Hamburgisches OVG Hamburg, Beschluss vom 07.04.2025 – 3 Bs 20/25 und VG München, Beschluss vom 18.06.2025 – M 10 E 25.3465
Sachverhalt
(abgewandelt und gekürzt)
Am 05.03.2025 veröffentlichte die Polizei im Bundesland B eine Pressemitteilung. In dieser wurde darüber berichtet, dass in der Stadt M ein 29-jähriger Mann von der Polizei nach einer Personenkontrolle festgenommen wurde. Im Rahmen der Personenkontrolle hatte er angegeben, am Vorabend einen Mann in dessen Wohnung im Stadtteil F schwer verletzt zu haben. Daraufhin wurde die betreffende Wohnung durchsucht, wobei der 59-jährige Wohnungsinhaber tot aufgefunden wurde.
Am 15.052025 erhielten alle bei der Polizeipressestelle des Polizeipräsidiums M registrierten Journalisten per E-Mail eine Einladung zu einer Pressekonferenzam 20.05.2025 . Bei dieser informierten die Staatsanwaltschaft in M und das Polizeipräsidium in M über die Festnahme des 29-jährigen Tatverdächtigen im Zusammenhang mit einem vollendeten Tötungsdelikt. Es wurde der aktuelle Stand der Ermittlungen präsentiert, darunter die Beantragung und der Erlass eines Unterbringungsbefehls anstelle eines Haftbefehls aufgrund von Hinweisen auf mögliche Schuldunfähigkeit des Verdächtigen. Zudem wurden die bisherigen Maßnahmen des Fachkommissariats erläutert sowie die rechtliche Bewertung der Staatsanwaltschaft, die den Fall als Totschlag einstufte.
Am 20.5.2025 bat der Redakteur der lokalen Tageszeitung, der Journalist J, die Staatsanwaltschaft telefonisch „um Mitteilung, wer der Rechtsanwalt oder die Rechtsanwältin des Beschuldigten“ in dem Ermittlungsverfahren sei. Zuvor hatte er schon darüber in der regionalen Presse berichtet. Am Telefon wurde Ihm die Auskunft verweigert. J selbst nahm an der Pressekonferenz, trotz Erhalt der Einladungsmail, nicht teil.
Mit E-Mails vom 23.5.2025 und 3.6.2025 wiederholte der J sein Begehren. Er trug schriftlich vor, dass er einen presserechtlichen Anspruch auf Auskunft bezüglich des Ermittlungsverfahrens habe. Der J wolle weitergehend und vertieft über das gegen den Beschuldigten geführte Ermittlungsverfahren berichten und über den Verteidiger Kontakt zum Beschuldigten aufnehmen. Zudem müsse die Öffentlichkeit auch vor der Eröffnung der Hauptverhandlung hinreichend informiert werden, damit sie beurteilen könne, ob sie der Verhandlung beiwohnen möchte.
Mit E-Mail vom 6.6.2025 lehnte die Staatsanwaltschaft erneut das Begehren ab. Zur Begründung führte sie aus, dass die Entscheidung auf einer sorgfältigen Abwägung zwischen dem Informationsinteresse des J auf der einen und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht sowie dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Verteidigers auf der anderen Seite beruhe. Abgesehen davon stünde es dem J ja jederzeit frei, sich direkt an den ihm offenbar namentlich bekannten Beschuldigten zu wenden. Nur der Beschuldigte könne das ebenfalls durch die (verweigerte) Auskunft zu schützende Mandatsgeheimnis aufheben. Darüber hinaus sei die bisherige Berichterstattung des J über das Ermittlungsverfahren höchst rudimentär gewesen. Daher könne man nicht nachvollziehen, wieso nun der Name des Verteidigers relevant für den J sei.
Gegen die Entscheidung erhob der J Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht und begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Bekanntgabe des Namens des Strafverteidigers. Dabei stützt er sich auf seinen presserechtlichen Auskunftsanspruch. Bezüglich der Argumentation der Staatsanwaltschaft trägt er vor, dass Ausschlussgründe, so wie die Staatsanwaltschaft meint, nicht erkennbar seien. Mögliche Geheimhaltungsinteressen überwögen nicht das verfassungsrechtlich geschützte Informationsinteresse. Bei Berichterstattungen über den Verdacht einer Straftat sei besonders zu beachten, dass Straftaten zum aktuellen Zeitgeschehen gehörten und deren Vermittlung zu den Aufgaben der Medien zähle. Überdies sei das Mandatsgeheimnis nicht betroffen, da die Rolle des Rechtsanwalts als Verteidiger keine Geheimhaltung erfordere. Besonders bei Pflichtverteidigungen gemäß § 140 StPO erfolge die Bestellung des Verteidigers aufgrund gesetzlicher oder gerichtlicher Anordnung und nicht auf einer rein privaten Entscheidung. Ebenso könne das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Verteidigers keine Auskunftsverweigerung begründen. Es ginge hier schlicht um seinen Namen. Zudem trete er selbst in die Öffentlichkeit, spätestens mit Beginn der Hauptverhandlung.
Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes stützt sich die Staatsanwaltschaft auf ihre schon vorgebrachte Argumentation. Sie ergänzt lediglich, dass eine Auskunft schon daran scheitern würde, dass es sich dabei um eine vorweggenommene Hauptsacheentscheidung handele.
Wie wird das Verwaltungsgereicht über den Antrag entscheiden?
Es ist davon auszugehen, dass der J den Antrag form- und fristgerecht eingelegt hat und den Antrag auch gegen den richtigen Antragsgegner richtete.
Auszüge aus dem Bayerischen Pressegesetz (BayPrG)
Art. 4 Auskunftsrecht
(1) 1Die Presse hat gegenüber Behörden ein Recht auf Auskunft. 2Sie kann es nur durch Redakteure oder andere von ihnen genügend ausgewiesene Mitarbeiter von Zeitungen oder Zeitschriften ausüben.
(2) 1Das Recht auf Auskunft kann nur gegenüber dem Behördenleiter und den von ihm Beauftragten geltend gemacht werden. 2Die Auskunft darf nur verweigert werden, soweit auf Grund beamtenrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Vorschriften eine Verschwiegenheitspflicht besteht.
Auszüge aus der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO)
§ 43a Grundpflichten
(1) Der Rechtsanwalt darf keine Bindungen eingehen, die seine berufliche Unabhängigkeit gefährden.
(2) Der Rechtsanwalt ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. Diese Pflicht bezieht sich auf alles, was ihm in Ausübung seines Berufes bekanntgeworden ist. Dies gilt nicht für Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen. Der Rechtsanwalt hat die von ihm beschäftigten Personen in Textform zur Verschwiegenheit zu verpflichten und sie dabei über die strafrechtlichen Folgen einer Pflichtverletzung zu belehren. Zudem hat er bei ihnen in geeigneter Weise auf die Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht hinzuwirken. Den von dem Rechtsanwalt beschäftigten Personen stehen die Personen gleich, die im Rahmen einer berufsvorbereitenden Tätigkeit oder einer sonstigen Hilfstätigkeit an seiner beruflichen Tätigkeit mitwirken. Satz 4 gilt nicht für Referendare und angestellte Personen, die im Hinblick auf die Verschwiegenheitspflicht den gleichen Anforderungen wie der Rechtsanwalt unterliegen. Hat sich ein Rechtsanwalt mit anderen Personen, die im Hinblick auf die Verschwiegenheitspflicht den gleichen Anforderungen unterliegen wie er, zur gemeinschaftlichen Berufsausübung zusammengeschlossen und besteht zu den Beschäftigten ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis, so genügt auch der Nachweis, dass eine andere dieser Personen die Verpflichtung nach Satz 4 vorgenommen hat.
(3) Der Rechtsanwalt darf sich bei seiner Berufsausübung nicht unsachlich verhalten. Unsachlich ist insbesondere ein Verhalten, bei dem es sich um die bewußte Verbreitung von Unwahrheiten oder solche herabsetzenden Äußerungen handelt, zu denen andere Beteiligte oder der Verfahrensverlauf keinen Anlaß gegeben haben.
(4) Der Rechtsanwalt darf nicht tätig werden, wenn er einen anderen Mandanten in derselben Rechtssache bereits im widerstreitenden Interesse beraten oder vertreten hat. Das Tätigkeitsverbot gilt auch für Rechtsanwälte, die ihren Beruf gemeinschaftlich mit einem Rechtsanwalt ausüben, der nach Satz 1 nicht tätig werden darf. Ein Tätigkeitsverbot nach Satz 2 bleibt bestehen, wenn der nach Satz 1 ausgeschlossene Rechtsanwalt die gemeinschaftliche Berufsausübung beendet. Die Sätze 2 und 3 sind nicht anzuwenden, wenn die betroffenen Mandanten der Tätigkeit des Rechtsanwalts nach umfassender Information in Textform zugestimmt haben und geeignete Vorkehrungen die Einhaltung der Verschwiegenheit des Rechtsanwalts sicherstellen. Ein Tätigkeitsverbot nach Satz 1, das gegenüber einer Berufsausübungsgesellschaft besteht, entfällt, wenn die Voraussetzungen des Satzes 4 erfüllt sind. Soweit es für die Prüfung eines Tätigkeitsverbots nach Satz 1 oder Satz 2 erforderlich ist, dürfen der Verschwiegenheitspflicht unterliegende Tatsachen einem Rechtsanwalt auch ohne Einwilligung des Mandanten offenbart werden.
(5) Absatz 4 Satz 1 gilt entsprechend für die Tätigkeit als Referendar im Vorbereitungsdienst im Rahmen der Ausbildung bei einem Rechtsanwalt. Absatz 4 Satz 2 ist nicht anzuwenden, wenn dem Tätigkeitsverbot nach Absatz 4 Satz 1 eine Tätigkeit als Referendar nach Satz 1 zugrunde liegt.
