt des Schlages einer Erneuerung oder bestätigenden Aktualisierung bedurfte. Die Figur der Abweichung vom Kausalverlauf bzw. aberratio ictus stellt auf eine tatsächliche Betrachtung ab und passt bei dieser Wertung nicht.[41]Puppe, ZJS 2007, 237 (244); Haft/Eisele in FS Keller, 81 (99f.) [ggf. keine Zurechnung, wenn der Mittäter nur im Vorbereitungsstadium mitwirkt]; vgl. auch Frisch in Ergänzbares Lexikon des Rechts … Continue reading

C überließ E den unmittelbaren Angriff. Die Personenverwechslung des E entlastet den C indes nicht. Nach §§ 16 Abs. 1 S. 1, 253, 255 StGB muss sich der Vorsatz auf „einen Menschen“ bzw. auf „eine Person“ beziehen; weiterer Konkretisierungen zur Tatbestandserfüllung bedarf es weder beim handelnden noch bei einem anderen Mittäter, der aufgrund des gemeinsamen und umzusetzenden Tatplans strafbar ist. In der ähnlichen Situation eines Irrtums des Angestifteten wird aufgrund der anderen Zurechnungsgrundlage (hier der Tatplan) das Vorhersehbarkeitskriterium nicht heranzuziehen sein.[42]dazu BGH Urt. v. 25.10.1990 – 4 StR 371/90, BGHSt 37, 214 (217ff.).

Im Ergebnis ist der unbeachtliche Motivirrtum beim Haupttäter auch für den nicht handelnden Mittäter unbeachtlich. C hatte mithin Vorsatz

c) Absicht rechtswidriger Bereicherung

Zudem müsste C auch mit Bereicherungsabsicht gehandelt haben. Der ganze Tatplan war darauf ausgelegt, dem Drogenhändler Ecstasy-Tabletten zu entwenden und diese sich somit rechtswidrig zuzueignen. Diese Absicht musste C zum Zeitpunkt des Schlags nicht „aktualisieren“. Nach den vorgenannten Grundsätzen über den Eintritt in das Versuchsstadium durch das Handeln eines Mittäters blieb es bei der Zurechnung. Die Personenverwechslung ist auch in diesem Punkt unbeachtlich. C hatte die Absicht sich rechtswidrig zu bereichern.

2. Unmittelbares Ansetzen

C müsste auch unmittelbar zur Verwirklichung des Tatbestands gemäß § 22 StGB angesetzt haben. Durch den Anruf beim Drogenhändler und das Postieren im Innenhof hat C bereits selbst unmittelbar zur Tat angesetzt und nach der Einzellösung[43]Roxin in FS Odersky, S. 489; Kratzsch, JA 1983, 587; Stein, Die strafrechtliche Beteiligungsformenlehre, 1988, S. 318. die Schwelle zum Jetzt-Gehts-Los überschritten und unmittelbar zur Tat angesetzt. Zudem wird C das unmittelbare Ansetzen durch E als Mittäter nach der herrschenden Gesamtlösung[44]vgl. nur BGHSt 39, 236 (237); Fischer StGB, 68. Auflage 2021, § 22 Rn. 21; Kühl Strafrecht AT, Auflage, § 20 Rn. 123. zugerechnet, sodass C auch hiernach die Schwelle zum strafbaren Versuch überschritten hat.

3. Rechtswidrigkeit und Schuld

C handelte auch rechtswidrig und schuldhaft.

4. Kein Rücktritt

C ist auch nicht vom Versuch nach § 24 StGB zurückgetreten.

5. Ergebnis

C hat sich somit wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung in Mittäterschaft gemäß §§ 253 Abs. 1, 255, 250 Abs. 2 Nr. 1, 22, 23 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB strafbar gemacht.

