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Der gewöhnliche Verschleiß beim Kfz als Mangel
BGH, Urteil vom 09.10.2020 – VIII ZR 150/18 – BGH NJW 2021, 151

Sachverhalt

Der A, seinerseits Verbraucher, ist schön länger auf der Suche nach einem günstigen Gebrauchtwagen. Dazu begibt er sich zu der Gebrauchtwagenhändlerin B. Auf dem Gebrauchtwagenhof der B entdeckt der A einen gebrauchten, zehn Jahre alten Peugeot 307 CC mit einer Laufleistung von 84.820 km. A entscheidet sich den Gebrauchtwagen zu kaufen und schließt dazu mit B am 11.01.2014 einen schriftlichen Kaufvertrag. In dem Vertragstext findet sich unter der Rubrik „Sonstige Vereinbarungen“ die Aussage „TÜV/AU neu“. Die Hauptuntersuchung des Fahrzeugs erfolgt am 14.1.2014 ohne Beanstandungen. Drei Tage später, am 17.01.2014, wird das Fahrzeug gegen Kaufpreiszahlung dem A übergeben. 

In der Folgezeit entdeckt der A eine erhöhte Geräuschentwicklung am Auspuff des Peugeots, welche auf eine Durchrostung zurückzuführen ist. A meldet sich daher bei der B und verlangt die Beseitigung. Die B entgegnet dem A, dass sie sich hierzu nicht verpflichtet fühlen würde, nimmt den Peugeot aber entgegen und nimmt am 04.04.2014 Schweißarbeiten am Auspuff vor, ohne hierfür eine Bezahlung zu verlangen. 

Nachdem A den Wagen zurückerhalten hat, ist er der Überzeugung, dass die vorgenommenen Nachbesserungsversuche in Form von Schweißarbeiten den Mangel an der Schalldämpferanlage nicht beseitigt hätten. Er wendet sich daher am 11.12.2014 an die B und teilt ihr mit, dass er nicht mehr an dem Kaufvertrag festhalten wollen würde; Er wolle sein Geld zurück. B hingegen meint, dass sie so oder so nicht zur Beseitigung verpflichtet gewesen sei. Bei dem rostigen Auspuff handelt es sich um normale Verschleißerscheinung und Abnutzung. Den Anforderungen an die Zulassung stünde der Auspuff, was auch zutrifft, nicht entgegen.

Hat A einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückübereignung des Kraftfahrzeugs?


Skizze


Gutachten

A. Anspruch auf Rückzahlung aus §§ 323 Abs. 1, 437 Nr. 2, 434, 433 Abs. 1 BGB

A könnte einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückübereignung des gelieferten Kraftfahrzeuges gegen B aus §§ 323 Abs. 1, 437 Nr. 2, 434, 433 Abs. 1 BGB haben.

I. Rücktrittserklärung, § 349 BGB

Dazu müsste A gem. § 349 BGB zunächst gegenüber B den Rücktritt erklärt haben. Die Rücktrittserklärung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung. Sie ist grundsätzlich formfrei und kann daher auch schlüssig erklärt werden.[1] Jauernig/Stadler, 18. Aufl. 2021, BGB § 349 Rn. 1 Der Wortlaut muss daher auch nicht das Wort „Rücktritt“ enthalten. Mit der Aussage des A am 11.12.2014, er wolle nicht mehr am Vertrag festhalten, gab dieser zumindest schlüssig zum Ausdruck, dass das bisher geleistete rückabgewickelt werden soll. Eine Rücktrittserklärung  des A liegt folglich vor. 

II. Rücktrittsrecht, §§ 437 Nr. 2 Alt. 1, 434, 323 I Alt. 2, 326 V BGB

Allerdings müsste A zudem ein Rücktrittsrecht gehabt haben. Ein solches könnte sich hier aus §§ 437 Nr. 2 Alt. 1, 434, 323 I Alt. 2, 326 V BGB ergeben.

1. Wirksamer Kaufvertrag, § 433 Abs. 1 BGB

Mithin bedarf es eines wirksamen Kaufvertrages zwischen A und B gem. § 433 Abs. 1 BGB. Ein solcher wurde auch unzweifelhaft in schriftlicher Form zwischen A und B am 11.01.2014 geschlossen.

2. Mangel bei Gefahrenübergang, §§ 434, 446 S. 1 BGB

Gleichwegs müsste das Kraftfahrzeug bei Gefahrenübergang mangelhaft gewesen sein, §§ 434, 446 S. 1 BGB.