(6) Absatz 4 Satz 1 gilt entsprechend für ein berufliches Tätigwerden des Rechtsanwalts außerhalb des Anwaltsberufs, wenn für ein anwaltliches Tätigwerden ein Tätigkeitsverbot nach Absatz 4 Satz 1 bestehen würde.
(7) Der Rechtsanwalt ist bei der Behandlung der ihm anvertrauten Vermögenswerte zu der erforderlichen Sorgfalt verpflichtet. Fremde Gelder sind unverzüglich an den Empfangsberechtigten weiterzuleiten oder auf ein Anderkonto einzuzahlen.
(8) Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, sich fortzubilden.
Skizze
Gutachten
Der Antrag des J hat Aussicht auf Erfolg, wenn dieser zulässig und soweit er begründet ist.
A. Zulässigkeit
Zunächst müsste der Antrag zulässig sein.
I. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs
Der Verwaltungsrechtsweg müsste eröffnet sein. Da keine aufdrängende Sonderzuweisung vorliegt, müsste es sich nach der Generalklausel, § 40 I 1 VwGO, bei dem zugrundeliegenden Sachverhalt um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht-verfassungsrechtlicher Art handeln und es dürfte keine abdrängende Sonderzuweisung vorliegen. Eine Streitigkeit ist nach der modifizierten Subjektstheorie öffentlich-rechtlich, wenn die streitentscheidende Norm eine solche des öffentlichen Rechts ist, also einen Hoheitsträger berechtigt oder verpflichtet. Streitentscheidend sind hier Normen des Bayerischen Pressegesetzes. Die Normen berechtigen und verpflichten unter anderem die Behörde der Presse unter den genannten Voraussetzungen Auskunft zu gewähren.
Es streiten auch nicht zwei unmittelbar am Verfassungsleben Beteiligte um die Auslegung und Anwendung von Verfassungsrecht (doppelte Verfassungsunmittelbarkeit), die Streitigkeit ist damit auch nicht-verfassungsrechtlicher Art. Eine abdrängende Sonderzuweisung ist ebenfalls nicht ersichtlich.
Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet.
II. Statthafte Antragsart
Es müsste eine statthafte Antragsart vorliegen. Die statthafte Antragsart richtet sich nach dem Antragsbegehren des Antragstellers § 122 I, 88 VwGO.
Der J begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Auskunft über den Namen des Strafverteidigers. In Betracht kommt ein Antrag nach §§ 80, 80a VwGO oder § 123 I VwGO. § 123 I VwGO ist aber nur einschlägig, wenn in der Hauptsache keine Anfechtungsklage oder ein Anfechtungswiderspruch statthaft ist. Insofern ist § 123 VwGO negativ von den §§ 80, 80a VwGO abzugrenzen.
Aufgrund des begehrten Auskunftsanspruchs kommt hier in Hauptsache eine Leistungsklage oder Verpflichtungsklage in Betracht. Diese wäre statthaft, wenn der Kläger ein Handeln, Tun oder Unterlassen begehrt, das nicht im Erlass eines Verwaltungsakts besteht. Der J. begehrt hier ein Handeln der Behörde in Form einer Auskunft. Nach dem Wortlaut der Norm besteht grundsätzlich ein Auskunftsanspruch der Presse. Bei gebundenen Ansprüchen ist grundsätzlich davon auszugehen, dass hinsichtlich des „Obs“ keine regelnde Wirkung ergeht. . Jedoch auch bei einem Verpflichtungsbegehren wäre ein Antrag nach § 123 VwGO statthaft. Jedenfalls richtet sich der J nicht gegen einen Verwaltungsakt, sodass nicht ein Antrag nach § 80 VwGO, sondern nach § 123 VwGO einschlägig ist.
Anmerkung: Klageart bei verfassungsunmittelbaren AuskunftsansprüchenIn der Klausur kann einen, insbesondere aufgrund aktueller Urteile, ein verfassungsunmittelbarer Presseanspruch begegnen. Dabei sind diese als verfassungsunmittelbare presserechtliche Auskunftsansprüche mit der Leistungsklage geltend zu machen.[1]BVerwG, NVwZ 2022, 248, 249, Rn. 15.
Siehe dazu auch den Fall Auskunftsanspruch gegen den BND: https://examensgerecht.de/auskunftsanspruch-der-presse-gegen-den-bnd/
III. Antragbefugnis
Der J müsste nach § 42 II VwGO analog antragsbefugt sein. Die Befugnis im einstweiligen Verfahren nach § 123 VwGO ist gegeben, wenn die Möglichkeit besteht, dass ein Anordnungsanspruch sowie -grund besteht. In dem Fall, dass in der Hauptsache eine Leistungsklage statthaft ist, also, wenn der Antragssteller möglicherweise einen Anspruch auf die begehrte Leistung hat. Es ist nicht von vorneherein ausgeschlossen, dass J einen Anspruch auf Auskunftserteilung hat und dass wegen der Aktualität eine besondere Dringlichkeit vorliegt. Die Antragsbefugnis liegt daher vor.
