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Die lügende und vorbestrafte Krankenschwester
BGH, Urteil vom 21.08.2019 – 3 StR 221/18, NStZ 2020, 291

Sachverhalt

A ist ausgebildete Krankenschwester. Sie bewarb sich auf eine offene Stelle als Krankenpflegerin in der Justizvollzugsanstalt J. In der Stellenanzeige wurde aufgeführt, dass von einem Bewerbungskanditen erwartet wird, dass dieser grundsätzlich nicht vorbestraft ist und auch sonst kein Ermittlungsverfahren gegen diesen geführt werden. In Einzelfällen könne jedoch nach eingehender Prüfung des Vorstrafen eine Einstellung erfolgen. Bei ihrer Bewerbung verschwieg A jedoch ihre zahlreichen Vorstrafen. Zuletzt wurde A wegen Betruges zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt.  Zudem gab sie wahrheitswidrig bei ihrer Bewerbung an, dass sie die letzten 20 Jahre durchgehend in einem Krankenhaus in H gearbeitet habe. Nach einem Bewerbungsgespräch wurde A mit Vertrag vom 05.08.2020, beginnend ab dem 01.09.2020 und befristet bis zum 28.02.2021, in J als angestellte Krankenpflegerin eingesetzt und vom Bundesland L in Höhe von 1.600 Euro monatlich vergütet. Der Vertrag wurde für die J durch B unterzeichnet, welcher auch die Bewerbungsunterlagen der A gesichtet hatte. Die fachliche Arbeit der A war nicht zu beanstanden. A wäre jedoch bei Kenntnis der wahren Umstände nicht eingestellt worden. 

Strafbarkeit der A gemäß § 263 Abs. 1 StGB?


Skizze

Gutachten

Indem A falsche Angaben in ihren Bewerbungsunterlagen machte bzw. Angaben wegließ und daraufhin den Vertrag unterschrieb, könnte sie sich wegen Betruges gemäß § 263 Abs. 1 StGB gegenüber B und zulasten der L strafbar gemacht haben. 

I. Tatbestand

1. Täuschung über Tatsachen

Hierzu müsste A zunächst über Tatsachen getäuscht haben. 

Tatsachen sind Ereignisse, Vorgänge oder Zustände, sofern sie der Gegenwart oder Vergangenheit angehören und dem Beweis zugänglich sind.[1]Fischer StGB, 68. Aufl. 2021, § 263 Rn. 6. Die Täuschungshandlung umfasst dabei die intellektuelle Einwirkung auf das Vorstellungsbild eines anderen mit dem Ziel der Irreführung.[2]BGHSt 47, 1 ff. In Betracht kommen zwei Anknüpfungspunkte. Zum einem die Angabe, A habe die letzten 20 Jahre in einem Krankenhaus in H gearbeitet und zum anderen das Verschweigen der Angaben im Hinblick auf ihre Vorstrafen. 

a) Angaben zur beruflichen Laufbahn

Die Angabe, A habe in den letzten 20 Jahren in einem Krankenhaus in H gearbeitet stellt ein Ereignis aus der Vergangenheit dar, welches durch Nachfragen bei dem vorherigen Arbeitgeber dem Beweis zugänglich ist, sodass diese Angabe eine Tatsache darstellt. Durch die Angaben in ihren Bewerbungsunterlagen hat A dabei intellektuell auf das Vorstellungsbild des B mit dem Ziel der Hervorrufung einer Fehlvorstellung bezüglich der tatsächlichen beruflichen Laufbahn der A eingewirkt. Durch diese Angabe hat A über Tatsachen getäuscht und dadurch bei B einen Irrtum hervorgerufen. 

b) Verschweigen der Vorstrafen 

Des Weiteren könnte das Verschweigen im Hinblick auf die Vorstrafen eine Täuschungshandlung darstellen. A hat nicht aktiv angegeben, dass sie nicht vorbestraft ist, sondern hat lediglich über diese Tatsachen nicht aufgeklärt. Dies könnte entweder eine konkludente Täuschung oder eine Täuschung durch Unterlassen darstellen.[3]Vgl. hierzu Rengier Strafrecht Besonderer Teil I, 22. Aufl. 2020, § 13 Rn. 11.