Ein Sachmangel liegt dann vor, wenn die Ist- von der Soll-Beschaffenheit negativ abweicht. Insoweit ist hier fraglich, wonach sich die Sollbeschaffenheit des Peugeot hier richtet.

a) Beschaffenheitsvereinbarung, § 434 Abs. 1 S. 1 BGB

Die Soll-Beschaffenheit könnte sich hier nach einer Beschaffenheitsvereinbarung i.S.d. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB richten.  Eine Beschaffenheitsvereinbarung kann damit auch konkludent geschlossen werden. Gleichwohl sind an das Vorliegen einer solchen strenge Anforderungen zu stellen. [2]BeckOK BGB/Faust, 57. Ed. 1.2.2021, BGB § 434 Rn. 41; BGH NJW 2008, 1517 Rn. 13; 2017, 2817 Rn. 13; 2018, 146 Rn. 16 und 18 Andernfalls würde der Anwendungsbereich des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 leerlaufen. 

Eine solche Vereinbarung könnte sich hier aus dem Zusatz im Kaufvertrag „TÜV/AU neu“ ergeben. Wie weit eine solche Beschaffenheitsvereinbarung geht, ist durch Auslegung gem. §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Gerade in Anbetracht der strengen Anforderungen an die Beschaffenheitsvereinbarung kann dabei nicht davon ausgegangen werden, dass mit dem Zusatz „TÜV/AU neu“ eine gänzliche Abwesenheit von Verschleißerscheinungen gemeint sein kann. Andererseits kann mit diesem Ausdruck auch nicht nur gemeint sein, dass das Auto eine TÜV Plakette erlangt hat oder erlangen wird, sondern wohl auch, dass es die damit verbunden Anforderungen an den Zustand, welche sich aus § 29 StVZO ergeben, erfüllt.

Dass der Peugeot daher die TÜV-Prüfung bestanden und eine TÜV-Plakette erhalten hat, spricht für sich noch nicht gegen eine Mangelhaftigkeit. Zieht man aber selbst den strengeren Maßstab heran, nachdem auch tatsächlich die Voraussetzungen für das Erlangen der HU/AU vorliegen müssen, so weicht das Fahrzeug in seinem Ist-Zustand dennoch nicht negativ hiervon ab. Denn der rostige Auspuff steht den Anforderungen aus § 29 StVZO nicht entgegen.

Anmerkung: TÜV/AU neu
Die Auseinandersetzung ist hier ziemlich kleinteilig. Es mag spitzfindig klingen, allerdings gilt es zu unterscheiden, ob die Beschaffenheitsvereinbarung nun verlangt, dass das Auto – vereinfacht gesprochen – die Plakette bekommt, oder aber auch die Voraussetzungen hierfür vorliegen mussten. Diese Unterscheidung bekommt dann Relevanz, wenn das Auto die Prüfung besteht, diese aber nicht hätte bestehen dürfen. In dem Fall kann sich der Käufer nicht einfach auf das Erlangen der Plakette berufen.[3] BGH NJW 2015, 1669 Rn. 19; 2021, 151 Rn. 20; BeckOK BGB/Faust, 57. Ed. 1.2.2021, BGB § 434 Rn. 43.
Vernetztes Lernen: Wie ist die Vereinbarung 'Werkstattgeprüft' in einem Kaufvertrag auszulegen?
Der BGH geht davon aus, dass „Werkstattgeprüft“ bei einem Gebrauchtwagen bedeutet, dass das Fahrzeug keine Mängel aufweist, die bei einer sorgfältigen äußeren Besichtigung – ohne Zerlegung der einzelnen Fahrzeugteile wie Motor, Getriebe oder Lenkung – durch einen Fachmann in einer hierfür ausgerüsteten Werkstatt unter Einsatz der hierbei üblicherweise benutzten technischen Mittel (zB Hebebühne, Bremsprüfstand) festgestellt worden wären. Ausgenommen hiervon sind Mängel ganz geringfügiger Art oder infolge altersbedingten Verschleißes, wenn sie im Verkehr beim Gebrauchtwagenkauf nicht beachtet werden.[4]BeckOK BGB/Faust, 57. Ed. 1.2.2021, BGB § 434 Rn. 43; BGHZ 87, 302 [307] = NJW 1983, 2192; s. auch BGH NJW 2013, 2749 Rn. 14 ff. – Oldtimer
b) vertraglich vorausgesetzter Verwendungszweck, § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB

Grundsätzlich ist auch an das Vorliegen eines vertraglich vorausgesetzten Verwendungszweckes gem. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB, ebenso wie an die Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 S. 1 BGB, hohe Anforderungen zu stellen. Auch hier darf der Anwendungsbereich des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 nicht unterlaufen werden. 