Vernetztes Lernen: Klausurtaktik zur Klagebefugnis bei Feststellungs- und LeistungsklagenUmstritten ist, ob im Rahmen der Leistungsklage § 42 II VwGO entsprechend angewandt werden muss. Zwar streitet für die andere Ansicht, dass nach dem Wortlaut des § 42 Abs. 2 VwGO die Klagebefugnis nur bei der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage greift, doch aufgrund der vergleichbaren Interessenlage – die Vermeidung von Popularklagen – könnte sich ergeben, dass auch bei der allgemeinen Leistungsklage der Kläger geltend machen muss, in eigenen Rechten betroffen zu sein.
Die gleiche Problematik, also die Frage, ob eine Klagebefugnis notwendig ist, stellt sich im Rahmen der Feststellungsklage. In der Klausur sollte kurz gezeigt werden, dass man diese Problematik kennt. Klausurtaktisch ist es vorzugswürdig, den Streit dahingestellt zu lassen, indem man die Klagebefugnis kurz prüft und bejaht. In den seltensten Fällen wird diese nicht gegeben sein.
IV. Rechtsschutzbedürfnis
Fraglich ist, ob auch ein Rechtsschutzbedürfnis seitens J besteht. Dieses ist insbesondere dann zu verneinen, wenn im Rahmen einer Regelungsanordnung eine Vorwegnahme der Hauptsache zu befürchten ist.
Zunächst müsste es sich bei den Begehren um eine Regelungsanordnung handeln. Eine Regelungsanordnung liegt vor, wenn nicht nur ein bestehender Zustand vorläufig gesichert werden soll, sondern eine Maßnahme begehrt wird, die eine Erweiterung der Rechtsposition zum Inhalt hat. Der J will hier keine Berichterstattung sichern, sondern seine Berichterstattung ausweiten. Es liegt daher ein Fall der Regelungsanordnung vor.
Das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache steht einer Anordnung nach § 123 VwGO dann nicht entgegen, wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes geboten ist, mithin dem Antragsteller schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteilen drohen, und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der mit der Hauptsache verfolgte Anspruch begründet ist. Zu beachten ist, dass im presserechtlichen Auskunftsverfahren an das Vorliegen eines Anordnungsgrundes keine überhöhten Anforderungen gestellt werden dürfen. Dies folgt aus der verfassungsrechtlichen Garantie effektiven Rechtsschutzes sowie aus dem von Art. 5 I 2 GG geschützten Selbstbestimmungsrecht der Presse in Bezug auf Themenwahl und die Entscheidung, ob eine Berichterstattung zeitnah erfolgen soll. Ausreichend – und zugleich erforderlich – ist, dass ein gesteigertes öffentliches Interesse besteht und die Berichterstattung einen deutlichen Gegenwartsbezug aufweist.[2]BVerfG, Beschl. v. 8.9.2014, 1 BvR 23/14 Daher darf ein Verweis auf das Hauptsacheverfahren nicht dazu führen, dass eine begehrte Auskunft mit starkem Aktualitätsbezug ihren Nachrichtenwert verliert und allenfalls noch von historischem Interesse ist. Genau in solchen Konstellationen ist bei der Berichterstattung keine einschneidende Einschränkung vorzunehmen.[3]OVG Hamburg, Beschluss vom 07.04.2025 – 3 Bs 20/25.
Der J wies genau darauf hin, dass schon vor Beginn der Hauptverhandlung die Öffentlichkeit informiert werden müsse. Nur durch die so hergestellte Öffentlichkeit, können Leserinnen und Leser entscheiden, die Verhandlung aufzusuchen oder nicht. Dazu trägt die Presse im Wesentlichen bei.
Insofern liegt keine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache vor.
V. Zwischenergebnis
Der Antrag ist zulässig.
B. Begründetheit
Der Antrag müsste auch begründet sein.
Dafür muss der Antragsteller sowohl die Dringlichkeit einer Regelung als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts glaubhaft machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 ZPO). Insofern setzt ein Antrag nach § 123 VwGO einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund voraus.
I. Anordnungsanspruch
Der J müsste einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht haben.
Ein Anordnungsanspruch auf presserechtliche Auskunft in Form der Nennung des Namens des Verteidigers des Beschuldigten des Ermittlungsverfahrens könnte sich aus Art. 4 I 1 BayPrG ergeben. Nach Art. 4 I 1 BayPrG hat die Presse gegenüber Behörden ein Recht auf Auskunft. Es kann nur durch Redakteure oder andere von ihnen genügend ausgewiesene Mitarbeiter von Zeitungen oder Zeitschriften ausgeübt werden. Nach Satz 2 darf die Auskunft nur verweigert werden, soweit aufgrund beamtenrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Vorschriften eine Verschwiegenheitspflicht besteht.
1. Presserechtlicher Anspruch
Zunächst müssten die Tatbestandsvoraussetzungen des Absatz 1 Satz 1 vorliegen.