Eine konkludente Täuschung ist anzunehmen, wenn die Unwahrheit einer Tatsache zwar nicht ausdrücklich erklärt, aber nach der Verkehrsanschauung miterklärt wird. Hierbei kommt es auf den inhaltlichen Zusammenhang der Tatsachen und den konkreten Empfängerhorizont an.[4]Schönke/Schröder/Perron, 30. Aufl. 2019, StGB § 263 Rn. 14-15. Ein bloßes Nicht-Erklären ohne weiteren eigenen Erklärungsgehalt kann keine konkludente Täuschung begründen. 

Durch die Nicht-Angabe der tatsächlich vorhandenen Vorstrafen könnte A konkludent miterklärt haben, sie habe keine Vorstrafen. Hierfür müsste das Nicht-Erklären einen eigenen Erklärungsgehalt vorweisen. Im Hinblick auf die Vorstrafen wurde verlangt, dass die Bewerber „grundsätzlich“ nicht vorbestraft sein sollen und eine Einzelfallbetrachtung möglich ist. Daraus ergibt sich, dass durch die Bewerbung allein noch nicht auf die Straffreiheit geschlossen werden kann, da dies keine zwingende, sondern nur eine gewünschte Voraussetzung für die Bewerbung darstellte. Damit besteht kein innerer Zusammenhang zwischen der Bewerbungsunterlagen mit den fehlenden Angaben zur Vorstrafen und der Vorstrafen an sich. Demnach ist eine konkludente Täuschung abzulehnen. 

In Betracht kommt weiter eine Täuschung durch Unterlassen. Eine solche liegt nur vor, wenn der Unterlassende als Garant rechtlich verpflichtet ist, die Entstehung oder Fortdauer eines Irrtums zu verhindern und die Aufklärung ihm auch möglich und zumutbar ist, § 13 Abs. 1 StGB. Eine Aufklärungspflicht kann sich aufgrund der Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses infolge Treu und Glauben gemäß § 242 BGB ergeben. Hierfür braucht es eines besonderen Vertrauensverhältnisses.[5]BGH 39, 398. Ein solches ergibt sich bei einem Bewerbungsverfahren im Hinblick auf die Offenbarung von Vorstrafen nur, wenn die Geeignetheit des Bewerbers durch seine charakteristische Integrität bestimmt wird und keine Berechtigung besteht diese Auskunft gegenüber dem zukünftigen Arbeitgeber zu verweigern. Aus der Stellenanzeige war ersichtlich, dass für die Stelle die Vorstrafen und mögliche strafrechtliche Ermittlungsverfahren relevant sind und bei der Auswahl der Bewerber berücksichtigt werden. Zumindest sollten vorhandene Vorstrafen auf die Vereinbarkeit mit der Stelle durch B geprüft werden. Dies ergibt sich auch aus der Besonderheit des Arbeitsplatzes in einer JVA. Geprüft werden sollte dadurch die Verlässlichkeit eines Bewerbers für die notwendige vertrauenswürdige Arbeit in diesem besonderen Arbeitsumfeld mit anderen Straftätern. Aus diesen Umständen ergibt sich ein besonderes Vertrauensverhältnis, welches aufgrund Treu und Glauben zur Aufklärungspflicht dahingehend verpflichtet. Die Angaben waren der A auch zumutbar und möglich, sodass eine Täuschung durch Unterlassen gegeben ist. 

2. Irrtum

Durch die Täuschung hat A bei B eine Fehlvorstellung über diese Tatsachen hervorgerufen, sodass A bei B ein Irrtum erregt hat.  

3. Vermögensverfügung 

B müsste daraufhin eine Vermögensverfügung vorgenommen haben. Eine Vermögensverfügung ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, dass sich unmittelbar vermögensmindernd auswirkt.[6]BGH 14, 170f. B hat aufgrund der Bewerbungsunterlagen und dem Bewerbungsgespräch die A als Krankenpflegerin eingestellt, sodass hier ein Tun anzunehmen ist. Hierdurch müsste unmittelbar eine Vermögensminderung eingetreten sein. Durch das Schließen eines Arbeits- oder Dienstvertrages entsteht ein Lohnanspruch des Arbeitnehmers. Somit wurde mit der Schließung des Vertrages eine Gehaltsverpflichtung übernommen, welche sich unmittelbar vermögensmindernd auswirkt. Hierbei handelt es sich um einen Anstellungsbetrug, welcher einen Unterfall des Eingehungsbetruges darstellt.[7]BGHSt 22, 38. 