Bei der Ermittlung eines vertraglich vorausgesetzten Verwendungszwecks sind neben dem Vertragsinhalt die Gesamtumstände des Vertragsabschlusses heranzuziehen. [5]NJW 2019, 1937 Rn. 25, beck-online Gleichwohl kann hier eine Vereinbarung über die – bereits durch den § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB abgedeckte – gewöhnliche Verwendung des Kfz im Straßenverkehr nicht festgestellt werden. 

c) Gewöhnliche Verwendung und Beschaffenheit, § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB

Eine Mangelhaftigkeit könnte sich hier allerdings aus § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB ergeben. Das wäre dann der Fall, wenn die Sache sich für die gewöhnliche Verwendung nicht eignet oder eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art unüblich ist oder die der Käufer nach der Art der Sache nicht erwarten kann.

Zunächst ist für die gewöhnliche Verwendung die Verkehrsanschauung maßgeblich – also der Erwartungshorizont eines vernünftigen Durchschnittskäufers. [6]RGZ 70, 82 [85 f.]; BeckOK BGB/Faust, 57. Ed. 1.2.2021, BGB § 434 Rn. 59 Der Erwartungshorizont seinerseits wird primär durch einen Vergleich mit anderen Stücken der gleichen Gattung geprägt.[7]BeckOK BGB/Faust, 57. Ed. 1.2.2021, BGB § 434 Rn. 60 Bei einem Gebrauchtfahrzeug kann von einem Durchschnittskäufer erwartet werden, dass es sich zur gewöhnlichen Verwendung im Straßenverkehr eignet. Dies knüpft nicht an konkrete Eigenschaften an, sondern vielmehr an der Art der Nutzung. Ein durchrosteter Auspuff schränkt diese Verwendungsmöglichkeit nicht ein. Das Fahrzeug kann weiterhin im Straßenverkehr genutzt werden. Das Kraftfahrzeug bleibt mithin für die seine gewöhnliche Verwendung geeignet.

Fraglich ist jedoch, ob mit dem durchrosteten Auspuff eine Abweichung von der üblichen Beschaffenheit vorliegt. Auch diese Bestimmung richtet sich, ebenso wie die Bestimmung der gewöhnlichen Verwendung, nach der Verkehrsauffassung.[8]BeckOK BGB/Faust, 57. Ed. 1.2.2021, BGB § 434 Rn. 66 Dabei ist auch bestimmend, ob es sich um einen gebrauchten oder neuwertigen Gegenstand handelt.[9]FraktionsE, BT-Drs. 14/6040, 214; BeckOK BGB/Faust, 57. Ed. 1.2.2021, BGB § 434 Rn. 61 Insbesondere bei gebrauchten Gegenständen darf nicht mit Hilfe des Gewährleistungsrechts der jeweils höchste Standard, der auf dem Markt angeboten wird, gefordert werden.[10]BeckOK BGB/Faust, 57. Ed. 1.2.2021, BGB § 434 Rn. 61 Dies gilt es bei dem Vergleich mit anderen Stücken der gleichen Gattung zu berücksichtigen. Bei einem Gebrauchtwagen ist daher auch maßgeblich, ob die Beeinträchtigungen die bei einem Wagen des entsprechenden Alters und der entsprechenden Fahrleistung üblichen Abnutzungs- und Verschleißerscheinungen übersteigen.[11]BGH NJW 2021, 151 Rn. 22; BeckOK BGB/Faust, 57. Ed. 1.2.2021, BGB § 434 Rn. 66; Soergel/U. Huber, 12. Aufl. 1991, § 459 Rn. 305 Denn Verschleißteile eines Kraftfahrzeugs unterliegen – in Abhängigkeit von Alter, Laufleistung, Anzahl der Vorbesitzer, Art der Vorbenutzung sowie Qualität des Fahrzeugs – einer kontinuierlichen Abnutzung; beispielsweise in Form von Rosterscheinungen.[12]BGH NJW 2021, 151 Rn. 22

Bei einem zehn Jahre alten Kraftfahrzeug mit fast 85.000 km Laufleistung sind auch erhebliche Durchrostungen an dem Auspuff nicht ungewöhnlich. Vielmehr stellt eine Verrostung in dieser Gestalt einen gewöhnlichen Verschleiß dar.

Eine andere Bewertung könnte sich allerdings dann ergeben, wenn aufgrund des – wenngleich gewöhnlichen – Verschleißes, es zu erheblichen Sicherheitsmängeln kommt.[13] BGH NJW 2021, 151 Rn. 22 Denn mit einer diesbezüglichen Beeinträchtigung braucht der Durchschnittsverkäufer nicht zu rechnen. Gleichwohl ist eine solche Beeinträchtigung durch eine Verrostung am Auspuff nicht ersichtlich.