II. Strafbarkeit gemäß §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2, 2. Alt., 25 Abs. 2 StGB

Unter dem Eindruck der selbigen Erwägungen hat sich C auch wegen mittäterschaftlicher gefährlicher Körperverletzung zulasten des S gemäß §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2, 2. Alt., 25 Abs. 2 StGB strafbar gemacht, indem E mit unbeachtlicher Personenverwechslung den S mit einem Baseballschläger ins Gesicht schlug und C als Mittäter diese Handlung zuzurechnen ist.

C. Gesamtergebnis & Konkurrenzen

C und E haben sich wegen mittäterschaftlicher versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung gemäß §§ 253 Abs. 1, 255, 250 Abs. 2 Nr. 1, 22, 23 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB in Tateinheit gemäß § 52 StGB mit gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung gemäß §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2, 2. Alt., 25 Abs. 2 StGB strafbar gemacht. Die zugleich verwirklichte versuchte Nötigung tritt zurück.


Zusatzfrage

Was ist der Grundsatz der Öffentlichkeit im Strafverfahren und wie kann er begrenzt sein?

Der Grundsatz der Öffentlichkeit gehört zu den Prozessmaximen des Strafverfahrens. Die Prozessmaximen klären die grundlegenden Fragen der Durchführung des Strafverfahrens und gewährleisten die Rechtstaatlichkeit des Strafverfahrens. Die Regelungen sind teilweise gesetzlich in der StPO oder dem GVG geregelt oder werden teilweise direkt aus dem GG oder der EMRK abgeleitet.
Der Grundsatz der Öffentlichkeit findet sich in § 169 S. 1 GVG und Art. 6 I EMRK wieder. Hieraus ergibt sich, dass die mündliche Hauptverhandlung einschließlich der Verkündung von Urteilen und Beschlüssen öffentlich stattfindet. „Öffentlich“ bedeutet hierbei, dass jeder die Möglichkeit haben muss, sich ohne größere Schwierigkeiten über Ort und Zeit einer Hauptverhandlung zu informieren und ihm jederzeit der Zutritt zu der Verhandlung im Rahmen der tatsächlichen Möglichkeiten eröffnet ist.
Die Wichtigkeit des Grundsatzes der Öffentlichkeit wird durch das angestrebte Ziel – der Kontrolle der Justiz durch die Öffentlichkeit – deutlich.

Einschränkungen erfährt der Grundsatz einerseits in realen Situationen. Zum Beispiel, wenn die Räumlichkeiten des Gerichts bei einem medienwirksamen Fall nicht ausreichen, um allen Pressevertretern oder anderen Teilnehmern den Zutritt zu gewährleisten (z.B. NSU-Prozess). Um die ungestörte Durchführung des Prozesses zu gewährleisten, kann das Gericht bspw. anordnen, die Tür zum Sitzungssaal während der Verhandlung geschlossen zu halten oder den Zutritt auf Sitzungspausen zu beschränken.
Gesetzliche Ausschließungsgründe finden sich bspw. in §§ 171a ff. GVG zum Schutz der Intimsphäre von Prozessbeteiligten bei Sexualstrafverfahren, bei Gefährdung der Staatssicherheit, Privatgeheimnissen und störenden Personen. Eine Besonderheit gilt im Jugendstrafrecht, wo nach § 48 Abs. 1 JGG der Ausschluss der Öffentlichkeit im Jugendstrafverfahren zwingend ist. Hier sind die Erziehung und der Schutz des Jugendlichen vor dem Grundsatz der Öffentlichkeit vorrangig.
Viel diskutiert ist die Einschränkung gemäß § 169 S. 2 GVG, nach der Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder Veröffentlichung ihres Inhalts unzulässig sind. Dies dient dem Schutz der Verfahrensbeteiligten und dem Schutz der Wahrheitsfindung vor übermäßigem öffentlichem Druck. Vor Beginn, in den Sitzungspausen und zum Schluss einer Verhandlung gelten diese Beschränkungen allerdings nicht.

Zusammenfassung

Der Irrtum des Handelnden über die Person des Angegriffenen ist für den Mittäter bei Gleichwertigkeit der Tatobjekte ebenfalls ein unbeachtlicher Motivirrtum.


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