Vernetztes Lernen: Welche Unterscheidung kann bei vertraglichen Austauschgeschäften vorgenommen werden? Überlege Dir hierfür auch jeweils ein Beispiel.

Unterscheiden kann man hier zwischen dem Eingehungs- und Erfüllungsbetrug, wobei der Erfüllungsbetrug weiter in einen echten und einen unechten Erfüllungsbetrug unterteilt werden kann.

Ein Eingehungsbetrug liegt vor, wenn der Vertragspartner beim Vertragsschluss die Absicht vortäuscht, eine Vertragsverpflichtung zum Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen.
Beispiel: K kauft bei V ein Fernseher auf Rechnung, wobei er die Rechnung nie bezahlen wollte und eine falsche Rechnungsadresse angibt. Hier täuscht K bei Vertragsabschluss über seine Zahlungsbereitschaft.

Ein echter Erfüllungsbetrug ist gegeben, wenn der Vertragspartner erst nach Vertragsschluss nicht vertragsgemäß leistet und hierüber täuscht. Damit liegt ein negatives Abweichen von der geschuldeten Leistung vor.
Beispiel: K kauf bei V einen Fernseher für 200 Euro. V übergib K jedoch einen Fernseher, welcher nur 100 Euro wert ist und spiegelt K dabei vor, es handle sich hierbei um den vereinbarten Fernseher im Wert von 200 Euro.

Ein unechter Erfüllungsbetrug liegt vor, wenn bereits im Rahmen des Verpflichtungsgeschäftes getäuscht wird und der Irrtum bei der Erfüllung des Vertrages fortwirkt.
Beispiel: K kauf bei V einen Fernseher für 200 Euro, wobei V bereits bei Vertragsschluss über dessen Eigenschaften täuscht. V übergib K nunmehr den vertraglich vereinbarten Fernseher, welcher aufgrund der fehlenden Eigenschaften tatsächlich jedoch nur 100 Euro wert ist.

Die Vermögensminderung tritt hier jedoch nicht bei B ein, da dieser nur für das Bundesland L stellvertretend auftritt. Allerdings ist die Verfügung der L zurechenbar. Zwar ist die Bestimmung der Qualität des Verhältnisses zwischen dem Verfügendem und dem Geschädigten für die Zurechnung der Vermögensverfügung umstritten. Der Streit wirkt sich hier jedoch nicht aus, da auch nach der engsten objektiven Befugnistheorie eine Zurechnung aufgrund rechtlichen Dürfens möglich ist. Damit liegt eine Vermögensverfügung in der Übernahme der Gehaltsverpflichtung vor.[8]Vgl. zur Vertiefung der Thematik  Rengier Strafrecht Besonderer Teil I, 22. Aufl. 2020, § 13.

Vernetztes Lernen: Welche Theorien werden zur Bestimmung des Verhältnisses zur Zurechnung der Vermögensverfügung vertreten?

Objektive Befugnistheorie (die engste der Theorien): die Befugnis zur Verfügung muss sich aus Gesetz oder Vertrag herleiten lassen, rechtliche Befugnis.

Nähetheorie (die weiteste Theorie): tatsächlich zur Verfügung in der Lage. Damit wir im strafrechtlichen Sinne „verfügt“.

Lagertheorie (vermittelnde Ansicht; dieser folgt auch der BGH): hierbei bedarf es einer rechtlichen Befugnis oder der tatsächlichen Verfügungsmöglichkeit, wobei der Verfügende dem Lager des Geschädigten zugerechnet werden können muss.