Mithin liegt auch kein Mangel i.S.d. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB vor.

Anmerkung: Unterscheidung zwischen Verwendung und Beschaffenheit
Der BGH hat in seinem Urteil nicht ausdrücklich zwischen gewöhnlicher Verwendung und üblicher Beschaffenheit unterschieden. Eine Abgrenzung hierzwischen ist auch nicht zwangsläufig einfach, denn eine unübliche Beschaffenheit kann sich durchaus auf die gewöhnliche Verwendung auswirken. Insbesondere zeigt sich dies vor dem Hintergrund, wenn es sich um einen gewöhnlichen Verschleiß handelt, dieser aber die Verkehrssicherheit erheblich beeinträchtigt. Gleichwohl bietet sich die Chance, dem Korrigierenden zu zeigen, dass man den Unterschied verstanden hat und nahe am Gesetz prüfen kann.
Anmerkung: Sicherheitsrelevanter Verschleiß
Die Linie des BGH, dass gewöhnlicher Verschleiß keinen Mangel darstellt, ist nicht unbedingt neu.[14]so beispielsweise: BGH NJW 2006, 434 Bemerkenswert ist indes, dass der BGH im vorliegenden Urteil eine Ausnahme macht. Handelt es sich zwar um gewöhnlichen Verschleiß, beeinträchtig dieser aber die Verkehrssicherheit (bspw. eine Beeinträchtigung der Bremsanlage), so kann gleichwohl ein Mangel i.S.d. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB vorliegen.[15] BGH NJW 2021, 151 Rn. 22
c)Andere Wertung durch die Beweislastumkehr des § 477 BGB

Möglich erscheint zunächst aber eine andere Wertung durch die Beweislastregel des § 477 BGB. Demnach ist der Käufer des Vortrags und des Nachweises enthoben, auf welche Ursache der zutage getretene mangelhafte Zustand zurückzuführen ist, sowie dass diese Ursache in den Verantwortungsbereich des Verkäufers fällt.[16]BGH NJW 2021, 151 Rn. 27; NJW 2020, 2879; NJW 2017, 1093 Rn. 36 Die von A innerhalb der ersten sechs Monate nach der Übergabe des Fahrzeugs beanstandete starke Geräuschentwicklung an der Auspuffanlage mag zwar darauf schließen lassen, dass an der Auspuffanlage zu diesem Zeitpunkt mehr oder minder starke Durchrostungen vorhanden waren – allerdings ändert dies nichts an der Wertung, dass es sich bei dem durchrosteten Auspuff – wie zuvor festgestellt – erst gar nicht um einen Mangel handelt.[17]BGH NJW 2021, 151 Rn. 28 Die Beweislastumkehr des § 477 BGB bezieht sich mithin nicht auf die Qualifikation einer Beeinträchtigung als Mangel.

d) deklaratorisches Schuldanerkenntnis

Möglich erscheint aber, dass B durch die versuchte Reparatur des Auspuffs ein deklaratorisches  Schuldanerkenntnis vereinbart hat und dadurch das tatsächliche Vorhandensein eines Mangels für die Anspruchsbegründung unerheblich ist. 

Ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis entzieht ein Schuldverhältnis insgesamt oder in bestimmten Beziehungen dem Streit oder der Ungewissheit.[18]BGH NJW 1995, 960; Jauernig/Stadler, 18. Aufl. 2021, BGB §§ 780, 781 Dabei handelt es sich um ein kausalen Feststellungsvertrag.[19] Jauernig/Stadler, 18. Aufl. 2021, BGB §§ 780, 781 Mithin ist auch eine Einigung der Parteien notwendig. Die Wirkung des deklaratorischen Schuldanerkenntnisses hängt vom Inhalt der Vereinbarung ab und ist gegebenenfalls durch Auslegung, §§ 133, 157 BGB, zu ermitteln.[20]BGHZ 66, 255; NJW 1995, 3312; Jauernig/Stadler, 18. Aufl. 2021, BGB §§ 780, 781

Vorliegend versuchte die B zwar den Auspuff zu reparieren, gleichwohl kann hieraus noch nicht der für die Einigung notwendige Rechtsbindungswille geschlossen werden. Insbesondere erwähnte sie gegenüber A, dass sie sich zu einer Reparatur nicht verpflichtet fühlen würde. Ein objektiver Dritter konnte daher nicht davon ausgehen, dass B das Vorhandensein eines Mangels unstreitig stellen wollen würde, vielmehr ist davon auszugehen, dass sie kulanzweise dem A entgegenkommen wollte. Ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis liegt nicht vor.