Der Inhalt des presserechtlichen Auskunftsanspruchs wird wesentlich durch die Informations- und Kontrollfunktion der Presse in der freiheitlichen Demokratie geprägt.[4]siehe § 3 HmbPresseG; vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.9.2015, 1 BvR 857/15 Voraussetzung ist daher das nur einer der der im § 4 BayPrG aufgezählten Personen einen Anspruch geltend machen kann. Der J ist Redakteur der ansässigen Tageszeitung und daher Auskunftsberechtigter.
Überdies setzt die wirksame Wahrnehmung der Pressefunktion ausreichende Auskünfte zu Angelegenheiten von öffentlichem Interesse voraus.[5]BVerwG, Urt. v. 25.3.2015, 6 C 12/14 So erhalten Bürger wesentliche Informationen für eine fundierte Meinungsbildung. Innerhalb der gesetzlichen Grenzen entscheidet die Presse selbst über Inhalt und Form der Berichterstattung; dies umfasst auch die geschützte Art der Informationsbeschaffung. Insbesondere im Strafverfahren sind die Informations- und Kontrollfunktion der Presse wesentlich. Der Schutzbereich der Pressefreiheit ist hier weiter als bei bloßer Berichterstattung zu Unterhaltungszwecken.[6]BVerwG, Urt. v. 1.10.2014, 6 C 35/13, Rn. 26. Wenn die Antragsgegnerin die bisherige Berichterstattung des J zum Ermittlungsverfahren kritisiert, übersieht sie, dass es hier um die künftige Berichterstattung geht. Daher ist das grundrechtliche Gewischt des Auskunftsanspruchs des J nicht gemindert. Es obliegt gerade dem J frei zu entscheiden, wann er welche Informationen in seiner Berichterstattung verarbeitet. Die Öffentlichkeit hat gerade ein Interesse vor der Hauptverhandlung über Geschehnisse des Ermittlungsverfahrens informiert zu werden. Die positiven Voraussetzungen eines presserechtlichen Auskunftsanspruchs bestehen mithin.
2. Auskunftsverweigerungsrecht
Es könnte indes ein Auskunftsverweigerungsrecht bestehen.
Das Auskunftsverweigerungsrecht könnte sich einerseits aus dem Schutz des Persönlichkeitsrechts und des Mandatsgeheimnisses ergeben. Darauf beruft sich jeweils die Staatsanwaltschaft. Fraglich ist, ob solche Auskunftsverweigerungsrechte der presserechtliche Auskunftsanspruch vorsieht. Ausdrücklich erwähnt ist die Möglichkeit der Verweigerung aufgrund einer Verschwiegenheitspflicht.
Über die ausdrücklich genannten Verschwiegenheitspflichten hinaus sieht das Bayerische Pressegesetz aber, allein vom Wortlaut, kein Recht zur Verweigerung von Auskünften vor. Erfasst werden dabei sowohl Geheimhaltungsvorschriften als auch Normen zum Schutz privater Geheimnisse; generelle Bereichsausnahmen gibt es nicht. Treffen im Rahmen der nach Art. 4 II 2 BayPrG vorzunehmenden Abwägung unterschiedliche Grundrechtspositionen aufeinander, ist ein angemessener Ausgleich herzustellen.[7]VG München, Beschluss v. 18.06.2025 – M 10 E 25.3465, Rn. 18.
Dies bedeutet, dass grundsätzlich erst einmal solche Vorschriften ein Auskunftsverweigerungsrecht begründen, die eine Verschwiegenheit normieren. In Betracht kommt hier das Mandatsgeheimnis aus § 43a II BRAO.
Fraglich ist, ob darüber hinaus noch weitere Einschränkungen möglich sind.
Die Pflicht zur Verschwiegenheit kann sich nicht nur aus allgemeinen „Geheimhaltungsvorschriften“ ergeben. Einschränkungen des presserechtlichen Auskunftsanspruchs sind auch dann denkbar, wenn die Beantwortung einer Anfrage Grundrechte Dritter berührt – etwa deren Recht auf informationelle Selbstbestimmung als besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 1 I, Art. 2 I GG). Dabei kann grundsätzlich der presserechtliche Auskunftsanspruch eingeschränkt sein, wenn die Beantwortung einer Anfrage Grundrechte Dritter berührt [8]vgl. VG München, Beschl. v. 21.5.2024 – M 10 E 24.224, Rn. 26.. Treffen unterschiedliche Grundrechtspositionen aufeinander, ist ein angemessener Ausgleich herzustellen. Insbesondere ist abzuwägen, ob dem durch die Pressefreiheit (Art. 5 I 2 GG) verfassungsrechtlich geschützten Informationsinteresse oder dem ebenfalls grundrechtlich abgesicherten Interesse an Geheimhaltung Vorrang einzuräumen ist.[9]VG München, Beschluss v. 21.05.2024 – M 10 E 24.2241, Rn. 27.
Letztlich läuft dies auf eine Abwägung der Pressefreiheit mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und dem Mandatsgeheimnis hinaus.