4. Vermögensschaden

Durch die Vermögensverfügung müsste der L ein Vermögensschaden entstanden sein. Ein Vermögensschaden ist ein negatives Saldo zwischen dem Wert des Vermögens vor und nach der irrtumsbedingten Verfügung, wobei nach dem Prinzip der Gesamtsaldierung auch erlangte wirtschaftliche Äquivalente zu berücksichtigen sind.[9]Fischer StGB, 68. Aufl. 2021, § 263 Rn. 110. Der Anstellungsbetrug ist dabei ein Unterfall des Eingehungsbetruges, sodass ein Vermögensvergleich bezogen auf den Zeitpunkt der Vermögensverfügung, das heißt der Anstellungsentscheidung bzw. des Vertragsschlusses, vorzunehmen ist.[10]BGH, Urteil vom 21.08.2019 – 3 StR 221/18, NStZ 2020, 291 Rn. 29.Bei einem Austauschvertrag sind dabei die gegenseitigen Leistungsverpflichtungen miteinander zu vergleichen und ins Verhältnis zu setzten. Ein Vermögensschaden ist dabei nicht schon deshalb anzunehmen, weil der Getäuschte den Bewerber ohne die Täuschung nicht eingestellt hätte.[11] OLG Düsseldorf Beschl. v. 18.11.2010 – III-3 RVs 145/10, StV 2011, 734. Es sind damit die Vertragspflichten beim Abschluss des Vertrages gegenüberzustellen und aus der ex ante Sicht zu beurteilen. Hier muss demnach die Arbeitsleitung der A mit dem Lohnanspruch in Höhe von 1.600 Euro ins Verhältnis gesetzt werden. 

Es kommt bei privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen grundsätzlich darauf an, ob der Angestellte die Leistung erbringen kann, die nach seiner gehaltlichen Eingruppierung oder dem gewählten Vertrag erwartet werden darf.  Ein Vermögensschaden ist danach nur gegeben, wenn der Angestellte bei Vertragsschluss außerstande ist die vereinbarte Arbeitsleistung zu erfüllen, da ihm die erforderlichen Voraussetzungen für die konkrete Stelle fehlen. A erfüllt die fachlichen Voraussetzungen einer Krankenpflegerin, da sie eine abgeschlossene Ausbildung zur Krankenschwester absolviert hat und über die notwendige Berufserfahrung verfügt. Zudem hat sie ihre Arbeit fachlich stets in zufriedenstellender Weise erbracht. Eine Vorstrafe kann eine solche Eignung nur beeinträchtigen, wenn die konkret begangene Straftat im Zusammenhang mit der konkreten Stelle zur Untauglichkeit des Bewerbers führen würde.[12] BGH Urt. v. 9.5.1978 – 1 StR 104/78, NJW 1978, 2042. A wurde zuletzt wegen Betruges bestraft. Als Krankenpflegerin hat sie kein Zugriff auf fremdes Vermögen, sodass die Stelle in keinem Zusammenhang steht mit der verurteilten Tat, sodass hierdurch nicht ihre Eignung für diese Stelle geschmälert wird. Die Angabe, sie habe die letzten 20 Jahre in einem Krankenhaus in H gearbeitet ändert ebenfalls nichts an ihrer Eignung und der Arbeitsleistung. Ein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung ist hier demnach fernliegend, sodass der L kein Vermögensschaden entstanden ist. 

Fraglich ist jedoch, wie der Umstand zu werten ist, dass der Arbeitgeber der A ein Bundesland ist und sie in einer öffentlich-rechtlich betriebenen JVA eingestellt wurde. Damit ist dieses Arbeitsverhältnis von beamtenähnlicher Natur, sodass möglicherweise beamtenrechtliche Maßstäbe für die Bestimmung des Vermögensschadens heranzuziehen sind. Im Rahmen von beamtenrechtlichen Arbeitsverhältnissen ist über die fachliche Eignung hinaus, weiter die persönliche Eignung der Person relevant und im Rahmen des Vermögensschadens zu berücksichtigen. Täuscht ein Beamter über Tatsachen, welche seine fachliche oder persönliche Eignung für seine Beamtenbefähigung in Frage stellen, fehlt es regelmäßig an der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung, da der Bewerber für dieses Amt untauglich ist und nicht die rechtlichen Anforderungen an dieses Amt erfüllt.[13]BGHSt 45, 1; BGH 3 StR 221/18, NStZ 2020, 291. 