Anmerkung: Deklaratorisches Schuldanerkenntnis
Im tatsächlichen Urteil mangelte es an einem hinreichenden Vortrag seitens der Kläger für ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis. Hätte die B allerdings anstandslos den Wagen reparieren wollen, ließe sich über ein solches Anerkenntnis diskutieren.
Vernetztes Lernen: Worin liegt der Unterschied zwischen dem deklaratorischen und abstrakten Schuldanerkenntni?
Das abstrakte Schuldanerkenntnis nach § 781 BGB stellt ein eigenes Schuldverhältnis dar. Demnach können aus diesem Schuldverhältnis eigene Ansprüche erwachsen. Dem entgegen will das deklaratorische Schuldanerkenntnis ein bereits bestehendes Schuldverhältnis der Rechtsunsicherheit entziehen. Auf das deklaratorische Schuldanerkenntnis sind die §§ 780-782 BGB daher auch nicht anwendbar. Das heißt auch, dass das deklaratorische Schuldanerkenntnis, entgegen § 781 BGB, keine Formvorschriften kennt.

B. Ergebnis

Da kein Mangel i.S.d. § 434 BGB vorliegt, besteht kein Rücktrittsrecht. Mithin besteht auch kein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückübereignung des gelieferten Kraftfahrzeuges gegen B aus §§ 323 Abs. 1, 437 Nr. 2, 434, 433 Abs. 1 BGB.

Zusatzfragen

Angenommen A und B hätten im Kaufvertrag explizit aufgenommen, dass das Fahrzeug über eine funktionierende Klimaanlage verfügt. Darüber hinaus vereinbaren A und B einen pauschalen Haftungsausschluss. Nach der Übergabe stellt sich raus, dass die Klimaanlage des Kfz nicht funktioniert. Kann sich B auf den Haftungsausschluss berufen?
Grundsätzlich sind Haftungsbeschränkungen eng auszulegen.[21]Jauernig/Berger, 18. Aufl. 2021, BGB § 444; BGH NJW 2003, 1316, 1317 Sind in einem Kaufvertrag zugleich eine bestimmte Beschaffenheit der Kaufsache und ein pauschaler Ausschluss der Sachmängelhaftung vereinbart, ist dies regelmäßig dahin auszulegen, dass der Haftungsausschluss nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit (§ 434 Abs. 1 S.1 BGB), sondern nur für solche Mängel gelten soll, die darin bestehen, dass die Sache sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB) bzw. sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet und keine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB).[22]BGH NJW 2007, 1346 Da hier aber eine Beschaffenheitsvereinbarung i.S.d. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB in der Form der funktionierenden Klimaanlage vorliegt, ist der pauschale Haftungsausschluss dahingehend auszulegen, dass er sich nicht auf diese bezieht. Mithin kann B sich auch nicht auf den Haftungsausschluss berufen.

Zusammenfassung:

1. Ein bei Gefahrübergang vorliegender, dem Alter, der Laufleistung und der Qualitätsstufe entsprechender, gewöhnlicher, die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigender Verschleiß eines für den Straßenverkehr zugelassenen Kraftfahrzeugs begründet einen Sachmangel nach § 434 I 2 Nr. 1, 2 BGB nicht (Bestätigung von Senat NJW 2006, 434 Rn. 19; NJW 2008, 53 Rn. 19; NJW 2009, 1588 Rn. 13). Dies gilt auch dann, wenn sich daraus in absehbarer Zeit – insbesondere bei der durch Gebrauch und Zeitablauf zu erwartenden weiteren Abnutzung – ein Erneuerungsbedarf ergibt.

2. Die Vermutung des § 476 Hs. 1 BGB – in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung (jetzt § 477 Hs. 1 BGB) – entbindet den Käufer nicht davon, darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, dass sich an der Kaufsache innerhalb von sechs Monaten nach Gefahrübergang ein mangelhafter Zustand (Mangelerscheinung) gezeigt hat. Der Käufer ist dann durch die genannte Vorschrift des Vortrags und des Nachweises enthoben, auf welche Ursache der zutage getretene mangelhafte Zustand zurückzuführen ist, sowie dass diese Ursache in den Verantwortungsbereich des Verkäufers fällt (Bestätigung von Senat BGHZ 212, 224 = NJW 2017, 1093 Rn. 36; NJW 2020, 2879 unter II 3 c bb [1]).


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