Anmerkung: Ausgestaltung des presserechtlichen Anspruchs in anderen BundesländernAndere Bundesländer haben die Ausnahmetatbestände weiter untergliedert. So werden in den Pressegesetzen der Bundesländern Hamburg und Nordrhein-Westfalen nicht nur die Verschwiegenheitspflicht aufgeführt, aus der weitere Rechte Dritter gezogen werden, sondern sie werden in dem Gesetzestext direkt mit in Bezug genommen.
§ 4 Informationsrecht der Presse (PressG NRW)
(1) Die Behörden sind verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen.
(2) Ein Anspruch auf Auskunft besteht nicht, soweit
1. durch sie die sachgemäße Durchführung eines schwebenden Verfahrens vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könnte oder
2. Vorschriften über die Geheimhaltung entgegenstehen oder
3. ein überwiegendes öffentliches oder ein schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde oder
4. deren Umfang das zumutbare Maß überschreitet.
(3) Allgemeine Anordnungen, die einer Behörde Auskünfte an die Presse überhaupt, an diejenige einer bestimmten Richtung oder an ein bestimmtes periodisches Druckwerk verbieten, sind unzulässig.
(4) Der Verleger einer Zeitung oder Zeitschrift kann von den Behörden verlangen, daß ihm deren amtliche Bekanntmachungen nicht später als seinen Mitbewerbern zur Verwendung zugeleitet werden.
a) Persönlichkeitsrecht des Verteidigers
Zunächst könnte das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Strafverteidigers der Auskunft entgegenstehen.
aa) Eingriff in den Schutzbereich
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht gewährleistet insbesondere die Selbstbestimmung über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten (Recht auf informationelle Selbstbestimmung).
Ein Eingriff liegt vor, wenn staatliches Handeln die Befugnis des Einzelnen beeinträchtigt, selbst zu entscheiden, ob, wann und in welchem Umfang persönliche Informationen offenbart werden.
J begehrt die Auskunft über den Namen des Verteidigers. Der Name des Verteidigers, als höchstpersönliche Information, unterliegt auch dem Schutz der Privatsphäre. Würde es um eine Information gehen, die ihn allein in seiner Eigenschaft als Organ der Rechtspflege betreffen würde, würde dieser Schutz nicht bestehen. Die Gefahr, dass das Erscheinungsbild einer Person aus dem ursprünglichen Kontext gelöst und in anderen Zusammenhängen einem unbegrenzten Personenkreis zugänglich gemacht, verändert oder verfälscht wird, besteht für einen Verteidiger in gleicher Weise wie für jede andere Person. Die möglichen Auswirkungen einer solchen unkontrollierten Darstellung betreffen den Betroffenen nicht nur in seiner Funktion als Organ der Rechtspflege, sondern zugleich regelmäßig auch in seiner persönlichen und privaten Lebenssphäre.[10]OVG Hamburg, Beschluss vom 07.04.2025 – 3 Bs 20/25.
Dem könnte entgegenstehen, dass das Verfahren schon öffentliche Relevanz entwickelt hat. Durch die Pressekonferenz wurden schon einige Informationen an die Presse weitergegeben.
Anders als im Stadium des gerichtlichen Verfahrens ist das Persönlichkeitsrecht des Verteidigers im Stadium des Ermittlungsverfahrens nicht gemindert. Die Minderung des Persönlichkeitsrechts des Verteidigers im gerichtlichen Verfahren rechtfertigt sich aus dem Umstand, dass der einfachgesetzlich in § 169 GVG normierte Grundsatz der Öffentlichkeit gerichtlicher Verhandlungen als Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips Verfassungsrang besitzt. Im Ermittlungsverfahren begibt sich der Strafverteidiger eben nicht zwangsweise in die Öffentlichkeit. Eine entsprechende Vorschrift besteht eben für das Ermittlungsverfahren nicht.
bb) Abwägung
Im Ergebnis muss das Persönlichkeitsrecht mit dem presserechtlichen Auskunftsanspruch abgewogen werden. Nicht jede Verletzung privater Interessen löst bereits das Recht zur Auskunftsverweigerung aus. Es muss vielmehr die Verletzung schutzwürdiger privater Interessen zu befürchten sein. Ob die betroffenen privaten Interessen schutzwürdig sind, ist im Wege einer umfassenden Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und den entgegenstehenden privaten Interessen zu ermitteln.
