{"id":7695,"date":"2024-04-24T10:17:00","date_gmt":"2024-04-24T08:17:00","guid":{"rendered":"https:\/\/staging.examensgerecht.de\/?p=7695"},"modified":"2024-04-24T19:11:29","modified_gmt":"2024-04-24T17:11:29","slug":"die-fluchtwagenfahrerin","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/staging.examensgerecht.de\/die-fluchtwagenfahrerin\/","title":{"rendered":"Die Fluchtwagenfahrerin"},"content":{"rendered":"

BGH, Urt. v. 23.03.2023 – 3 StR 363\/22 – NStZ-RR 2023, 169\n\n\n\n

Sachverhalt\n\n\n\n
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A und B fahren gemeinsam im Auto, als die F, eine Freundin der A, anruft. Sie nimmt den Anruf über die Freisprechanlage an. F erzählt der A, dass sie nun ihr Haus verkauft habe und in die neue Wohnung gezogen sei, die sie gemeinsam besichtigt hatten. Nach dem Telefonat fragt B die A, ob sie nicht gemeinsam von F das Geld von dem Hausverkauf an sich bringen wollen. A ist damit einverstanden, da sie erhebliche Schulden hat und erzählt dem B, wo F nun wohne und den vollen Namen der F. \n\n\n\n

Am nächsten Tag fährt A mit drei weiteren Komplizen, darunter auch der B, zu der Wohnung der F. A billigt den von B und den anderen beiden Komplizen, X und Y, gefassten Tatplan. Sie selbst bleibt als Fluchtfahrerin im Auto sitzen. A gibt dem B eine Postboten-Jacke, damit er sich als Postbote ausgeben kann. \n\n\n\n

So geschieht es: B, X und Y gehen zu der Wohnung der F. B klingelt und gibt sich als Postbote aus. Als F die Tür öffnet, stürmen die drei in die Wohnung an F vorbei. B hält ihren Mund zu und drückt ihren Kopf runter. Dabei hält er ihr ein Messer vor das Gesicht. \n\n\n\n

Gemeinsam suchen X und Y nach dem Geld in der Wohnung. Sie finden „nur“ Schmuck und Bargeld im Wert von 1.000 €. Zudem gibt F aus Angst um ihr Leben noch weiteres Bargeld, welches sie in ihrem Portemonnaie hat, in Höhe von 500 € heraus. \n\n\n\n

Da sie den Erlös des Hausverkaufs nicht finden, verlassen sie die Wohnung und laufen zum Fluchtauto, in dem A sitzt. Sie fährt wie geplant sofort mit den anderen davon. Für ihre Tatbeteiligung bekommt sie 100 €. \n\n\n\n

Wie hat sich A strafbar gemacht? \n\n\n\n

Sachverhalt als .pdf\n\n\n\n\n\n
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Skizze\n\n\n\n

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Gutachten\n\n\n\n
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A. Strafbarkeit der A gem. §§ 249 I Alt. 2, 250 II Nr. 1, 25 II StGB wegen schweren Raubes in Mittäterschaft\n\n\n\n

A könnte sich wegen schweren Raubes in Mittäterschaft gem. §§ 249 I Alt. 2, 250 II Nr. 1, 25 II StGB strafbar gemacht haben, indem B, X und Y in der Wohnung der F unter Vorhalt eines Messers Geld und Schmuck in Höhe von 1.000 € mitnahmen und A währenddessen bereit im Fluchtfahrzeug saß. \n\n\n\n

I. Tatbestand\n\n\n\n
1. Objektiver Tatbestand\n\n\n\n
a) Fremde bewegliche Sache\n\n\n\n

Der Schmuck und das Bargeld in Höhe von 1.000 € stehen nicht im Eigentum der A, mithin sind sie fremde bewegliche Sachen. \n\n\n\n

b) Wegnahme durch Gewalt gegen eine andere Person unter Drohung mit einer gegenwärtigen Gefahr\n\n\n\n

Dafür müsste A den Schmuck und das Bargeld weggenommen haben. Wegnahme ist der Bruch fremden, d.h. die gegen den Willen des Berechtigten erfolgende Aufhebung des Gewahrsams und Begründung neuen Gewahrsams.[1]Fischer, 71. Aufl. 2024, § 242 StGB Rn. 16.