Die beamtenrechtlichen Grundätze sind ausnahmsweise auch auf Anstellungsverhältnisse übertragbar, wenn die Aufgaben aus dem Arbeitsverhältnis eine besondere Vertrauenswürdigkeit und Zuverlässigkeit erfordern und mit Rücksicht darauf die Bezahlung höher ausfällt oder einer Besoldungsgruppe der Beamten entspricht. Allein der Umstand, dass eine juristische Person des öffentlichen Rechts als Arbeitgeber auftritt, rechtfertigt jedoch keine andere Behandlung. Zu berücksichtigen ist hier, dass A an einem besonders sensiblen Einstellungsort, der JVA tätig ist und mit Straftätern zu tun hat und dabei selbst Straftäterin gewesen ist, sodass sie möglicherweise nicht die notwendige Distanz zu diesen halten kann. Diese Arbeit erfordert professionelle Distanz, welche erschwert sein könnte aufgrund der eigenen Vorstrafen. Hierin liegen berechtigte Interessen der L. Allerdings haben diese Interessen keinen Vermögensbezug, da dadurch eine ordnungsgemäß erbrachte Leistung ihr Gegenwert nicht verloren geht. Ebenso wenig stellt das Ansehen er Vollzugsanstalt oder die Lauterkeit der Angestellten einen Vermögenswert dar.[14] BGH Urt. v. 4.5.1962 – 4 StR 71/62, BGHSt 17, 254, 258 f. Geschütztes Rechtsgut gemäß § 263 Abs. 1 StGB ist das Vermögen und gerade nicht die Dispositionsfreiheit, sodass ein Vermögensschaden abzulehnen ist.  

II. Ergebnis

A hast sich nicht gemäß § 263 Abs. 1 StGB wegen Betruges strafbar gemacht. 

Zusatzfragen

A bot einem Polizeibeamten 1.000 Euro dafür an, dass dieser das Fertigen einer Anzeige in einem gegen sie gerichteten Ordnungswidrigkeitenverfahren bis zum Eintritt der Verjährung „vergessen“ würde. Als die Verjährung eingetreten ist übergab A statt der vereinbarten 1.000 Euro eine vermeintlich echte Goldmünze. Tatsächlich besteht die Münze nur aus Kupfer und ist wertlos, was der Polizeibeamte jedoch erst später bemerkt. Strafbarkeit der A wegen Betruges?

Durch die Bezahlung mit der Goldmünze statt der vereinbarten 1.000 Euro könnte A sich wegen Betruges gemäß § 263 Abs. 1 StGB strafbar gemacht haben.

A hat den Beamten bei Aushändigung der Münze über deren Echtheit und Wert getäuscht. Der Beamte unterlag diesem Irrtum.

Fraglich ist jedoch, ob hierdurch eine vermögensmindernde Verfügung angenommen werden kann. Die Entgegennahme der Münze stellt einen Verzicht auf die Geltendmachung der vereinbarten Forderung in Höhe von 1.000 Euro dar. Allerdings ist die getätigte Vereinbarung zwischen A und dem Beamten gemäß § 134 BGB nichtig, da ein Verstoß gegen ein Verbotsgesetz gemäß §§ 332, 334 StGB vorliegt.

Es stellt sich damit die Frage, ob auch zivilrechtlich nichtige Forderungen zum Vermögen des Geschädigten gehören und damit der Verzicht hierauf vermögensmindernd wirkt.
Nach dem wirtschaftlichen Vermögensbegriff können auch nichtige Forderungen einen Vermögenswert besitzen, wenn sie aufgrund der Zahlungsbereitschaft des Täuschenden faktisch realisierbar sind und damit ein geldwerter Vorteil faktisch zur Verfügung steht.
Nach dem juristisch-ökonomischen Begriff besitzen nichtige Forderungen, welche auf einer Sittenwidrigkeit oder einem Gesetzesverstoß beruhen keinen Vermögenswert. Nichtige Forderungen sind nur umfasst, wenn sie bspw. wegen eines Formmangels nichtig sind.

Für die erste Ansicht spricht, dass es keinen straffreien Raum im „Ganovenumfeld“ geben soll. Gegen die erste Ansicht spricht jedoch, dass eine rein faktische Zugriffsmöglichkeit den Vermögensbegriff sehr weit fasst und dieser dem Bestimmtheitsgrundsatz nicht gerecht wird. Nicht in jedem erdenklichen Fall wird diese faktische Zugriffsmöglichkeit klar zu definieren und einer konkreten Person zugeordnet werden können.
Für die letzte Ansicht spricht, dass eine gegen die Rechtsordnung verstoßende Forderung nicht durch das Strafrecht geschützt werden kann, vielmehr soll der Vermögensbegriff im Einklang mit der gesamten Rechtsordnung stehen. (Einheit der Rechtsordnung)
Damit liegt keine vermögensmindernde Verfügung vor, sodass A sich nicht wegen Betruges gemäß § 263 Abs. 1 StGB strafbar gemacht hat.