Da durch die bloße Bestätigung des Ermittlungsstandes keine besonders sensiblen oder intimen Details aus seiner Privatsphäre preisgegeben würden, ist mit der beantragten Auskunft eher ein geringfügiger Eingriff in die Rechte des Strafverteidigers verbunden. Anders verhielte es sich natürlich, wenn die begehrte Auskunft tief in den persönlichen Lebensbereich des Betroffenen eingreifen oder eine weitergehende Offenlegung sensibler Umstände mit sich bringen würde; in einem solchen Fall müsste das Informationsinteresse der Presse entsprechend schwerer wiegen, um den Eingriff zu rechtfertigen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Weitergabe der Informationen durch die Behörde an den J noch nicht mit einer unmittelbaren Veröffentlichung gleichzusetzen ist. Vielmehr obliegt die Entscheidung über eine Veröffentlichung allein dem Presseorgan. Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Presse ihre besondere Verantwortung kennt und sich bei der Verwertung der erhaltenen Informationen an die Vorgaben des Pressekodex und die hierzu entwickelten Richtlinien hält.[11]OVG Hamburg, Beschluss vom 07.04.2025 – 3 Bs 20/25.. Die begehrten Informationen haben zudem einen Umstand aus der beruflichen Tätigkeit des Strafverteidigers zum Gegenstand. Die vom Auskunftsbegehren erfassten Informationen betreffen damit ausschließlich die Sozialsphäre des Verteidigers. Das Interesse an der Nennung des Namens des Verteidigers gründet sich allein auf dessen professioneller Beziehung zum Beschuldigten. Demgegenüber ist, wenn es – wie hier – um eine Berichterstattung über den Verdacht einer Straftat geht, zu berücksichtigen, dass Straftaten zum Zeitgeschehen gehören, dessen Vermittlung Aufgabe der Medien ist. Daher überwiegt das Informationsinteresse.
b) Mandatsgeheimnis
Ein Auskunftsverweigerungsrecht könnte sich jedoch aus dem Mandatsgeheimnis ergeben.
aa) Schutzbereich
Nach § 43a II BRAO ist der Rechtsanwalt zur Verschwiegenheit verpflichtet. Die Verschwiegenheitspflicht schützt das allgemeine Vertrauen in die Verschwiegenheit der Anwälte. Dieses Vertrauen ist unerlässlich für eine auf rechtsstaatlichen Prinzipien gegründete Rechtspflege. Ebenso schützt sie die Individualinteressen des Mandanten, der darauf vertrauen kann, dass seine Daten nicht offenbart werden.[12]Henssler, in: Henssler/Prütting/Henssler, 6. Aufl. 2024, BRAO § 43a Rn. 59
Die Verschwiegenheitspflicht setzt mit der Anbahnung des Mandatsverhältnisses ein, selbst wenn es nicht zu einer Mandatierung kommt. Die Dauer ist nicht begrenzt und endet erst, wenn die betreffende Tatsache nicht mehr vertraulich oder anderweitig schutzbedürftig ist.[13]Gasteyer, in: Hartung/Scharmer/Gasteyer, 8. Aufl. 2022, BRAO § 43a Rn. 45; Bauckmann, in: Weyland, 11. Aufl. 2024, BRAO § 43a Rn. 16.
Es unterfällt daher auch der Verschwiegenheitspflicht, ob jemand überhaupt einen Anwalt aufgesucht hat.
Die Verschwiegenheitspflicht greift indes nicht, wenn die Tatsache offenkundig ist. Daher könnte hier relevant sein, dass die Verteidigerstellung aufgrund eines Falles der notwendigen Verteidigung erfolgte. Aufgrund des vorgeworfenen Verbrechens erfolgt notwendig eine Pflichtverteidigerbestellung (§ 140 I Nr. 1 StPO), sodass auch die Öffentlichkeit davon ausgehen kann, dass der Beschuldigte einen Verteidiger hat. Indes ist dadurch nicht automatisch der Name des Verteidigers im Stadium des Ermittlungsverfahrens bekannt. Es ist zudem möglich, dass der Beschuldigte eines Verbrechens neben einem Pflichtverteidiger auch einen oder mehrere Wahlverteidiger beauftragt.
Grundsätzlich unterfällt daher auch der Name unter das Mandatsgeheimnis und ist während des Ermittlungsverfahrens keine normalerweise öffentlich bekannte Tatsache.[14]VG München, Beschluss v. 18.06.2025 – M 10 E 25.3465, Rn. 21.
Anmerkung: Vorgehensweise des OVG HamburgsDas OVG Hamburg hatte sich fast ausschließlich mit dem Persönlichkeitsrecht des Verteidigers auseinandergesetzt, nicht jedoch mit dem für die Beziehung zwischen Strafverteidiger und Beschuldigten essenziellen Mandantengeheimnis. Darauf stellte hauptsächlich das VG München ab.
bb) Abwägung
Die Abwägung beider Rechtsgüter müsste für die Begründetheit ergeben, dass das presserechtliche Auskunftsrecht Vorrang genießt. Abzuwägen sind daher der Schutz des Mandatsgeheimnisses mit Blick auf den aktuellen Verfahrensstand des Ermittlungsverfahrens und die Pressefreiheit und das damit verbundene, grundsätzlich anzuerkennende Interesse der Öffentlichkeit an näherer Information über Tat und Täter.