Das Land L erlässt eine Allgemeinverfügung auf Grundlage des Infektionsschutzgesetztes, welche besagt, dass das Verlassen der häuslichen Unterkunft ohne triftigen Grund untersagt wird. Tangiert diese Allgemeinverfügung den Öffentlichkeitsgrundsatz?

Der Öffentlichkeitsgrundsatz gemäß § 169 GVG besagt, dass grundsätzlich jedermann die Möglichkeit hat, an Verhandlungen der Gerichte als Zuhörer teilzunehmen. Durch diesen Grundsatz soll eine Kontrolle der Justiz durch Beteiligung der Öffentlichkeit gewährleistet werden. Fraglich ist, ob die Allgemeinverfügung ein Verbot ergibt an einer gerichtlichen Verhandlung teilzunehmen. Die Verfügung besagt, dass das Verlassen nur ohne triftigen Grund nicht gestattet ist. Die Teilnahme an einer Gerichtverhandlung stellt jedoch einen triftigen Grund dar. Es ist nicht ersichtlich, dass die Allgemeinverfügung die Funktionsfähigkeit der Justiz als wesentlichen Bestandteil eines Rechtsstaates aufheben will. Es bleibt jedoch dem Gericht vorbehalten im Rahmen ihrer Sitzungspolizei die Anzahl der Zuhörer aufgrund der Pandemielage zu beschränken.

Assessorexamen: Wie bestimmt Ihr, wo Ihr Euren Beschuldigten anklagen wollt?

Diese Ausführungen gelten nur für das Erwachsenenstrafrecht, Besonderheiten gelten bei Anklagen von Jugendlichen und Heranwachsenden.

Dies bestimmt sich nach der Straferwartung, der Strafgewalt und bei Katalogtaten nach der gesetzlichen Anordnung.

Das Amtsgericht und dort der Strafrichter ist gemäß § 25 GVG für Vergehen mit einer Straferwartung bis zwei Jahren oder für Privatklagedelikte zuständig. Gleichwohl kann der Strafrichter vier Jahre als Strafe verhängen (Strafgewalt). Es sollen jedoch nur solche Delikte angeklagt werden, wo die Straferwartung zwei Jahre nicht übersteigt.

Das Amtsgericht besetzt durch ein Schöffengericht ist gemäß § 28 GVG bei Vergehen und Verbrechen mit einer Straferwartung von bis zu vier Jahren, zuständig. Die Strafgewalt liegt ebenfalls bei vier Jahren.

Das Landgericht als große Strafkammer ist gemäß § 74 Abs. 1 GVG zuständig bei Verbrechen, wenn zu erwarten ist, dass die verhängte Strafe vier Jahre übersteigen wird. Das Landgericht kann jedoch auch eine mildere Strafe verhängen (Strafgewalt).

Das Landgericht als Schwurgericht (ebenfalls große Strafkammer) ist für Katalogtaten gemäß § 74 Abs. 2 GVG zuständig.

Assessorexamen: Was ist bei einer Anklageerhebung zu berücksichtigen, wenn es sich bei dem Beschuldigten um einen deutschunkundigen handelt?

In einem solchen Fall muss die Anklage übersetzt werden, Nr. 181 Abs. 2 RiStBV.
Die Übersetzung ist dem zuständigen Gericht beizulegen. Zudem ist eine Beiziehung eines Dolmetschers für die Hauptverhandlung unerlässlich.


Zusammenfassung

1. Bei privatrechtlichen Anstellungsverhältnissen wird im Vermögensschaden die Arbeitsleistung mit dem vereinbarten Entgelt verglichen, wobei es auf die fachliche Eignung des Angestellten im Verhältnis zum vereinbarten Lohn ankommt.

2. Beamtenrechtliche Grundsätze werden auf ein Anstellungsverhältnis nur angewendet, wenn eine besondere Vertrauenswürdigkeit und Zuverlässigkeit des Angestellten gefordert werden, welche sich bspw. im Gehalt widerspiegelt.

3. Bei Beamten kommt es bei einer Einstellung aufgrund des besonderen Treueverhältnisses sowohl auf die fachliche als auch auf die persönliche Eignung besonders an, da diese zumeist in gesetzlichen Vorschriften festgeschrieben sind und der Bewerber dadurch untauglich für das Amt wird. 

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