Die Verschwiegenheit sichert das Vertrauensverhältnisses zwischen Anwalt und Mandant ab, indem sich der Mandant darauf verlassen kann, dass in einem Rechtsstaat die Erörterung der rechtlichen Möglichkeiten mit einem – von § 1 so bezeichneten – Organ der Rechtspflege der Geheimhaltung unterliegt.[15]Praß, in: BeckOK BRAO/Praß, 28. Ed. 1.8.2022, BRAO § 43a Rn. 32
Die Verschwiegenheitspflicht dient daher auch dem Schutz des Vertrauens in eine geordnete Rechtspflege. Aus dem Schutz des Vertrauensverhältnisses folgt, dass es dem Mandanten weiterhin zustehen sollte, durch eine Selbstöffnung des Mandatsgeheimnisses den Namen seines Verteidigers preiszugeben. Durch eine Auskunft von Dritten würde dieses Recht umgangen werden.[16]VG München, Beschluss v. 18.06.2025 – M 10 E 25.3465, Rn. 25. Bis zur Möglichkeit der Kenntnisnahme des Namens des Strafverteidigers durch Eröffnung der Hauptverhandlung, muss dem Mandanten dieses Recht weiter zu stehen können.
Auf der anderen Seite ist der J nicht von jeglichen Informationen und Möglichkeiten der Informationsgewinnung ausgeschlossen. Durch die Pressekonferenz konnte der J den Ermittlungsstand erfahren. Ihm steht es überdies frei sich an den Beschuldigten zu wenden, um den Namen des Verteidigers zu erfahren. Selbst wenn dieser das Mandatsgeheimnis nicht öffnet, wird der J in der Hauptverhandlung von der Person des Strafverteidigers Kenntnis erlangen können.
Daher überwiegt das Mandatsgeheimnis.
3. Zwischenergebnis
Es besteht ein Auskunftsverweigerungsrecht, sodass kein Anordnungsanspruch besteht.
C. Ergebnis
Der Antrag ist daher zulässig, aber unbegründet.
Zusatzfragen
1. Nimm an, dass der J nicht Redakteur ist, sondern in privaten Whats-App-Gruppen über die verfahren berichtet. Ist der Schutzbereich der Pressefreiheit eröffnet?Im Zentrum der Pressefreiheit steht die Freiheit der Gründung und Gestaltung von Presseerzeugnissen. Dabei wird die presserechtliche Gestaltungsfreiheit sowohl in inhaltlicher als auch in formaler Hinsicht gewährleistet.[17]BeckOK GG/Schemmer, 61. Ed. 15.3.2025, GG Art. 5 Rn. 44
In der modernen Zeit sind nur klassische Druckerzeugnisse geschützt, sondern auch digitale Medien. Presseerzeugnisse unterliegen aber der Voraussetzung, dass diese einem unbestimmten Personenkreis zugänglich gemacht werden. Erforderlich ist dabei eine gewisse Strukturierung der Informationsweitergabe. Der J möchte mit den Informationen lediglich eine private WhatsApp-Gruppe bespielen. Es fehlt daher zumindest an dem Merkmal des unbestimmten Personenkreises. Geschützt werden könnten hingegen WhatsApp-Kanäle, die jedermann abonnieren kann und in denen Inhalte aufbereitet und verbreitet werden.
§ 14 BRAO regelt die Rücknahme und den Widerruf von Anwaltszulassungen.
§ 14 BRAO ist lex specialis zu den Vorschriften der §§ 48, 49 VwVfG und eignet sich daher gut für eine Klausur. Demnach ist nach Absatz 1 die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen, wenn Tatsachen nachträglich bekannt werden, bei deren Kenntnis die Zulassung hätte versagt werden müssen. Von der Rücknahme der Zulassung kann lediglich abgesehen werden, wenn die Gründe, aus denen die Zulassung hätte versagt werden müssen, nicht mehr bestehen.
Nach Absatz 2 erfolgt ist ein Widerruf bei den aufgezählten Fällen zwingend und nach Absatz 3 kann die Zulassung in dort aufgezählten Fällen erfolgen.
Für Absatz1 sind die Zulassungsvoraussetzungen aus § 7 BRAO in Bezug zu nehmen.
In einigen Bundesländern muss das anwaltliche Berufsrecht in den Grundzügen beherrscht werden. Dabei sollten die Grundpflichten sowie die Versagungsgründe der Zulassung (§ 7 BRAO) und die Möglichkeiten der Rücknahme bzw. des Widerrufs der Zulassung (§ 14 BRAO) bekannt sein.
Zusammenfassung
1. Im Ermittlungsverfahren ist das Persönlichkeitsrecht des Verteidigers, im Gegensatz zum Stadium des Ermittlungsverfahrens nicht gemindert, es besteht aber auch kein Vorrang seiner Schutzrechte. Vielmehr ist stets eine Abwägung im Einzelfall erforderlich.
2. Der Verschwiegenheitspflicht aus § 43a II BRAO, ob jemand überhaupt einen Anwalt aufgesucht hat.
3. Bis zur Hauptverhandlung steht allein dem Mandanten das Recht zu, den Namen seines Verteidigers offenzulegen; ein Auskunftsanspruch Dritter würde dieses Recht umgehen und damit den durch die Verschwiegenheitspflicht geschützten Vertrauensgrundsatz verletzen.